Serie Tatjana Strobel

Körpersprache im Vorstellungsgespräch: Teil 4

Körpersprache-Expertin Tatjana Strobel war an der Personal Swiss 2014 zu Gast am Stand von HR Today. Mit ihren individuellen Gesichtsanalysen vermochte sie ihre Gegenüber durchs Band zu verblüffen. Anlass genug, mit ihr eine Online-Serie zu starten: In 10 Teilen beschreibt sie alle zwei Wochen exklusiv für hrtoday.ch, was der Körper eines Kandidaten während eines Bewerbungsgesprächs über dessen Befindlichkeit und Charakter verrät. Im vierten Teil analysiert Tatjana Strobel das Sitzverhalten der Kandidaten.

Das Sitzverhalten

Sind Sie sich bewusst, dass Sie als Gesprächsleiter nicht nur das Gespräch, sondern auch die Stimmung und Verhandlungsbereitschaft Ihrer Bewerber mitgestalten können?

Durch die Platzzuweisung, die Getränkeauswahl, den Sitzkomfort der Stühle haben Sie erheblichen Einfluss auf Ihren Gegenüber. Wie, das werden Sie sich jetzt fragen…

Ganz einfach! Wenn Sie möglichst viel von Ihrem Kandidaten erfahren möchten, so setzen Sie sich zu ihm über Eck, dies schafft Nähe und Behaglichkeit. Sie können jederzeit noch näher heranrücken und somit Vertrauen aufbauen, ohne aufdringlich zu sein. Die gegenüberliegende Sitzposition hat immer den Charakter des Gegners, des Kampfes, denn es ist ein Tisch mit einer gewissen Breite dazwischen, was als unüberwindbare Barriere eingestuft wird und somit kein emotionales und räumliches Näherkommen zulässt.

Eine neue Untersuchung des Psychologenteams um Joshua Ackermann aus Yale zeigte anhand von sechs Experimenten, dass der Genuss von Heiss- oder Kaltgetränken, sowie der Sitz auf weichen oder harten Stühlen Einfluss auf die Verhandlungsfähigkeit der Probanden hatte. Nach dem Genuss eines Heissgetränks verhandeln wir wärmer und herzlicher, mit einem Kaltgetränk kühler und distanzierter. Der harte Stuhl fördert den Austausch von harten Fakten, macht unnachgiebiger, der weiche Stuhl förderte die Offenheit und Kompromissbereitschaft. Also ab sofort Heissgetränke, weiche Stühle und die über-Eck-Position einsetzen, damit Ihr Bewerber möglichst viel von sich Preis gibt!

Doch zurück zum Bewerber, welche Sitzpositionen kann dieser einnehmen und wofür stehen diese?

Die Roboterhaltung

Bereits bei der Art des Gehens hatten wir den engen und eher steifen Gang, dieser setzt sich mit grosser Wahrscheinlichkeit auch beim Sitzen durch. Eine innere Anspannung überträgt sich immer auch auf den Körper. Sie wird durch abrupte und statische Bewegungen des Bewegungsapparates sichtbar. Der Mensch sitzt ungelenk und starr in seinem Stuhl. Die Bewegungen sind roboterhaft.

Unsicherheit, Sorgen, Ängste zeigen sich in dieser Haltung, umgekehrt erkennen Sie den relaxten, gelösten Bewerber an der Geschmeidigkeit seiner Bewegungen, seiner Sitzhaltung.

Die enge/ausgedehnte Sitzhaltung

Der Körper zeigt immer an, ob ein Mensch sich Raum verschafft, oder ob er sich im wahrsten Sinne des Wortes kleinmacht. Dies zeigt sich im Sitzverhalten in einer zusammengekauerten, engen Körperhaltung. Die Extremitäten sind sehr eng am Körper angelegt. Dieses steht für Schüchternheit, Zurückhaltung und sich klein fühlen.

Der Raumverschaffende hat die Beine offen und ausgestreckt, die Arme locker auf der Lehne oder gar auf dem nächsten Stuhl. Meist nimmt er für seine Tasche und Utensilien den Tisch oder weitere Stuhle in Beschlag. Ein klares Anzeichen für einen Bewerber, der gerne Raum einnimmt, im Mittelpunkt steht, und Macht- und Dominanzverhalten an den Tag legt.

Selbstbewusstes Sitzen

Wie auch im Stand gibt es eine wissenschaftliche Erfolgshaltung beim Sitzen. Die gesamte Sitzfläche wird vom Po und den Oberschenkeln besetzt. Der Rücken lehnt sich leicht an die Stuhllehne an. Die Füsse stehen offen, mit der gesamten Fläche des Fussgewölbes auf dem Boden, die Arme liegen locker auf den Armlehnen oder dem Tisch. Der Körper hat eine aufrechte Haltung, mit leichter Körperspannung. Wenn Ihnen das im Gespräch begegnet, so haben Sie es mit einem Menschen zu tun der sich seiner Wirkung sehr bewusst ist und der damit seine Erdung und innere Ruhe unter Beweis stellt.

Unruhiges Sitzen

Hin- und herrutschen auf der Sitzfläche des Stuhles, unkoordiniertes Zappeln mit den Armen und Beinen sowie hektische Bewegungen sind Auswirkungen des Denkens. Wer sich nicht, zu hoch oder zu tief verkauft hat, nach den adäquatesten Antworten sucht, die der andere hören möchte, verliert schnell die Bodenhaftung und den Kontakt zu sich selbst. Auch Ärger, Wut und andere negative Gefühle, die im Laufe des Gesprächs entstehen können, entladen sich auf diese Art und Weise.

Assoziiertes Sitzen

Wie das Wort schon besagt, geht es bei dieser Sitzhaltung darum, sich mit dem anderen zu vereinigen, zu verknüpfen. Der Oberkörper nähert sich Ihnen an, der Bewerber verkürzt den Sicherheitsabstand zu Ihnen. Diese Haltung nehmen wir ein, wenn wir gefühlstechnisch in die Situation involviert sind, sie uns packt, mitreisst und wir Teil des Ganzen sind.

Dissoziiertes Sitzen

Hier trennt sich der Bewerber von der Emotion, er zieht sich körperlich und räumlich von Ihnen zurück. Diese Haltung nehmen wir häufig ein, wenn uns etwas nicht passt, wir nicht konform mit dem anderen sind, wobei wir dabei meist den Körper wegdrehen und uns mit Armen und Beinen verschliessen. Die dissoziierte Haltung nehmen wir ein, wenn wir etwas neutral betrachten möchten, uns aus der Situation herausziehen möchten.

Sie sehen, auch bei den Sitzhaltungen gibt es viel zu beobachten und zu analysieren. Spannend dabei ist immer, die Reaktion in der Körpersprache mit dem gesprochenen Wort in Einklang zu bringen, weil meist die Inhalte des Gespräches diese Reaktionen auslösen. Wenn Sie diese Verbindung haben, verstehen Sie meist auch die körperliche Rückmeldung.

Ich wünsche Ihnen viel Freude beim Beäugen der Sitzpositionen!

Herzlichst

Tatjana Strobel

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Tatjana Strobel ist Expertin für Körpersprache, Physiognomie und Menschenkenntnis, Bestsellerautorin und Gründerin des Unternehmens «TS HeadWorx». www.tatjanastrobel.ch, www.mesmerize-it.ch

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