Nur Charakterstarke sollen im Führerstand sitzen
Vor den Job haben die VBZ allerdings einige Hürden gestellt – denn es prüfe gut, wer sich zwar nicht ewig, aber doch für Jahre binden möchte. Der Ausdruck, jemanden auf «Herz und Nieren» zu prüfen, ist diesbezüglich gar nicht so falsch, wie Buckmann sagt. «Tatsächlich stellen wir höchste Anforderungen an die Gesundheit der Bewerber. Immerhin ist der Job im Führerstand mit sehr viel Verantwortung verbunden.»
Getestet werden nicht bloss die körperlichen Funktionen, sondern auch die charakterlichen, psychologischen. Wer Verkehrsdelikte in seinem juristischen und beruflichen Curriculum Vitae sammelt, soll keine Strassenbahn durch Zürich chauffieren. «Der Charakter ist entscheidend, die Stressresistenz im dichten Verkehr, die Auffassungs- und Beobachtungsgabe und einiges mehr,» fasst Buckmann zusammen. Natürlich werde aber niemand vom Bewerbungsprozess ausgeschlossen, der «mal falsch parkiert» hat oder der sich vereinzelte, andere Verkehrsbussen eingefangen hat.
Grosser Personalbedarf bis zum Ende des Jahrzehnts
Angestellt werden über die «Charles-Kampagne» ab dem kommenden Jahr 24 Tramführer. «Wir haben die Erfahrung gemacht, dass sich Frauen besonders für diesen Beruf eigenen. Einerseits wegen ihrer defensiveren Grundeinstellung im Verkehr und andererseits wegen ihrer Auffassungsgabe und dem Durchhaltewillen». Interessant: Die Qualität der Bewerbungsdossiers von Frauen ist deutlich höher als ihrer männlichen Zeitgenossen. Jedes neunte Bewerbungsdossier einer Frau führt zu einer Anstellung, bei den Männern nur jedes Fünfundzwanzigste. «Nur leider bewerben sich viel weniger Frauen bei uns - aber wir arbeiten daran», sagt Buckmann.
Der Personalbestand an etwa 600 Chauffeuren wird durch die neue Rekrutierung nur aufrechterhalten, nicht erhöht, wie Buckmann sagt. Es gehe darum, die natürlich Fluktuation auszugleichen. Man rechnet mit 20 bis 40 Tramfahrern, die es bis Ende 2014 zu ersetzen gilt. Beim Gesamtpersonalbestand von 2400 Personen und einer Fluktuation von sieben bis acht Prozent werden bei der VBZ jährlich 170 bis 200 Stellen neu vergeben.
Da der Altersdurchschnitt ist bei den VBZ verhältnismässig hoch ist, stehen bis zum Ende des Jahrzehnts mehrere hundert Pensionierungen an. «Bei diesem Personalbedarf ist die Wahrscheinlichkeit gross, dass die VBZ auch in nächster Zukunft durch coole Kampagnen auf sich und die Jobs im Unternehmen aufmerksam machen werden», so Buckmann. Tatsächlich sind ja noch nicht alle Royals «verbraucht». Allerdings eignen sich zahlreiche Windsors – glaubt man der Boulevard-Presse - aufgrund ihrer Charaktereigenschaften und wegen des flatterhaften Lebensstils auch nicht als Tramführer. Prinz Harry würde man in Zürich wohl nicht mal ein Partytram anvertrauen.
Royale Kampagne = fürstliche Anstellungsbedingungen?
Ganz so königlich wie der Werbepate aus England werden die neuen Tramchauffeure für ihre Führungs- und Repräsentationspflichten nicht entschädigt. Für die goldene Kutsche oder den Staatsbentley reichts nicht. Aber mit einem durchschnittlichen Einstiegsgehalt von rund 5000 Franken (brutto) stehen die neuen VBZ-Kollegen im Branchenvergleich ganz ordentlich da. Alter, Dienstjahre, Erfahrung, Schichtzulagen etc. lassen diese Zahl kontinuierlich bis maximal 6700 Franken steigen. Die VBZ-Vergütungs-Systeme sind transparent und können über den Internetauftritt des Unternehmens abgefragt werden. Und wie man aus älteren VBZ-Kampagnen weiss, braucht ohnehin kein eigenes Auto, wer wie die Zürcher ein solch dichtes und eng getaktetes ÖV-Angebot nutzen kann – als Angestellter gar gratis. Den vollen Lohn beziehen die neuen VBZler ab dem ersten Tag, also schon während der Ausbildung. (sr)
buckmannbloggt. Link auf den HR-Blog von VBZ-Personalchef Jörg Buckmann