14.02.2017

Unternehmenssteuerreform: Nach dem Nein droht der Schweiz das «Blacklisting»

Nach dem Nein zur Unternehmenssteuerreform bleibt nur kurzfristig alles beim Alten. Der Druck des Auslands dürfte rasch steigen. Für Gesellschaften mit kantonalem Steuerstatus könnte die Schweiz bald zum teuren Pflaster werden.

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Bern (sda). Grund sind die von der EU-Kommission vorgeschlagenen Sanktionen. Diese hat ihre Pläne schon Anfang 2016 in einem Strategiepapier skizziert. Darin ist unter anderem von einer Quellensteuer die Rede. Eine solche würde auf Zahlungen aus der EU in Staaten erhoben, welche die Erwartungen bezüglich fairer Unternehmensbesteuerung nicht erfüllen.

Als weitere Möglichkeit nennt das Papier die Aberkennung der steuerlichen Abzugsfähigkeit solcher Zahlungen. Die Folge wäre unter Umständen die Doppelbesteuerung von Unternehmensgewinnen. «Dadurch würde es für Unternehmen viel weniger attraktiv, in diesen Staaten oder Gebieten zu investieren beziehungsweise dort Geschäfte zu betreiben», heisst es.

Teure Alternative

Um den EU-Sanktionen zu entgehen, können betroffene Unternehmen freiwillig auf den privilegierten Steuerstatus verzichten. Je nach Kanton würde die Steuerlast auf einen Schlag um 5 bis 15 Prozent steigen, mit entsprechenden Auswirkungen auf die Marge.

Ob es tatsächlich so weit kommt, ist offen. Grundsätzlich entscheiden EU-Mitgliedstaaten, ob und welche Sanktionen sie verhängen wollen. Die Schweiz steht beispielsweise schon heute auf einer schwarzen Liste Finnlands mit dem Ziel, die Einkünfte ausländischer Tochtergesellschaften zu besteuern. Spanien, Portugal, Griechenland, Bulgarien, Lettland oder Litauen führen Dutzende von Ländern und Gebeten auf einer schwarzen Liste.

Ein koordiniertes Vorgehen ist vorgesehen gegen Länder, die auf einer gemeinsamen schwarzen Liste der EU-Mitgliedstaaten stehen. Diese wird derzeit erarbeitet. Die Schweiz gehört aufgrund der Steuerprivilegien für Holding und Gemischte Gesellschaften nach wie vor zu den Problemfällen.

Steigender Druck

Anfang Februar ist sie – zusammen mit rund 90 weiteren Ländern und Gebieten – zu einer «gemeinsamen Analyse» der Unternehmensbesteuerung aufgefordert worden. Basis dieser Analyse ist unter anderem der OECD-Aktionsplan zur Bekämpfung der Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung (BEPS).

Der Prozess soll bis Ende 2017 abgeschlossen sein, danach sind die EU-Mitgliedstaaten mit Sanktionen am Zug. Ob die Schweiz aufgrund des Volksentscheids darüber hinaus Zeit erhält, wird sich weisen. Gemäss Strategiepapier können beispielsweise Entwicklungsländer mit Nachsicht rechnen, die die Standards gerne umsetzen würden, dafür aber keine Kapazitäten haben.

Dass die Schweiz dazu grundsätzlich bereit ist, hat sie nach aussen hin bereits 2014 in einer gemeinsamen Erklärung mit der EU zugesichert. Gestützt darauf und vor dem Hintergrund der Arbeiten an der Unternehmenssteuerreform III haben die Mitgliedstaaten bisher auf Sanktionen verzichtet. Eine Frist für die Umsetzung enthält die Vereinbarung nicht.

Neben der EU arbeitet auch die OECD an einer schwarzen Liste mit Ländern, die internationalen Transparenz-Standards nicht genügen. Die Schweiz werde bei einem Nein zur Unternehmenssteuerreform III nicht sofort auf die Liste gesetzt, hatte Steuerpolitik-Direktor Pascal Saint-Amans im Januar erklärt. Er schloss aber auch nicht aus, dass es mittelfristig dazu kommen könne. Die Schweiz dürfe nicht erstaunt sein, wenn einige Länder Retorsionsmassnahmen ergriffen, sagte Saint-Amans.

Jahre Verspätung

Wird der Schweiz Spielraum für einen neuen Anlauf gewährt, könnte eine abgeänderte Vorlage mit einiger Verspätung in Kraft gesetzt werden. Finanzminister Ueli Maurer hat im Parlament 2022 als frühesten Zeitpunkt genannt. Die Gegner der gescheiterten Vorlage glauben, dass 2019 immer noch möglich ist.

Bis eine neue Vorlage unter Dach und Fach ist, müssen die Unternehmen mit der Unsicherheit leben, wie sich das Schweizer Steuerklima in den nächsten Jahren entwickelt. Für manche könnte das Grund genug sein, sich nach Alternativen umzusehen. Investitionen in den Standort Schweiz dürften sich die meisten zweimal überlegen.

Finanzminister Ueli Maurer hat darum bereits vorsorglich milliardenschwere Sparpakete angekündigt. Nach Angaben des Finanzdepartements gilt es, Ausfälle in Milliardenhöhe zu kompensieren. Gleichzeitig werde eine Vorlage nötig, die wesentlich mehr kosten werde, heisst es in einer Stellungnahme.