HR Today Nr. 10/2016: Compensation & Benefits

Vom Lohnbüro zum Personalmanagement 4.0

Das Lohnmanagement ist seit jeher eine Kernkompetenz der Personalabteilungen. Doch wie steht es eigentlich um die Lohnentwicklung im HR selbst?

Noch vor weniger als 50 Jahren gab es kaum Unternehmen am Markt, die eine eigene Personalabteilung unterhielten. Die Personalabteilung war lediglich ein Lohnbüro, wo Löhne und Gehälter berechnet, Arbeitsverträge aufgesetzt und Mitarbeiter beim Ausscheidungsprozess begleitet wurden. Die Personalabteilung wurde als eine nachgelagerte Stabsstelle gesehen, die einen internen Kostenfaktor darstellte und nur in speziellen Fällen zu handeln legitimiert war.

Heute wird die Personalabteilung beziehungsweise das Human Resources Management in Unternehmen grösstenteils als Wertschöpfungsfaktor wahrgenommen. Durch diesen Wandel wurde das Aufgabenspektrum im HR wesentlich breiter und tiefer und die Wertetreiber sind nicht nur operativer Natur. Ein nachhaltiges Management muss entsprechend gut organisiert sein, aufbauend auf ein betriebliches Denken und Handeln, das langfristig angelegt ist.

Rollen und Positionen proaktiv hinterfragen

Die Gründe für die Wandlung liegen einerseits in der Internationalisierung und Globalisierung der Wirtschaft, verbunden mit der Zunahme des Wissens und dem daraus resultierenden Informationsfluss, der tagtäglich bewältigt werden muss. Nicht zu vergessen ist das E-Business, das Unternehmen inzwischen täglich in den Prozessen begleitet. Andererseits wären noch der Wertewandel sowie die demografische Entwicklung zu berücksichtigen, die ein nachhaltiges Human Resources Management beschäftigen. Aus diesem Grund wird es sich in Zukunft noch stärker auf einzelne Kundengruppen und deren spezifische Anforderungen konzentrieren müssen. 
Durch die dynamischen und zunehmend komplexen Herausforderungen des wirtschaftlichen sowie des internen Umfeldes und den daraus resultierenden neuen Anforderungen müssen die Rollen und die Positionen in den Unternehmen proaktiv hinterfragt und gegebenenfalls zeitgemäss entwickelt werden. Aus diesem globalen Prozess resultieren neue Funktionen mit unterschiedlichen Aufgaben und Kompetenzen, die natürlich auch unterschiedlich vergütet werden.

Funktionsfamilie «Human Resources» im Wandel

Blicken wir zehn bis fünfzehn Jahre in die Vergangenheit und analysieren eine klassische Personalabteilung von damals, finden wir in den meisten Unternehmen Funktionen, die einen hohen Grad an operativer und administrativer Kompetenz aufwiesen. Typische Funktionen waren hier der Personalbereichsleiter, der Lehrlingskoordinator, der Fachspezialist in der Lohnverrechnung und in grösseren Unternehmen der Personalentwickler. Unterstützt wurden diese Funktionen etwa durch klassische Administrationsfunktionen wie der Sachbearbeiter für die Lohn- und Personalstammdatenpflege oder der Personalassistent. Die konzeptionelle Kompetenz lag beim Leiter Personal in Absprache mit der Unternehmensführung.

Durch die zunehmend komplexen Herausforderungen seitens der Mitarbeiter, der Führungskräfte und der Unternehmensleitung entwickelte sich das Rollenbild eines Human Resources Managements vom klassisch passiven Verwalter hin zum HR-Businesspartner. Dies zeigt auch die Tatsache, dass von 203 SPI-Unternehmen in der Schweiz mittlerweile 26 Unternehmen (13 Prozent) das Human Resources Management als exekutiver Partner in der Konzernleitung integriert haben. Jedoch sind diese Zahlen im Vergleich zu den EU-Staaten noch sehr niedrig. In französischen Unternehmen sind laut der Cranfield-Studie (2005) 94 Prozent der Personalleiter Mitglied der Geschäftsleitung, in Spanien sind dies 88 Prozent und auch in Deutschland liegt die Zahl bei über 56 Prozent.

Durch die vielfältigen Erwartungen der genannten Zielgruppen entstanden daraus natürlich auch neue Funktionen, welche die Funktionsfamilie «Human Resources» gegenwärtig breiter positionieren. Nicht mehr wegzudenken sind namentlich der HR-Businesspartner, der HR-Generalist, der HR-Marketing-Spezialist, der Recruiter, der Talentmanager, der Leiter Shared Services und natürlich der Compensation & Benefits-Spezialist. All diese Funktionen basieren auf Anforderungen seitens der Firma, die sich erst im Laufe der Zeit durch die Globalisierung und die Veränderung der Unternehmen entwickelt haben.

Variable Vergütung wird wichtiger

Natürlich wirft diese Entwicklung auch die Frage auf, wie sich die Vergütung basierend auf der Veränderung der Funktionen entwickelt hat. Um diese Frage wahrheitsgetreu zu beantworten, müsste man die Funktionen miteinander vergleichen können. Dies ist in den meisten Fällen nicht möglich, da man davon ausgehen muss, dass sich bei wachsender Aufgabe und Verantwortlichkeit in der Funktion das Gehalt proportional entwickelt. Würde man jedoch das Salär eines klassischen Lohnbuchhalters im Jahr 2006 mit heute vergleichen, betrüge der Unterschied im Jahresgrundgehalt (bereinigt nach Inflations- und Teuerungsrate) ungefähr 20 bis 30 Prozent. Eine generelle Aussage zur Entwicklung der Löhne im Human Resources Management, die man seriös tätigen kann, ist die, dass sich das Salär entsprechend den Anforderungen und Aufgaben gut und fair entwickelt hat.

Es zeigt sich des Weiteren, dass im HR-Bereich neben dem Jahresgrundgehalt die variable Vergütung ein durchaus gewichtiger Faktor darstellt. Dies nicht nur in Führungspositionen, sondern auch auf administrativer Ebene. Der variable Bonusanteil liegt im Durchschnitt zwischen fünf und acht Prozent in administrativen Funktionen, im mittleren Management steigt die Bonusleistung auf bis zu 20 Prozent und im Executive Management werden Bonuszahlungen in der Höhe von 30 bis 40 Prozent vergütet. Die Bonusleis­tung baut in den meisten Fällen auf individuelle und Unternehmensziele auf. Auf der Ebene der individuellen Ziel­vereinbarung kommen in der Regel klassische Personalkennzahlen zu tragen wie beispielsweise HR-Compensation-Factor, Fluktuationsrate, oder Verhältniszahl zur Nachfolgeplanung. Die Erreichung wird durch ein Management-by-Objective-System gesteuert und überprüft. Auf Unternehmensebene werden die Gesamtunternehmensziele herangezogen.

Die nebenstehende Grafik (unten) soll die Funktionen innerhalb des HR basierend auf deren Kompetenzstufe vergleichen und eine Indikation geben, wie sich die Saläre im Verhältnis von Anforderung und Kompetenz zueinander verhalten, wobei Grün die Indikation gibt, dass die Funktion besser vergütet wird, Gelb als gleichwertig gesehen werden kann und Rot die Information wiedergibt, dass die Funktion im Verhältnis zu vergleichbaren Funktionen niedriger vergütet wird.

Blick in die Zukunft

Zum Abschluss noch eine mögliche Antwort auf eine oft gestellte Frage, welche Themen das HR-Management in der Zukunft prägen wird und welchen Einfluss respektive Hebel diese Themengebiete auf das Salär haben. Dies kann man nicht pauschal beantworten. In der Vergangenheit waren Themen wie die Steigerung der Effizienz in der HR-Administration und deren Prozesse im Mittelpunkt. Die zukünftigen Themenschwerpunkte sind strategischer Natur, wie es auch von führenden Human Resources Managern bereits erkannt und im Unternehmen kommuniziert wurde.

Als Beispiel dient hier die Entwicklung beziehungsweise Weiterentwicklung einer digitalen Transformation einer fördernden Unternehmenskultur oder die rechtzeitige Prognostizierung von relevanten und zukünftigen Qualifikationen durch Qualifikationsprogramme sowie das Gewinnen und Halten einer agilen und unternehmenstreuen Belegschaft durch ein nachhaltiges Retention Management. Hierfür wird es noch mehr Spezialisten brauchen, welche die Aufgaben im Sinne der Vorgaben und Erwartungshaltung der Unternehmen meistern und umsetzen können. Spezialisten, die als Partner der Geschäftsleitung, als administrative Experten, als Employee Champions und als Change Agents im Unternehmen auftreten.

Die wichtigste Frage hierzu wird nicht sein, ob die Vergütung der Zukunft gerecht und fair ausgestaltet ist, sondern wo Unternehmen diese Spezialisten finden werden. Spezialisten, die als Businesspartner ein schnelles Reaktionsvermögen aufweisen und die Fähigkeit besitzen, auf die ökonomischen, technologischen und gesellschaftlichen Anforderungen gezielt und nachhaltig einzugehen. Wenn Unternehmen in der Lage sind, diese Spezialisten intern zu platzieren, werden diese auch in der Lage sein, das Human Resources Management nachhaltig weiterzuentwickeln.

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Elmar-René Tschauko, MSc Senior Consultant und Practices Leader Industry bei Klingler Consultants

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