HR Today Nr. 10/2016: Fokus Forschung

Arbeitsplatzunsicherheit und deren Bedeutung für die Schweiz

In vielen Unternehmen führen der technologische Fortschritt, Firmenfusionen oder der Konjunkturverlauf dazu, dass Beschäftigte entlassen werden oder ihre Jobs neu gestaltet werden. Wie reagieren Beschäftigte in der Schweiz auf solche Unsicherheiten? Gibt es kulturbedingte Unterschiede in der Schweiz?

Um diese Fragen zu beantworten, habe ich gemeinsam mit Alexandra Arnold und Bruno Staffelbach vom Lehrstuhl Human Resource Management an der Universität Zürich Daten vom Schweizer Human-Relations-Barometer 2012 ausgewertet. 1369 Beschäftigte aus der deutsch- und französischsprachigen Schweiz gaben an, wie stark sie sich Sorgen machen, ihre Arbeitsstelle zu verlieren (quantitative Arbeitsunsicherheit) und ob sie sich vor negativen Veränderungen am Arbeitsplatz wie zum Beispiel Lohneinbussen, kleinerem Entscheidungsspielraum oder beschränkten Entwicklungsmöglichkeiten (qualitative Arbeitsunsicherheit) fürchten.

Die Resultate zeigen, dass Beschäftigte in der Deutschschweiz und in der Romandie auf Arbeitsplatzunsicherheit unterschiedlich reagieren. Die Sorge, den Arbeitsplatz zu verlieren, führt in der Deutschschweiz zu deutlich höheren Kündigungsabsichten als in der französischen Schweiz. Dafür hat die Angst vor negativen Veränderungen in der Romandie eine deutlich tiefere Arbeitszufriedenheit zur Folge als in der Deutschschweiz. Dass Beschäftigte in den beiden Sprachregionen auf Unsicherheiten unterschiedlich reagieren, haben die Autoren mit Kulturunterschieden zwischen den beiden Sprachregionen begründet. Gemäss der GLOBE-Studie, die auf einem internationalen Forschungsprogramm basiert, das Führung und Kultur in 62 Ländern untersucht, unterscheiden sich die zwei Sprachregionen bezüglich Leistungsorientierung und Unsicherheitsvermeidung, was eine mögliche Erklärung für die andere Bedeutung der Arbeitsplatzunsicherheit liefert.

Die Ergebnisse dieser Studie weisen darauf hin, dass nicht nur die Sorge um den Verlust der Arbeitsstelle per se, sondern auch Unsicherheiten in Bezug auf Veränderungen am Arbeitsplatz eine wichtige Rolle für Mitarbeitereinstellungen spielen können. Auch organisationale Veränderungen, die nicht zu Entlassungen führen, aber Unsicherheiten in Bezug auf Lohn, Entwicklungsmöglichkeiten oder Entscheidungsspielraum erzeugen, können daher für ein Unternehmen negative Folgen mit sich bringen. Dabei lassen sich kulturbedingte Unterschiede in den Reaktionen auf die Arbeitsplatzunsicherheit erkennen. Somit können die Unternehmen, die in beiden Sprachregionen agieren und organisationale Veränderungen durchführen, andere Folgen in Bezug auf Mitarbeitereinstellungen erwarten.

Quelle

Sender, A., Arnold, A., Staffelbach, B. (2016). Job security as a threatened resource: reactions to job insecurity in culturally distinct re­gions. The International Journal of Human Resource Management.

 

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Anna Sender

Dr. Anna Sender ist Geschäftsführerin, Oberassistentin und Dozentin am Center für Human Resource Management (CEHRM) der Universität Luzern und Vorstandsmitglied der Zürcher Gesellschaft für Personal (ZGP).

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