Aus HR-Sicht ist es sinnvoll, zwei Arten von Kennzahlen zu unterscheiden: Da sind einerseits Unternehmenswerte, die sich aufs Gesamtpersonal beziehen und die somit die Unternehmensstrategie betreffen. Und andererseits gibt es die Kennzahlen zur Personalabteilung.
Zwar existieren hunderte solcher Kennzahlen. Doch wer sich neu mit dem Thema beschäftigt, braucht sich nicht in Zahlenkolonnen zu verlieren. «Zehn bis fünfzehn Kennzahlen kommen in fast jedem Firmenreport vor, sie gehören damit zu den wichtigsten Zahlen», bringt es Urs Klingler, Managing Partner der Klingler Consultants AG und Autor der Publikation «100 Personalkennzahlen», auf den Punkt (vgl. auch Checkliste: Die wichtigsten HR-Kennzahlen).
Sind Kennzahlen eine Gefahr fürs HR?
Kennzahlen zu erheben hat laut Urs Klingler einen doppelten Nutzen. Nicht nur helfen diese den Unternehmen, Performance-orientiert zu handeln, sondern allein schon das Erheben von Zahlen – und damit die Auseinandersetzung mit der Unternehmensleistung – führe zu einer Leistungssteigerung.
«Dennoch haben viele HR-Leute eine gewisse Skepsis gegenüber Zahlen, und messen sie darum auch nicht», beobachtet der Kennzahlenexperte. «Mir sind zum Beispiel nur wenige Firmen bekannt, die bei Abgängen erfassen, ob das nun die High oder die Low Performer waren.»
Urs Klingler sieht mehrere Gründe für die Skepsis gegenüber Zahlen: fehlende Performance-Orientierung, das Unvermögen, Zahlen angemessen zu interpretieren oder auch die Angst, dass die Zahlen zu HR-Ungunsten ausfallen. «Diese Angst ist aus meiner Sicht nicht begründet», so Klingler, «denn das HR ist für die Geschäftskennzahlen nicht allein verantwortlich. Es können sehr gute Leute im Unternehmen sein, und doch drückt die Wirtschaftslage die Absatzzahlen. Und eine hohe Fluktuation hat meist mit den Vorgesetzten zu tun – und nicht mit falscher Rekrutierung.»
Zahlen ohne Interpretation nützen wenig
Die oft fehlende Interpretations- und Darstellungsfähigkeit hingegen ist ein Thema. Sollen Zahlen in der Geschäftsleitung etwas bewirken, so müssen sie in einem ansprechenden, kommentierenden Bericht daherkommen und mit Handlungsanweisungen versehen sein. Den Aufwand dafür bezeichnet Urs Klingler als gering: «Wir verlangen von den Personalchefs unserer Kunden einfache Zahlen, die sie bereits haben beziehungsweise zum Teil aus dem Geschäftsbericht ableiten können, schicken sie durch ein System, das Resultat ist ein fixfertiger Bericht.»
Erst wenn das HR bereit sei, sich mit Kennzahlen auseinanderzusetzen, habe es auch die Chance, via diese Zahlen die Geschäftsleistung zu verbessern und langfristig auf die Führung Einfluss zu nehmen, sagt der Zahlenexperte.
Graubündner Kantonalbank: GL will Personalkennzahlen sehen
Die Graubündner Kantonalbank (GKB) ist eines der Unternehmen, dessen HR sich intensiv mit Kennzahlen beschäftigt. Auf der strategischen Ebene werden klassische Kennzahlen wie Personalbestand, -struktur, -kosten, Fluktuation, aber auch das Verhältnis von Mitarbeitenden Front zu Backoffice erhoben. Auf HR-Ebene interessieren unter anderen die HR-Ratio, die Anzahl Interviews, die Anzahl Kandidaten pro Schlüsselposition, die Ausbildungskosten und die Bindungsquote der ehemaligen Lernenden.
«Das HR-Controlling gewinnt zunehmend an Bedeutung», sagt Martin Brenn, Leiter Personalsupport bei der GKB. «Unsere Geschäftsleitung interessiert sich für Personalkennzahlen, sie dienen zur Entscheidungsfindung und Steuerung der Ressource Personal. Wichtig ist es, die Zahlen nicht nur zu erheben, sondern sie aus dem HR auch zu interpretieren und entsprechende Massnahmen abzuleiten – ein Wertschöpfungsbeitrag aus dem HR.»