«Stop speaking French», ermahnt die Lehrerin mehrere Male, als sich die Diskussion im Business-Klassenzimmer der London School of English wieder in die Muttersprache verlagert. Allgemeines Gelächter, bevor sich die fünf knapp vierzigjährigen Sprachstudenten aus der Schweiz, Italien und Portugal wieder mit ihren Aufgaben auseinandersetzen. Es geht um Verhandlungen. Genauer darum, einzelne Verhandlungsschritte in die richtige Reihenfolge zu bringen. Etwas, das auf Englisch nicht allen der gestandenen HR-Profis leicht fällt. Nach rund 60 Minuten ist die Lektion vorbei. Zeit für eine Pause in der Cafeteria.
Dort herrscht zu jeder Tageszeit Hochbetrieb. Man tauscht sich aus, diskutiert über allgemeine Themen, bespricht ein Sprachproblem oder sitzt zum Mittagessen zusammen. Dieses wird von einem festangestellten «Chef de Cuisine» zubereitet, dessen Kochkünste von den Kursteilnehmern hochgelobt werden und die das Vorurteil widerlegen, dass es in England nur «Fish & Chips» zu essen gibt. Unweit des Holland-Parks gelegen, befindet sich die London School of English in einem viktorianischen Haus im noblen Notting-Hill-Quartier. Hier trifft Hightech auf den Glanz vergangener Zeiten: Trotz Umbauten und vieler technologischer Errungenschaften wie Sprachlabor, Multimedia-Raum oder WLAN hat das Gebäude seinen Charme behalten, wovon knarrende Holztreppen oder eine zu einem Schulzimmer umgebaute Scheune zeugen.
Im Ausland lernt sichs leichter
In einer ruhigeren Ecke der Cafeteria sprechen wir nach dem Mittagessen mit Martin McDonald, Director Sales & Marketing der London School of English: «Viele Leute meinen, Sprachen zu lernen sei ein Privileg der Jüngeren», spricht Martin McDonald die Skepsis an, mit der sich viele ältere Teilnehmende auf ihr Sprachabenteuer begeben. Eine unbegründete Angst, sind die Studenten der London School of English doch durchschnittlich etwa vierzig Jahre alt und besuchen in Vierer- oder Fünfergruppen wöchentlich etwa dreissig Englischlektionen. Dass die Sprachlernkurve bei einem Auslandaufenthalt höher ist als bei heimischen Sprachkursen, haben auch viele Firmen begriffen: So entsenden etwa Alstom, Siemens, UBS oder PWC, mehrheitlich auf Firmenkosten, immer häufiger Kursteilnehmer zum Aufpolieren ihrer Englischkenntnisse in den angelsächsischen Raum.
Neben dem Besuch der Englischstunden sind auch Hausaufgaben Pflicht, denen die Teilnehmenden etwa eine Stunde pro Tag widmen. «Es geht darum, das zu repetieren, was während der Lektionen vermittelt wurde», sagt Martin McDonald. Das Vermittelte soll verinnerlicht und zusammengefasst werden, um den gewünschten Lerneffekt zu erzielen. Oft gelinge das ganz nebenbei, zum Beispiel im Gespräch mit der Gastfamilie beim Abendessen.
«In ein bis zwei Wochen lernt man in der London School of English schneller und mindestens ebensoviel wie im Herkunftsland während eines Jahres in einem einstündigen, wöchentlich stattfindSenden Englischkurs», sagt Max Wey, Geschäftsführer des Sprachreisespezialisten Boa Lingua Business Class in seinem Referat und verweist im Klassenzimmer auf die an der Wand projizierte Statistik «Visualisierung des Lernerfolgs.» In dieser hat er verschiedene Erfolgsfaktoren zusammengetragen, die das Gesagte untermauern. «Die Kursteilnehmer erwerben sich anders als bei standardisierten Sprachzertifikaten wie dem «Cambridge First Certificate» fachliche Sprachkenntnisse, auf die es im Alltag wirklich ankommt». Solche spezifischen Sprachkenntnisse seien etwa in Jobinterviews gefragt, bei Mitarbeitergesprächen, aber auch in Situationen, in denen es gelte, den eigenen Standpunkt zu vertreten oder eine Präsentation zu halten.
HR-Englisch für Professionals
Um dieses Fachwissen zu vermitteln, nutzt die London School of English seit der Lancierung des HR-Englischkurses im Jahr 2010 Bücher, die für HR-Fachkräfte geschrieben wurden und sich mit spezifischen HR-Themen auseinandersetzen. «Die Themen sorgen für viel Diskussionsstoff unter den Teilnehmenden», sagt Karen Chambers, die an der London School of English für die HR-Fachkurse verantwortlich ist: «Die Teilnehmenden haben oft dieselben beruflichen Herausforderungen und können sich hier mit anderen Kollegen über Best Practices austauschen und für ihren Alltag lernen.»
Sprachliche Stolpersteine sind für Chambers häufig kulturell bedingt, wie etwa der Umgang mit Konflikten. Fehlen die passenden Worte und müssen unterschiedliche Auffassungen auf Englisch angesprochen werden, «wird es für viele schwierig.» Um solche Situationen zu meistern, stellen die Teilnehmenden deshalb viele HR-Situation realitätsnah nach. Etwa, indem sie sich gegenseitig interviewen. Dabei begeben sie sich «oft über ihre Komfortzone hinaus.» In einem Umfeld allerdings, «wo ein Sicherheitsnetz existiert und nichts passiert, das Konsequenzen für den Berufsalltag hat.»