13.03.2017

Ungewisse Zukunft für Belair-Angestellte

Die Spatzen pfeifen es seit Monaten von den Dächern: Die verlustreiche deutsche Fluggesellschaft Airberlin reisst ihre Schweizer Tochter Belair, die 2016 noch schwarze Zahlen schrieb, in den Abgrund. Ein Grossteil der Belair-Mitarbeiter wird nach der Liquidation vermutlich zu schlechteren Bedingungen im Ausland arbeiten müssen.

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Opfikon ZH (sda). Seit Mitte Januar geisterten Gerüchte herum, dass Belair den Flugbetrieb per Ende März einstellen werde. Der Pilotenverband Aeropers machte das Datum publik. Offiziell wurde dieses Datum allerdings nie bestätigt.

Seit dieser Woche ist klar, dass die Schweizer Chartergesellschaft den Betrieb erst auf Ende Oktober einstellen wird, wie Airberlin mitteilte. Gerüchten zufolge hat die österreichische Airline Niki, die anstelle der Belair den Betrieb ab Zürich übernehmen sollte, nicht genügend eigene Mitarbeiter dafür gefunden.

Bis Oktober wird so ein grosser Teil der Belair-Crew wie gewohnt von Zürich aus arbeiten. Was danach mit den 285 Mitarbeitern passiert, bleibt aber offen.

Die deutsche Mutter hat zwar gewisse Zusicherungen gemacht. So erhalten die 285 Belair-Mitarbeiter eine Anstellungsgarantie von einem Jahr. Und danach sollen sie Jobangebote «im Umfeld der neuen Airberlin» bekommen. Weitere Angaben zur Zukunft der Belair-Belegschaft macht Airberlin auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda nicht.

«Fast schon unverschämt»

Bei Aeropers, die in engem Kontakt mit Belair-Piloten steht, stossen die Restrukturierungsmassnahmen auf scharfe Kritik. «Angesichts der kurzen Dauer von 12 Monaten von einer Garantie zu sprechen ist fast schon unverschämt», sagt Aeropers-Geschäftsführer Henning Hoffmann auf Anfrage.

Für die Jobgarantie von einem Jahr würden zwar Schweizer Verträge gelten. Es sei aber davon auszugehen, dass die Belair-Angestellten nach Ablauf dieser Zeit schlechtere Arbeitskonditionen in Kauf nehmen müssten.

Es ist nicht das erste Mal, dass die Muttergesellschaft von der Belair-Belegschaft Opfer abverlangt. Bereits 2015 hatten die Beschäftigten auf Druck von Airberlin Lohneinbussen von teilweise bis zu 20 Prozent akzeptiert, um die damals unrentable Fluggesellschaft vor dem Untergang zu bewahren. Umso bitterer ist jetzt das endgültige Aus: 2016 schrieb die Belair als einzige Fluggesellschaft innerhalb der Airberlin-Gruppe schwarze Zahlen.

Das Personal sei enttäuscht und die Stimmung schlecht, stellt Hoffmann fest. Auch sei die Unsicherheit gross, zumal es Airberlin nicht gut gehe.

Pendeln nach Wien

Möglicherweise sollen rund 50 der 85 Belair-Piloten künftig von Wien aus arbeiten, heisst es bei Aeropers. Für die restlichen werden Optionen in Deutschland geprüft. Gleichzeitig sollen Piloten von Niki, der österreichischen Airberlin-Tochter, künftig von der Schweiz aus fliegen.

Die Arbeitsplätze von Niki bleiben in Österreich und die Niki-Piloten behalten ihre Verträge. Dies komme einer Verlagerung von Arbeitsplätzen von der Schweiz nach Österreich gleich, kritisiert Aeropers-Vizepräsident Tobias Mattlé.

Es handle sich um eine weitere Sparmassnahme auf dem Buckel des Personals, kritisiert Hoffmann. Nach Angaben von Aeropers haben die Niki-Air-Piloten die deutlich schlechtesten Arbeitsbedingungen aller Airberlin-Töchter. Die Löhne sind deutlich niedriger, ein Pilot von Niki komme auf etwa 50 Prozent der Vertragskonditionen der anderen Airlines, sagt Mattlé. Zudem habe Niki keinen Gesamtarbeitsvertrag.

Auf wie viel Zustimmung das Jobangebot im Ausland bei den Belair-Piloten stösst, weiss man bei Aeropers nicht. Tatsache ist, dass ein solcher Wechsel des Arbeitsorts ohne Umzug in die Fremde kaum möglich ist.

Es wäre für einen Piloten zwar machbar, in der Schweiz zu wohnen und mit dem Flugzeug zu Arbeit nach Wien und zurück zu pendeln. Das Problem seien aber vor allem die Schweizer Lebenshaltungskosten, die mit den tiefen Löhnen kaum zu bestreiten wären, sagt Mattlé.

Verfehlte Expansionsstrategie

Airberlin schreibt seit neun Jahren fast durchgehend rote Zahlen. 2015 resultierte ein Rekordverlust von knapp 447 Millionen Euro. Eines der Hauptprobleme war und ist, dass der langjährige Chef Joachim Hunold die Firma nach Anfangserfolgen im Tourismusverkehr zum Lufthansa-Konkurrenten aufbauen wollte.

Darauf folgte ein schneller Expansionskurs mit Übernahmen wie DBA, LTU, Belair und Niki. Trotz Finanzspritzen von weit über einer Milliarde Euro der arabischen Etihad, die knapp 30 Prozent der Anteile hält, kam die Airberlin bislang nicht auf einen grünen Zweig.

Im Zug des Umbaus von Airberlin soll unter Führung des Anteilseigners Etihad eine neue Ferienfluggesellschaft mit Tuifly entstehen. Zusammen mit der österreichischen Air-Berlin-Tochter Niki käme der neue Ferienflieger auf insgesamt rund 60 Flugzeuge. Diese sollen ein Streckennetz von wichtigen Abflughäfen in Deutschland, Österreich und der Schweiz bedienen.