Innovation

HR als Innovationstreiber

Innovationen sind die Triebfeder für wirtschaftliches Wachstum und nachhaltigen Unternehmenserfolg. Dem HR-Management kommt dabei eine bedeutende Rolle als ­Gestalter innova­tionsförderlicher Rahmenbedingungen und als ­Humankapitalentwickler zu. Vorab-Einblick in den HR-­Leit­faden «Innovationsorientiertes Personalmanagement».

Im Zuge des beschleunigten technologischen und gesellschaftlichen Wandels können sich Unternehmen nicht mehr darauf verlassen, dass gegenwärtig erfolgreiche Geschäftsmodelle und Innovationen den Unternehmenserfolg auch zukünftig garantieren.

Die Sicherstellung einer kontinuierlichen Innovations­tätigkeit im Unternehmen ist daher eine Management- und Führungsaufgabe von höchster Priorität. Es gilt, Innovation als Grundhaltung der Unternehmensspitze bewusst ins Zentrum der unternehmerischen Aktivität zu stellen, in der Unternehmenskultur zu verankern und im praktischen Handeln zu fördern.

Mit der Förderung von organisationaler Innovationskompetenz, verstanden nicht nur als Fähigkeit zur Hervorbringung von vermarktbaren Innovationen, sondern auch zur strategischen Selbsterneuerung der Organisation, wird ein Aufgabenfeld beschrieben, das deutlich über den Ver­ant­wortungs­bereich von F&E-Abteilungen und Produkt-Management hinausgeht. Unternehmensleitung, Führungskräfte und HR-Management sind aufgefordert, gemeinsam innovationsförderliche Grundwerte, Rollenverständnisse und Managementpraktiken zu entwickeln und fortlaufend zu hinterfragen. Dem HR-Management kommt dabei eine bedeutende Rolle als Gestalter innovationsförderlicher Rahmenbedingungen auf organisationaler sowie kultureller Ebene und als Humankapitalentwickler von Führungskräften, Teams und Mitarbeitenden zu.

Aus der Perspektive eines innovationsförderlichen Personalmanagements stellen sich hierbei drei zentrale Fragen:

  • Welche Gestaltungsfelder, Rahmenbedingungen und Rollenverständnisse von Führungskräften und Personalmanagern fördern den Auf- und Ausbau der organisationalen Innova­tionskompetenz?
  • Wie kann ein Nährboden für eine Innovationskultur angelegt werden?
  • Welche HR- und Führungspraktiken sind besonders geeignet, um Kreativitäts-, Innovations- und Lernpotenziale des Unternehmens zu aktivieren und gezielt weiterzuentwickeln?

Exemplarisch erläutern wir im Folgenden den Prozess der innovationsorientierten Personalgewinnung und -auswahl. Ein Rahmenmodell für das innovationsorientierte Personal­management mit entsprechenden Gestaltungsansätzen für die HR- und Führungspraxis findet sich in der Neuerscheinung Oertig/Kels 2014 (siehe Buch-Tipp).

Checkliste innovationsorientierte Personalgewinnung und -auswahl

  • Sind innovationsförderliche Verhaltensweisen und Kompetenzen beschrieben, in ein Kompetenzmodell integriert und in den zentralen Führungs- und Personalprozessen verankert?
  • Ist Innovation ein zentraler Bestandteil in der Kommunikation und Wahrnehmung der Arbeitgebermarke (Employer Branding)?
  • Werden geeignete Rekrutierungskanäle und -strategien zur Gewinnung von innova­tions­orientierten Nachwuchs- und Fachkräften oder Innovation Leaders konsequent ­genutzt?
  • Inwieweit werden Verfahren zur innovationspotenzialorientierten Personalauswahl ­genutzt? Gibt es eine bewusste Selektionspraxis auch mit Blick auf den Fit eines Kandidaten mit Firmenkultur, Teamkonstellation und Kompetenzen?

Innovationsorientierte Personalgewinnung und -auswahl

Innovationsorientierte Unternehmen sind auf kreative, flexible und teamfähige Mitarbeitende angewiesen, die ihre Kreativitäts- und Umsetzungspotenziale in den Arbeits- und Innovationsprozess einbringen. Ob innovative Verhaltensweisen gezeigt werden und sich Innovationserfolge einstellen, wird dabei nicht nur durch die Organisationskultur und Führungs­praxis beeinflusst, sondern massgeblich durch die Verfügbarkeit einer hinreichenden Anzahl innovationsorientiert handelnder Mitarbeitender.

In dem durch den Fachkräftemangel intensivierten unternehmerischen Wettbewerb um Nachwuchskräfte und Know-how-Träger/-innen wird das Image einer Unternehmung zu einem wichtigen Differenzierungskriterium. Hierbei liegt im strategischen Aufbau einer Arbeitgebermarke (Employer Branding) ein wesentlicher Schlüssel für den Erfolg und die Effizienz der Personalrekrutierung.

Die Forschung liefert recht klare Evidenzen dafür, dass sich Personen in ihrem innovativen Leistungsvermögen unterscheiden. Ausgeprägte innovative Verhaltensweisen und Leistungen am Arbeitsplatz lassen sich vor allem bei Menschen beobachten, die offen sind für neue Erfahrungen, in unkonventionellen Bahnen denken und sich durch eine positive Selbstwahrnehmung auszeichnen.

Neben diesen Persönlichkeitsmerkmalen spielen kreative Fähigkeiten (wie zum Beispiel Imaginationskraft) und Denkstile (unter anderem intuitives Denken) sowie arbeitsgebietsbezogene Kenntnisse und Fähigkeiten (zum Beispiel fachliche Expertise) eine wichtige Rolle (Potoˇcnik/ Anderson 2013).

Vorgehensschritte für eine innovationsorientierte Personalauswahl:

  1. Zunächst gilt es auf Basis des Anforderungsprofils einer zu besetzenden Stelle zu klären, welchen Anteil innovationsbezogene Verhaltens- und Kompetenzmerkmale an den Gesamtaufgaben der Person haben. Darauf aufbauend ist dann zu entscheiden, welches Gewicht innovationsorientierte Merkmale im Rahmen des Personalgewinnungs- und Selek­tionsprozesses und insbesondere der Formulierung eines erwünschten Bewerberprofils erhalten sollen (Potoˇcnik/Anderson 2013).
  2. Die am Selektionsprozess mitwirkenden HR-Spezialisten und Führungskräfte sollten frühzeitig und bewusst entscheiden, mithilfe welcher Selektionsverfahren und -instrumente sich die Eignung der vorselektierten Kandidatinnen und Kandidaten für das gesuchte Stellenprofil am zuverlässigsten beurteilen lässt. Gerade bei der Auswahl von Personen nach Kreativitäts- und Innovativitätsmerkmalen sollte Klarheit herrschen, wie eng die Personen- und Verhaltensmerkmale, die mithilfe von Tests oder Interviews erhoben und eingeschätzt werden, die Anforderungen und Inhalte der Tätigkeit wiederspiegeln (Burch et al 2008; Schuler 2013).
  3. Organisationen und Personalverantwortliche sollten «nicht in dem Versuch, das Innovationspotenzial zu maximieren, gewissermassen nach dem Idealbild des perfekten Profils Ausschau halten. Zählt man alle oben diskutierten Faktoren zusammen, wäre es mit grosser Sicherheit ein Fehler für jede Organisation zu versuchen, nur noch Mitarbeiter einzustellen, deren Werte bei allen genannten Mess­instrumenten im Extrembereich liegen. Solche Personen bringen eventuell sogar andere Probleme und Leistungsdefizite mit sich.» (Potoˇcnik/Anderson 2013, S. 168–169)
  4. Eine Personalbesetzung sollte grundsätzlich berücksichtigen, wie gut sich Bewerbende mit ihrem Wissen, ihren Kompetenzen und ihrer Persönlichkeit in das vorhandene Team einfügen beziehungsweise dieses ergänzen. Werden mit Konventionen brechende Querdenker benötigt, dann sollte frühzeitig darüber nachgedacht werden, welche Begleitmassnahmen auf individueller, teambezogener und organisationaler Ebene die Entfaltung des Kreativitäts- und Innovationspotenzials eines Kandidaten bestmöglich unterstützen.

Innovationsförderliche Verhaltensweisen und Kompetenzen von Mitarbeitenden und Führungskräften sollten in Gestalt von Kompetenzbündeln beschrieben, in ein übergreifendes Kompetenzmodell integriert und in allen HR- und Führungsprozessen – vom Personalmarketing über die Rekrutierung und Beurteilung bis zur Entwicklung und nachhaltigen Bindung – systematisch verankert werden. Ein kompetenzbasiertes Human Resources Management, das alle Prozesse an den zentralen Kompetenzen (darunter eben auch die Innovation) ausrichtet, kann so zu einem wesentlichen Erfolgsfaktor einer erfolgreichen Strategieumsetzung werden.

Buchtipp

Marcel Oertig / Peter Kels: Innovationsorientiertes Personal­management. Leitfaden für HR-Verantwortliche und Führungskräfte. 1. Auflage, Luchterhand (Wolters Kluwer Deutschland), Köln. Erscheint im August 2014, ca. 300 Seiten, gebunden, 45.– Euro (D), ISBN 978-3-472-08577-5

Dieses Grundlagenwerk richtet sich an HR-Verantwortliche und Führungskräfte, die die Innovations­fähigkeit ihrer Organisation stärken und ihrem ­Unternehmen den entscheidenden Vorsprung vor dem Wettbewerb sichern wollen. Dazu entwickeln die Autoren ein Rahmenmodell mit vier zentralen Gestaltungsfeldern und zeigen, welchen Innova­tionsbeitrag Personalmanager und Führungskräfte dort leisten können:

  • Innovationsstrategie und Unternehmensführung, Innovationskultur und Transformation
  • Organisationaler Rahmen für Innovationshandeln
  • Innovationsorientierte HR- und Führungsarbeit

Quellenhinweise:

  • Burch, G./Pavelis, C./Port, R. (2008): Selecting for Crea­-tivity and Innovation: The relationship between the ­innovation potential indicator and the team selection ­inventory, in: International Journal of Selection and ­Assessment, Ausgabe 16 (2), S. 177–181.
  • Potoˇcnik, K. & Anderson, N. (2013): Innovationsorientierte Personalauswahl. In: Krause, D. E. (Hrsg.): Kreativität, ­Innovation und Entrepreneurship. Wiesbaden: Springer, S. 155–173.
  • Schuler, H. (2013): Personalauswahl. Eine eignungsdiagnostische Perspektive. In: Stock-Homburg, R. (Hrsg.): Handbuch Strategisches Personalmanagement. Wiesbaden: Springer, S. 29–58.
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Prof. Dr. Peter Kels ist Professor für Führung, Organisation und Personal an der Hochschule Luzern – Wirtschaft.

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Dr. Marcel Oertig studierte Betriebswirtschaft und absolvierte seine Dissertation im Bereich HRM an der Universität St. Gallen. Nach verschiedenen Leitungsfunktionen im Bereich HRM ist er seit 2005 Gründungspartner der Avenir Consulting AG in Zürich. Seine Beratungsschwerpunkte umfassen HR-Strategie und -Organisation, Employer Branding, Kompetenz- und Talentmanagement.

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