«Wir haben einen Weg gewählt, der viel Freiheit, aber auch Controlling zulässt»
Stempeluhr, moderne Zeiterfassungslösung, Vertrauensarbeitszeit: Das Berner Bildungsunternehmen WKS KV Bildung hat alle drei Varianten probiert. Urs Hafner, Leiter Human Resources, erzählt, was am besten funktioniert.
Urs Hafner
«2005 kamen mit unserem neuen Direktor die Vision und der Auftrag, unsere Schule zum Bildungsunternehmen zu wandeln. Dazu gehörte auch, das strikte Stempeln abzulösen, im Sinne einer Modernisierung, einer Öffnung.
2007 führten wir die Vertrauensarbeitszeit ein. Die Umwandlung bewirkte Unsicherheit unter den Mitarbeitern. Es kam zur individuellen Handhabung: Manche erfassten gar nichts mehr, andere schrieben ihre Arbeitszeit auf, auf Papier oder in einer Excelliste. Manche taten dies nur zur eigenen Kontrolle, andere legten die Zeiterfassung ihren Vorgesetzten zur Unterschrift vor. Doch nicht alle Vorgesetzten behandelten die eingereichten Papiere gleich.
Das war nicht in unserem Sinn, wir wollten Gleichbehandlung und beschlossen daher, dass es gewisse Leitplanken braucht. Deshalb haben wir Anfang 2012 das System Real Time Management eingeführt. Dies verlief unproblematisch. In den ersten zwei Monaten gab es zwar viele Fragen, besonders von jenen mit Teilzeitpensen, aber inzwischen kommen kaum noch Rückmeldungen.
Zurzeit erfassen 73 Personen ihre Arbeitszeit in diesem System: die Verwaltung, das Reinigungspersonal, ein Teil des Kaders – für die Abteilungsleitenden ist die Erfassung freiwillig. Die Mitarbeiter können wählen, wie sie ihre Zeit erfassen, ob sie stempeln oder abends – oder auch am Ende der Woche – ihre Stunden als Mengenangabe ins System eingeben.
Die verantwortlichen Kader müssen sich einmal monatlich die Arbeitszeitsaldi anschauen und den Monat abschliessen. Häuft sich bei einer Person Mehrarbeit, so gibt das System eine Warnmeldung aus, und dann findet zwingend ein Gespräch statt.
Uns ist heute bewusst, dass sich, wenn man das Stempeln abschafft, nicht einfach alles von einem Tag auf den anderen von selbst reguliert. Dafür braucht es eine gewisse Zeit. Vielleicht werden wir eines Tages die Vertrauensarbeitszeit einführen können, aber momentan sind wir mit der neuen Lösung sehr zufrieden.
Die Frage ist letztlich, wie viel Freiheit wir uns leisten wollen und können. Wir haben einen Weg gewählt, der viel Freiheit, aber auch Controlling zulässt. Und damit eine positive Führung: Vorgesetzte müssen eingreifen, wenn jemand zu viel arbeitet. Deshalb können die Mitarbeiter darauf vertrauen, dass man sich um sie kümmert und sie bei zu viel Arbeit unterstützt werden.»
Artikel zum Thema: Arbeitszeiterfassung: Völlig
überholt oder nötiger denn je?