Serie Business-Knigge 3: indien

Englisch denken, indisch handeln

Wer in Indien Erfolg haben will, muss die Wirtschaftskultur des Landes verstehen. Warum ein väterlicher, strenger Vorgesetzter von Vorteil ist, erfahren Sie im dritten Teil unserer Business-Knigge-Serie.

Indien, hinter China und Japan die drittgrösste Volkswirtschaft in Asien, ist das Land der Chancen. Das Potential der indischen Wirtschaft bleibt trotz überbordender und ineffizienter Bürokratie und Korruption gewaltig. Die Wirtschaft wächst auch in Krisenzeiten stärker als in Europa. Rund 400 Schweizer Industrie-Unternehmen und über 5000 deutsche Firmen haben auf dem Subkontinent bereits Fuss gefasst – und es werden immer mehr.


Doch der Einstieg in den indischen Markt birgt auch Tücken. Zu den Basisvoraussetzungen für den geschäftlichen Erfolg kommt in Indien die grösste Herausforderung, die kulturelle Kompetenz hinzu. 
«Wir denken englisch und handeln indisch», sagt der Geschäftsführer des Industriekonzerns Tata und bringt damit die indische Geschäftsmentalität auf den Punkt. Die Annahme, dass Indien Aufgrund der britischen Kolonialherrschaft und der englischen Sprache, die im Geschäftsleben verbreitet ist, sehr westlich ist, täuscht. Indien ist völlig anders als alles, was wir im Westen kennen.

Dass man sich mit Indern auf Englisch verständigen kann, heisst noch lange nicht, dass die Botschaften auch wirklich beim Gegenüber ankommen.
 Wer in Indien Erfolg haben will, muss die Wirtschaftskultur des Landes verstehen und die Einflussfaktoren kennen, die Geschäftsbeziehungen zu blühen bringen oder auch scheitern lassen können. Europäer und Amerikaner, die sich nicht auf den Schritt nach Indien vorbereitet haben und nur das Business im Hinterkopf haben, scheitern oft dabei, sich in Indien zurechtzufinden.

Im indischen Chaos verlieren Westler zuerst die Geduld, dann die Nerven. 
Westliche Unternehmen, die in Indien nachhaltige Geschäftsbeziehungen mit Indern aufbauen und langfristig Erfolg haben wollen, sollten ihre Mitarbeiter auf die wichtigsten Gepflogenheiten im Umgang mit Indern vorbereiten. Fettnäpfchen lauern in Indien überall. Der kulturelle Aufwand im Mikromanagement kann durch Training und Vorbereitung massiv verringert werden. Hier erfahren Sie, was Sie im Umgang mit Indern wissen müssen:

Verhandlungen

  • Qualität und Leistung haben in Indien heute einen ähnlichen Stellenwert wie in der westlichen Welt. Verkaufen Sie sich nicht über den Preis, sondern über den Wert Ihrer Arbeit oder Ihrer Produkte.
  • Das vermeintliche Chaos in Verhandlungen ist gar keines. Dem Inder geht es immer um das Abwägen von Preis und Leistung. Er stellt dabei seine eigenen Argumente, aber auch diejenigen der Gegenpartei auf die Probe, indem er eine Auslegeordnung von teilweise widersprüchlichen Ideen, Meinungen und Kritiken macht.
  • Der indische Chef will mit seinesgleichen verhandeln. Versuchen Sie sich der hierarchischen Ordnung anzupassen – alles andere ist sinnlos.
  • Begrüssen Sie das älteste Mitglied einer Gruppe zuerst. In Sachen Bekleidung gilt im Geschäftsleben für Männer möglichst ein weisses Hemd und eine Stoffhose, niemals Jeans. Bei offiziellen Terminen gilt Anzug- und Krawattenpflicht.


Kommunikation und Zusammenarbeit

  • Seien Sie klar in Ihren Aussagen. «Könnten Sie dies bitte bis Dienstag erledigen?», wird in Indien nicht verstanden. Sagen Sie stattdessen: «Liefern Sie diesen Bericht bis Dienstag, 12.00 Uhr, bei mir ab.»
  • Im Umgang mit indischen Untergebenen sind Sie erfolgreich, wenn Sie sich als mitfühlend-väterlicher, jedoch gestrenger Vorgesetzter zeigen. Teammitglieder vertrauen darauf, dass ihnen der Chef den Weg durch Leben, Arbeit und Karriere weist.
  • Offen «nein» zu sagen, wird nicht geschätzt.
  • Die Zurschaustellung von Meinungsverschiedenheiten schwächt Ihre Position.
  • Thematisieren Sie im Gespräch positive Themen und reden Sie auch über Familiäres. Vermeiden Sie Gespräche über negative Themen wie Armut und Kastensystem.


Experten sind sich einig, dass der Handel zwischen Europa und Indien noch stark ausbaufähig ist. Interkulturelles Know-how und Management wird dann noch wichtiger, um Gräben zu überwinden und Brücken zu schlagen. 

Kommentieren 0 Kommentare HR Cosmos

Waseem Hussain ist CEO der Marwas AG (www.marwas.ch) in Zürich. Er ist seit 16 Jahren interkultureller Trainer. Seine Mitarbeiterschulungen beanspruchen KMU sowie globale Finanz-, Industrie- und Dienstleistungsunternehmen in der Schweiz und in Europa. Zudem ist er Gastdozent an diversen Hochschulen und Keynote-Speaker.

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