Coaching

Gratis und anonym zum externen Berater

In der Geschäftswelt ist das Coaching meist Führungskräften vorbehalten. Eine Ausnahme stellt die 
Zürcher Kantonalbank mit ihrem Beratungsangebot dar, von dem das gesamte Personal profitiert.

Bei der Zürcher Kantonalbank (ZKB) gibt es neben einem «konventionellen» Coachingangebot für Führungskräfte seit zehn Jahren ein weiteres Angebot, das allen Angestellten offensteht, vom Mitarbeiter am Schalter bis zur Managerin mit Budgetverantwortung. «Wenn unsere Mitarbeiter in einer besonderen Belastungs- oder Problemsituation stecken, können sie sich bei Psychologen Hilfe holen. Und das gratis und anonym», sagt Ann Kathrin Greutmann, Leiterin Diversity und Gesundheit, die dieses Angebot betreut.

Das Vorgehen ist einfach: Im Intranet sind alle 14 externen Coachs inklusive Foto und Spezialisierung abrufbar. Ein interessierter Mitarbeiter kann direkt Kontakt aufnehmen, die anonymisierte Rechnung läuft über eine externe Firma.

Ein Coaching-Renner: die Laufbahn

Christine Böckelmann ist eine der 14 Coachs. Die Psychologin und Psychotherapeutin berät in allen drei möglichen Coachingbereichen: Arbeit und Beruf, Persönliches, Führungsfragen. «Das Thema Arbeit und Beruf wird am häufigsten nachgefragt, besonders Laufbahnfragen kommen oft vor», sagt Christine Böckelmann. Da sei zum Beispiel jemand schon 20 Jahre im Unternehmen und möchte sich verändern, merke aber, dass es mit diesem CV schwierig werden könnte, denn interne Wechsel würden ausserhalb des Unternehmens oft nicht als «echte» Jobwechsel betrachtet. In solchen Fällen sei das Fokussieren auf Kompetenzen wichtig und häufig Ermutigung gefragt. 

Dass ZKB-Mitarbeiter ins Coaching kommen, habe nicht selten mit Spannungen rund um die berufliche Entwicklung zu tun: «Einerseits schätzt man die Sicherheit der eigenen Stelle, andererseits hat man aber doch den Wunsch nach Veränderung», erklärt Christine Böckelmann. Oder jemand möchte zwar eine Weiterbildung in Angriff nehmen, weiss aber auch, dass dies die Work-Life-Balance strapazieren würde.

Daneben kommen Mitarbeiter vor allem bei Überlastung und Erschöpfung, bei klassischen Konflikten sowie bei Wertekonflikten ins Coaching oder wenn sie sich vom Vorgesetzten nicht wahrgenommen beziehungsweise nicht adäquat beurteilt fühlen. Ganz allgemein geht es im Coaching dann darum, «die Situation zu analysieren, die Dynamik dahinter zu verstehen und Handlungsoptionen zu entwickeln», führt Böckelmann aus: «Erfolgreich ist das Coaching dann, wenn der Coachee beim Abschluss wieder das Gefühl hat, das Steuer im Griff zu haben und handlungsfähig zu sein.»

Laut Ann Kathrin Greutmanns anonymisierter Statistik nahmen im letzten Jahr 82 Mitarbeiter das Coachingangebot in Anspruch, also 1,6 Prozent der insgesamt 5000 Angestellten. Wer sich in den Bereichen Arbeit und Beruf oder Führung coachen lässt, erhält maximal fünf Stunden kostenlose Beratung, beim Persönlichen sind es maximal drei Stunden. «In der Regel kann ein Coaching innerhalb der von der ZKB bezahlten und vorgegebenen Zeit abgeschlossen werden», erklärt Greutmann. Bei einzelnen Personen brauche es eine Nachbetreuung, in seltenen Fällen eine Überweisung an einen Therapeuten.

5000 x 300 Franken für die Gesundheit 

Das Angebot ist Teil eines grösseren Puzzles: Das Gesundheitsmanagement umfasst eine ganze Reihe von Leistungen, vom Absenzenmanagement über die betriebliche Sozialberatung bis hin zum Gesundheits-Check-up. Das Unternehmen gibt jährlich 300 Franken pro Mitarbeiter für die Gesundheit aus. Und das lohnt sich: «Unsere Mitarbeiter fehlen durchschnittlich nur 6,4 Tage pro Jahr, unser Verhältnis zwischen Gesamtlohnsumme und Krankentaggeldversicherung ist im Vergleich zu Mitbewerbern sehr gut», sagt Ann Kathrin Greutmann.

Die Betreuerin des Coachingangebots macht jährlich eine anonyme Auswertung und tauscht sich regelmässig mit den Coachs aus. Ein weiteres Plus für die Firma: «Ich erfahre dadurch, welche Themen sich für die Prävention anbieten», so Greutmann, «und kann entsprechende Gesundheitsveranstaltungen organisieren.»

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Franziska Meier ist Redaktorin und Produzentin mit langjähriger Erfahrung im Zeitungs- und Zeitschriftenbereich. Als Chefredaktorin des Magazins «fit im job» sowie als Fachredaktorin der Zeitschrift «HR Today» hat sie sich auf das Thema «Mensch, Arbeit & Gesundheit» spezialisiert. Zu ihren journalistischen Schwerpunkten gehören insbesondere Persönlichkeitsentwicklung, Coaching, Stressprävention und betriebliches Gesundheitsmanagement. Achtsamkeit praktiziert sie manchmal im Schneidersitz, öfter jedoch auf ihren Spaziergängen rund um den Türlersee.

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