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Analoge und digitale Lernformen unter der Lupe

Die zentrale Zielsetzung betrieblicher Weiterbildung ist, Mitarbeitende für neue Herausforderungen zu befähigen und damit den Unternehmenserfolg zu sichern. Die Kombination analoger Lernformen mit neuen, digitalen Lerneinheiten – Stichwort E-Learning – trägt zur Erreichung dieses Ziels bei.

Wieso gewinnt E-Learning zunehmend an Bedeutung?

In unserer von Veränderungen geprägten Welt sinkt die Halbwertszeit von Wissen, während gleichzeitig die Arbeitsbelastung zunimmt. Die Zeit für dringend erforderliche Weiterbildung fehlt oft, da Mitarbeitende nicht aus dem Arbeitsprozess herausgerissen werden können. Gemäss einer deutschen Studie(1) setzen deshalb rund zwei Drittel der Unternehmen auf E-Learning als moderne, digitale Lernform, welche eine individualisierte, zeit- und ortsunabhängige Wissensakquise ermöglicht. Was E-Learning ist, welche Vor- und Nachteile diese neue Lernform hat und inwiefern analoges Lernen weiterhin Bestand hat, wird nachfolgend untersucht.

Was versteht man unter E-Learning?

Der Begriff E-Learning fasst all jene Lernformen zusammen, die zur Wissensvermittlung oder zur Unterstützung der Kommunikation zwischen Lernenden auf digitale Medien setzen. Oft genannte Beispiele von E-Learning sind:

  • Computer oder Web Based Training (CBT / WBT) als Lerneinheiten oder -programme, die auf einem lokalen Computer abgespeichert sind oder online abgerufen werden können. WBT-Einheiten sind oftmals in Lernplattformen eingebettet mit zusätzlichen Funktionen wie Chats und (moderierten) Diskussionsforen, Wissenstests und einer Teilnehmeradministration.
  •  Webinare / virtuelle Klassenzimmer ermöglichen gemeinsames, interaktives Lernen über eine Online-Plattform mit Sicht-, Hör- und Sprechverbindung, meist unter Einbezug eines Dozenten oder Moderators. Im Unterschied zu Webcasts, die Informationen auf Abruf und in eine Richtung übertragen, sind Webinare somit «live» mit einem festgelegten Start- und Endzeitpunkt.
  • Mobile Learning oder M-Learning als Lernen kleiner Wissenseinheiten, so genannter Learning-Nuggets, zum Beispiel während Wartezeiten unter Nutzung von Smartphones.
  • Blended Learning als Curriculum aus modernen und bisherigen Lernformen mit dem Ziel, die Vorteile digitaler wie auch präsenzorientierter analoger Lernmethoden zu nutzen.

Welche Vor- und Nachteile haben diese digitalen Lernformen?

Wichtigster Vorteil des E-Learnings ist die räumliche und zeitliche Flexibilisierung des Lernens. Wissen kann angeeignet werden, ohne einschränkend in den Berufsalltag und in Arbeitsabläufe einzugreifen. Als weitere wichtige Vorteile nennen Unternehmen den reduzierten Zeitbedarf, Kosteneinsparungen und die Möglichkeit eines individualisierten Lernens(1). Weiter können digitale Lerneinheiten rasch überarbeitet und auf den neusten Wissensstand gebracht werden.

Neben Vorteilen hat E-Learning jedoch auch Nachteile. Der soziale Austausch zwischen Lernenden und mit Lehrenden sowie die Möglichkeiten für direktes Feedback bleiben begrenzt. Die Abbruchquote bei reinem Online-Lernen ist hoch, zumal Regelungen zum Lernen am Arbeitsplatz oft fehlen. Weiter sind die Kosten für Lernplattformen und die Herstellung von Unterrichtsmaterial nicht zu unterschätzen. Erst ab einer Zielgruppengrösse von mehr als 200 Personen seien Online-Lernangebote wirtschaftlicher als Präsenzseminare, so die Literatur(2).

Wann sind analoge Lernformen im Vorteil?

Auch wenn digitale Medien genutzt werden, bleiben die Sinnesorgane des Menschen und damit das Lernen analog. Präsenzorientierte Lernformen haben und behalten somit ihre Daseinsberechtigung, gerade dann, wenn es nicht um reine Wissensvermittlung geht. Über den direkten Austausch, das Ansprechen der Sinneskanäle, etwa mit praktischen Übungen und Rollenspielen, oder das Erleben und Imitieren anderer, können unmittelbarere Lernerfahrungen gemacht werden als in der digitalen Welt.

Wissen wird dadurch emotional verankert und aktiver Bestandteil eines erweiterten Handlungsrepertoires. Gerade für Erwachsene ist dies wichtig, da neues Wissen weniger leicht angenommen wird, wenn dieses bisherigen Erfahrungen widerspricht. Die gemeinsame und direkte Lernerfahrung hilft, gerade solche Lernbarrieren zu überwinden. Unternehmen setzen deshalb weiterhin auf analoge Weiterbildungsformen, gerade zum Aufbau von Soft Skills oder der Bearbeitung von Führungsthemen.

Wie lassen sich die Vorteile digitaler und analoger Lernformen kombinieren?

Indem Web Based Training, Webinare, Learning-Nuggets etc. mit Präsenzeinheiten didaktisch sinnvoll kombiniert werden, kann der Lernerfolg in Form eines Blended Learning gesteigert werden. Die Einführung in den zu vermittelnden Stoff erfolgt zum Beispiel online. Die Vertiefung und Anwendung findet im Präsenzunterricht anwendungsbezogen, interaktiv und mit direktem Feedback statt. Die Nachbereitung und die Klärung offener Fragen erfolgt erneut online in Tutorien oder moderierten Diskussionsforen.

Was ist bei der Erstellung digitaler Lerneinheiten zu beachten?

Ein reiner Transfer bisher mündlich oder schriftlich vermittelter Inhalte auf eine Lernplattform reicht nicht aus. Die Informationen sind unter Nutzung der digitalen Möglichkeiten in leicht verständliche, interaktive und ansprechende Lerneinheiten zu übertragen, welche den Selbstlernprozess unterstützen und den unterschiedlichen Lerntypen Rechnung tragen.

Lernen bleibt wie erwähnt ein sinnlicher Prozess. Vielleicht sind gerade deshalb Videos von Vorträgen beliebter als ein reiner Audiomitschnitt, obwohl die vermittelten Informationen identisch sind.

Wie geht es mit E-Learning weiter?

E-Learning hat sich als Ergänzung zu analogen Weiterbildungseinheiten in Unternehmen etabliert. Welche konkreten Ausprägungen jedoch längerfristig weiter an Bedeutung gewinnen, bleibt schwer abschätzbar. In einer Umfrage nennen deutsche Unternehmen neben Blended Learning, Webinaren und Web Based Training auch Wikis und Social Media als zukunftsträchtige Lernformen(1). Klar ist jedoch bereits jetzt: Nur wenn Weiterbildungseinheiten auf die Lernbedürfnisse der Mitarbeitenden und des Unternehmens zugeschnitten sind, zeigen diese die erwünschte Wirkung.

Quellen

 

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Pascal Romann hat Abschlüsse in Betriebswirtschaft sowie Literatur und arbeitet seit vielen Jahren in verschiedenen Funktionen in einem international aufgestellten Unternehmen. Unter dem Namen ChangeUp unterstützt er Unternehmen bei Change-Prozessen. Zusammen mit seinem Bruder Philipp Romann ist er zudem tätig im gemeinsamen Unternehmen toolbox: Sie bieten Trainings und Workshops mit den Schwerpunkten Auftritts- und Präsentationskompetenz sowie Konfliktmanagement. www.die-toolbox.com, www.change-up.com

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Philipp Romann ist diplomierter Schauspieler mit langjähriger Theater-, Film- und Regieerfahrung. Zusammen mit seinem Bruder Pascal Romann ist er zudem tätig im gemeinsamen Unternehmen toolbox: Sie bieten Trainings und Workshops mit den Schwerpunkten Auftritts- und Präsentationskompetenz sowie Konfliktmanagement. www.die-toolbox.com, www.change-up.com
 

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