Die 15-Sekunden-Bewerbung
Einfachheit ist ein zentraler Erfolgsfaktor im Personalmarketing. Dies zeigt die neue Rekrutierungskampagne für Pflegefachleute des Kinderspitals Zürich. Die Kontakt- und Bewerbungsziele wurden in den ersten Monaten klar übertroffen.
Über die mobil-optimierte Microsite können sich interessierte Pflegefachkräfte innert Sekunden beim Kinderspital bewerben. (Bild: zVg)
Austauschbare Karriereseiten und komplizierte Bewerbungsprozesse schrecken Stellensuchende ab. Ganz besonders gilt dies für einen Arbeitnehmermarkt, in dem gut ausgebildete Fachleute eine Vielzahl an Job-Optionen zur Verfügung haben – genau dies ist in der Gesundheitsbranche der Fall. Anders als viele Pflegefachleute vermuten, ist es auch für einen renommierten Arbeitgeber wie das Kinderspital Zürich anspruchsvoll, offene Stellen passend zu besetzen. Darum hat es mit der Rekrutierungskampagne «Pflege mit uns den Kispi-Spirit» die einfachste Bewerbung der Branche lanciert: Die «15-Sekunden-Bewerbung». Wie funktioniert dieser neue Ansatz, welche Resultate hat er gebracht und weshalb ist Einfachheit so wichtig?
Microsite statt Corporate Website
Wer die besten Kandidatinnen und Kandidaten anziehen will, muss ihnen Wertschätzung entgegenbringen. Dies bedeutet im Fall der Kispi-Kampagne den Aufbau einer Microsite, die auf die Informationsbedürfnisse der Zielgruppe ausgerichtet ist. Die Microsite www.kispi-spirit.ch ist mobiloptimiert, lässt sich bequem unterwegs oder abends auf dem Sofa durchstöbern.
Das klingt nach einer Selbstverständlichkeit, ist es aber keineswegs. Gemäss einer aktuellen Online-Recruiting-Studie des Beratungsunternehmens Wollmilchsau «verwöhnen» erst 25 Prozent der grössten Schweizer Unternehmen ihre Bewerber mit einer mobiloptimierten Karrierewebsite. Bei den restlichen 75 Prozent müssen sich Interessierte auf dem Smartphone mühsam durch Mikrotypografie quälen. Die gute Auffindbarkeit und Übersichtlichkeit der Kispi-Microsite machen sich bezahlt. Allein in den ersten beiden Monaten, von Mitte Februar bis Mitte April 2016, verzeichnete sie 12‘000 Unique Visitors, weit mehr, als der Karriere-Bereich auf der Kispi-Webseite im selben Zeitraum erzielt hat. Die zugehörigen Job-Videos wurden sogar rund 30‘000 Mal angeschaut.
Online-Formular – aber anders
Wenn es etwas gibt, das Stellensuchende verabscheuen, dann sind es anonyme Online-Bewerbungsformulare. Jeder Zehnte verzichtet lieber ganz auf eine Stelle, als sich mit umständlichen Online-Formularen abzumühen. Stattdessen bevorzugt die grosse Mehrheit weiterhin die Bewerbung per E-Mail. Der Grund: Es ist unkompliziert. Das Kinderspital Zürich entschied sich trotzdem dafür, den Bewerbungsprozess über ein Online-Formular zu führen. Aber mit dem Ziel der maximalen Einfachheit. Konkret: Vorname und Name, Mobile-Nummer und E-Mail-Adresse genügen für die Bewerbung. In einem Drop-Down-Menü lässt sich noch der bevorzugte Arbeitsbereich anwählen. Wer Lust hat – dieser Schritt ist freiwillig – hängt ein Porträtbild an, wodurch er oder sie gleich ins Teambild integriert wird; eine charmante Spielerei. Auch dieser kleine Spassfaktor und eine vernünftige Usability sind alles andere als gängig. Lediglich zehn Prozent aller grossen Schweizer Unternehmen haben sich gemäss Studie bisher die Mühe genommen, ihre Bewerbungsformulare für die mobile Nutzung zu optimieren.
Kurze Reaktionszeiten, persönliche Zu- und Absage
Beim Kinderspital schlägt diese Einfachheit positiv zu Buche: In den ersten zwei Monaten der Kampagne wurden über 200 Bewerbungen für Pflege-Stellen via dieses 15-Sekunden-Formular eingereicht. Das ist deutlich über den Erwartungen, waren ansonsten nur einige wenige Bewerbungen pro Stelleninserat der Normalfall.
Nach dieser ersten Kontaktaufnahme ruft die HR-Mitarbeiterin die Person ein bis zwei Tage später an und nimmt während des Gesprächs eine erste Selektion vor. Geeignete Kandidaten werden an die Linie weitervermittelt. In den meisten Fällen findet in der Folge ein Probetag mit Bewerbungsgespräch statt. Da übergibt die Person ihre Dokumente wie Lebenslauf und Zeugnisse. Ein Motivationsschreiben, für viele eine Mühsal, erübrigt sich. Stellt sich beim kurzen Telefongespräch heraus, dass die Bewerberin nicht qualifiziert ist für die Stelle, erhält sie die Absage samt Erklärung sofort – und zwar persönlich.
Candidate Experience – um was es geht
Rückblickend zeigt sich, dass sich die starke Gewichtung des «Warum» und des «Wie» absolut gelohnt haben. Das «Warum» ist zentral, weil die Kampagne genau jene Bewerberinnen und Bewerber magnetisch anziehen soll, welche die Werte des Kinderspitals (zusammengefasst im «Kispi-Spirit») teilen. Der unkomplizierte Bewerbungsprozess – das «Wie» – sorgt dafür, dass die Hemmschwelle für die Kontaktaufnahme spürbar sinkt und sich auch viele Personen bewerben, die gar nicht aktiv auf der Suche sind. Die Einfachheit erweist sich dabei als Schlüsselkriterium für eine positive und motivierende Candidate Experience. Und genau darum geht es, wenn sich eine Rekrutierungskampagne über die Anstellungsziele hinaus positiv auf das Arbeitgeberimage auswirken soll.