Porträt

HR-Chef mit Pfleger-Gen

Markus Wittwer hat den Pflegeberuf von der Pike auf gelernt. Heute leitet er als stellvertretender Direktor des Kantonsspitals Winterthur das HR-Team und die Pflege. 
Pro Woche arbeitet er 60 bis 70 Stunden und verbringt 
seine spärliche Freizeit mit Briefmarkensammeln.

«Lernen, etwas aushalten können, aber auch zum richtigen Zeitpunkt einen Schlussstrich ziehen», so umschreibt Markus Wittwer, HRM-Direktor des Kantonsspitals Winterthur, sein Lebensmotto. Es ist sinnbildlich für seine Karriere, denn sonst wäre er eher in der Maschinenindustrie gelandet als im Gesundheitswesen: Schon im zweiten Lehrjahr erkannte Markus Wittwer, dass der Beruf des Maschinenzeichners nicht seinen Vorstellungen entsprach. Und weil er aus einer Familie von Krankenschwestern und -pflegern stammt, war sein Richtungswechsel beinahe «genetisch» vorgespurt: Markus Wittwer liess sich zum Krankenpfleger ausbilden und legte damit den Grundstein seiner Karriere im Gesundheitswesen.

Als «Verfechter der beruflichen Kontinuität» lernte Markus Wittwer den Pflegebereich von Grund auf kennen und verlor dabei das Ziel einer Leitungsposition im Spital nie aus den Augen. Seine ersten beruflichen Erfahrungen sammelte er in der Krankenpflege und als Instruktionspfleger im Spital Limmattal.

Mit 28 Jahren übernahm er seine erste Führungsposition als Leiter der Wochenbettstation eines Bezirksspitals. Es folgten weitere Positionen in der Pflegedienst-Leitung, bevor er 2010 zum Direktor HRM und Pflege und zeitgleich zum stellvertretenden Spitaldirektor des Kantonsspitals Winterthur ernannt wurde. Daneben engagiert sich Markus Wittwer als Präsident der Pflegedienstkommission des Kantons Zürich und als Vorstandsmitglied der kantonalen Organisation der Arbeitswelt Gesundheit. Dort setzt er sich für die Belange der Auszubildenden im Pflegebereich ein. «Die Berufsbildung liegt mir sehr am Herzen, denn am KSW bilden wir jährlich rund 250 Personen aus.»

Ultra-Triathlet und Briefmarkensammler

Mit derselben Ausdauer und Hartnäckigkeit, mit der er seine beruflichen Ziele verfolgt, gestaltet er auch seinen privaten Bereich. So gipfeln seine sportlichen Erfolge als «Ultra-Triathlet» im 6. Rang an den Weltmeisterschaften in Hawaii. Dafür ist er 10 km geschwommen, 421 km Velo gefahren und 84 km gelaufen. Und als leidenschaftlicher Briefmarkensammler hat er mehrere Bücher über sein Hobby geschrieben.

Findet er bei so viel ehrgeiziger Zielstrebigkeit auch mal Ruhe? Kommt sein Umfeld nicht zu kurz bei solcher Rastlosigkeit? Mal nichts zu tun, sei tatsächlich nicht einfach, gibt der 50-Jährige freimütig zu. Er sei eben sehr «begeisterungsfähig» und vergesse dann alles Andere. Dann müsse ihm sein Umfeld manchmal auch Grenzen setzen, damit er wieder in die Balance finde. Mit «Umfeld» sind seine Lebenspartnerin, seine zwei inzwischen erwachsenen Söhne und seine Mitarbeiterinnen gemeint, die ihn von Zeit zu Zeit an den «menschlichen Faktor» erinnern. Wöchentlich arbeitet er zwischen 60 und 70 Stunden. «Dabei ist nicht unbedingt die Stundenanzahl entscheidend, die ich im Geschäft verbringe, eher belastet mich die Intensität der Arbeit, wenn ich zum Beispiel zehn Gespräche an einem Tag führe.»

Zur Person

Markus Wittwer (1963) wächst in Safnern im Kanton Bern auf und absolviert in Meinisberg eine Lehre als Maschinenzeichner. Nach einer beruflichen Neuorien-tierung bildet er sich zum Krankenpfleger aus und arbeitet in der Folge in unterschiedlichen Funktionen im Pflegebereich. Seine Karrierestationen führen ihn vom Spital Limmattal, vom Bezirksspital Affoltern a. Albis zum Unispital Zürich (USZ) und zum Kantons-spital in Winterthur (KSW). Dort ist er ab 2007 als Direktor Pflegedienst tätig, bevor er im Oktober 2010 zum Direktor HRM und Pflege sowie zum stellvertreten-den Spitaldirektor ernannt wird. Markus Wittwer ist geschieden und Vater zweier erwachsener Söhne. 
Er lebt mit seiner Lebenspartnerin in Fehraltorf.

Wenn Fachkräftemangel harte Realität ist

Worauf er besonders stolz ist? «Innerhalb von zwei Jahren haben wir ein schlagkräftiges achtköpfiges HR-Team aufgebaut und für das HR im gesamten Unternehmen mehr Akzeptanz geschaffen. Das HR ist heute präsenter und kann die Mitarbeit aktiv einfordern. Im Umstrukturierungsprozess wurde auch sehr viel in die Weiterbildung des HR-Teams investiert, denn Qualifikation steht an erster Stelle. Es sollte nicht einfach entlassen werden, wenn die Kenntnisse dem Stellenprofil nicht mehr entsprechen.»

Dass das HR im Kantonsspital Winterthur so stark in der Führungsstruktur verankert ist, hat ohne Zweifel auch mit Markus Wittwers Fachkenntnissen der Pflege und der Spitalabläufe zu tun. Aktuell hat das HR-Team von Markus Wittwer eine neue Personalstrategie erarbeitet. In deren Zentrum stehen neue Arbeitsmodelle, die den vorwiegend weiblichen Pflegefachpersonen (80 % Frauen, 20 % Männer) ermöglichen, Familie und Beruf trotz wechselnder Schichten besser unter einen Hut zu bringen. Dies wurde aufgrund der Arbeitsmarktsituation notwendig, weil der Fachkräftemangel – der sich in anderen Branchen erst allmählich abzeichnet –  in der Spitallandschaft schon seit Jahren Realität ist. Pflegefachkräfte und Ärzte zu finden und diese trotz beschränktem Spielraum im Lohnbereich und umfassenden gesetzlichen Vorgaben ans Spital zu binden, das sind starke Widersprüche, die das Spitalumfeld prägen.

Sein Wunsch für die Zukunft? All die Ideen, die er noch nicht zu Papier gebracht hat, weiterzuentwickeln und umzusetzen. Die Linie noch besser zu unterstützen und ein innovatives HR im Kantonsspital Winterthur zu verankern. «Es gilt, den Schwung beizubehalten, um all die brachliegenden Ideen umzusetzen.» Für sich selber erhofft er, frühzeitig zu erkennen, wann er nicht mehr am richtigen Ort sein sollte und einer Entwicklung im Weg steht. Mit anderen Worten: den Schlussstrich zum richtigen Zeitpunkt zu ziehen. 

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Chefredaktorin, HR Today. cp@hrtoday.ch

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