Zehn Thesen zur Zukunft der Arbeitgeberkommunikation
Schon lange ist Employer Branding ein viel diskutierter Begriff. Für alle Arbeitgeber gilt es heute, eine starke Arbeitgebermarke aufzubauen, um für Talente attraktiv zu sein. Ein Schlüssel dafür liegt in der Glaubwürdigkeit der Kommunikation. 10 provokative Thesen zur Arbeitgeberkommunikation der Zukunft.
Wer ein gutes Employer Branding hat, überstrahlt die Konkurrenz und geht im «War for Talents» als Sieger hervor. (Bild: iStockphoto)
Eine Employer-Branding-Studie der Generalisten-Jobbörse StepStone fand heraus, dass 64 Prozent aller potentiellen Kandidaten, die dem Arbeitsmarkt aktiv oder passiv zur Verfügung stehen, vor allem Presseartikel für besonders glaubwürdige Quellen halten, wenn sie sich über einen neuen Arbeitgeber informieren – lediglich das persönliche, private Netzwerk hat einen noch grösseren Vertrauensvorsprung (80 Prozent). Interessant ist allerdings, dass nur drei Prozent der Unternehmen ihre PR-Abteilung in ihre Employer Branding-Strategie einbeziehen – ein krasses Missverhältnis, das zeigt, dass die Arbeitgeberkommunikation in Zeiten des drängenden Fachkräftemangels immer noch am Anfang steht. Höchste Zeit für eine Provokation.
1. Social Media hat der traditionellen Personalwerbung den Rest gegeben
In den neuen Medien geht es wie in der Pressearbeit darum, Aufmerksamkeitshürden zu überwinden. Sämtliche Behauptungen sind zudem überprüfbar geworden. Vor diesem Hintergrund ist ein neuer Stil gefragt, der stärker PR-Methoden als «Werbung» verlangt. Social Media hat zu einer Aufwertung von Texten in der Arbeitgeber-Kommunikation geführt. Der Kampf um die Talente wird nicht in dem einmal im Jahr produzierten Kino-Spot gewonnen, sondern in der alltäglichen Kommunikation mit Tweets (=Text), Facebook-Postings (=Text), Anzeigentexten (=Text), in der Bewerberkommunikation (=Text) sowie den Unterrubriken auf der Karrierewebsite (=Text).
2. In der Arbeitgeberkommunikation der Zukunft zählt nicht die Botschaft, sondern die Geschichte hinter der Botschaft
Mit Authentizität kann im Social Media-Zeitalter nicht das verwackelte Recruitingvideo eines grossen Konzerns gemeint sein, sondern Glaubwürdigkeit und Substanz im Angebot von Arbeitgebern. Die Botschaft ist das, was sich im Kopf der Bewerber bildet, nachdem sie sich mit Geschichten und Fakten zum Unternehmen auseinandergesetzt haben – in Form von Videos, Bildern und Texten. Die Verantwortlichen brauchen dazu immer mehr auch operative Text- und PR- Kompetenz. Das wichtigste Übungsfeld für den notwendigen «neuen Stil» ist die Pressearbeit zu Arbeitgeberthemen.
3. Das Employer Branding geht derzeit noch auf einem Bein
In der Produktkommunikation ist eine integrierte Strategie üblich, die werbliche Massnahmen mit denen der PR verknüpft. Die Kommunikation der meisten Arbeitgeber geht hier seit Jahren auf einem Bein. Employer-PR im Sinne von Pressearbeit findet in Form eines reaktiven Anfragemanagements statt und wird von den meisten journalistischen Abnehmern als deutlich unprofessioneller wahrgenommen als die sonstige Unternehmens-PR.
4. HR braucht mehr PR
Die Employer Branding-Verantwortlichen kommen in der Regel nicht aus der Kommunikation und fremdeln häufig mit PR-Strategien und Methoden. Arbeitgeber-Kommunikation ist für die meisten Unternehmen noch «Werbung», egal, ob diese in Hochschulbroschüren, auf der Karrierewebsite, auf Facebook oder in der Pressearbeit stattfindet. Eine effektive Arbeitgeberkommunikation braucht mehr PR-Kompetenz – auch in den Personalabteilungen. PR kann den entscheidenden Beitrag leisten, eine Arbeitgebermarke einerseits langfristig aufzubauen und andererseits sie auch glaubwürdig zu transportieren. Die Unternehmen, die das als erste erkennen, werden den «War for Talents» gewinnen.
5. Nur als Joint Venture funktioniert Employer-PR
Employer-PR ist nur als langfristig angelegtes Gemeinschaftsprojekt von Unternehmenskommunikation und HR denkbar. Dazu braucht es einen ernsthaften gemeinsamen Willen, zwischen den Abteilungen abgestimmte Prozesse und Routinen sowie ausreichende Ressourcen in beiden Abteilungen. Wenn der Zugang zu Talenten tatsächlich eine vitale Frage für Unternehmen ist, muss Employer-PR zum Unternehmensprozess und zur Kompetenz im Unternehmen werden. Auf Arbeitswelt-Themen spezialisierte PR-Berater können Anschubhilfe leisten und begleiten. PR-Agenturen, die einmal im Jahr Arbeitgeberthemen neben Etats für Haarwaschmittel und Fitnessjoghurts betreuen, sind als «dauerhafte Krücke» nicht geeignet.
6. Eine aktive Employer-PR-Strategie entsteht im Dialog mit den «Produktgestaltern» von Arbeitgeber-Angeboten im Unternehmen
Kommunikatoren können dabei als wichtige Schnittstellen nach «Draussen» fungieren und kontinuierlich Feedback dazu fördern, inwieweit diese Angebote tatsächlich marktgerecht sind – oder als Leuchtfeuer der Arbeitgebermarke dienen können. Gute Employer-PR ist das beste Trendmanagement für Arbeitgeber.
7. Arbeitgebermarken haben ein Nachhaltigkeitsproblem
Vielen Unternehmen fehlt der Mut, die eigene Arbeitgebermarke mit den langfristig angelegten Leitlinien der Unternehmenskommunikation zu verbinden. Der Grund: Dafür müsste auch die Arbeitgebermarke unwiderruflich positioniert sein und langfristig glaubwürdig realisiert werden. Social Media-Kanäle wie Facebook oder Twitter werden dagegen als Kanäle wahrgenommen, auf denen man ein plakatives Bild einer Arbeitgebermarke weniger mit Inhalten füllen muss. Da scheint der kurzfristige Erfolg wichtiger als der viel mühsamere Prozess des Markenaufbaus.
8. Kurzfristiger Recruiting-Erfolg ist immer noch wichtiger als die DNA der Arbeitgebermarke
Die klassischen Ziele eines Recruiters, der von den Fachabteilungen daran gemessen wird, wie viele gute Kandidaten er wie schnell in das Unternehmen bringt, stehen völlig konträr zum langfristig angelegten Ziel des Unternehmenskommunikationsspezialisten, der schrittweise am Image seines Unternehmens arbeitet. HR-Manager, Geschäftsführung und Fachabteilung müssen also verstehen, dass sich auch ihre Arbeitgebermarke langfristig aufbaut und nicht von heute auf morgen, indem man dem Kandidaten erzählt, was dieser hören möchte.
9. Employer Branding hat ein Glaubwürdigkeitsproblem
Die eingangs genannte Studie kommt zu dem Ergebnis, dass acht von zehn Mitarbeitern finden, dass das kommunizierte Image ihres Arbeitgebers nichts mit der Realität zu tun hat. Der typische und mittlerweile nicht mehr sehr kreative Ansatz in einer Mitarbeiter-Broschüre die eigenen Mitarbeiter zum Botschafter der Arbeitgebermarke zu machen, hinkt also gewaltig. Rappende Azubis lösen das Glaubwürdigkeitsproblem nicht. Die Arbeitgebermarke muss von innen wachsen – dazu muss sie aber zunächst erlebbar sein. Die notwendige interne Kommunikation zu den eigenen Mitarbeitern kann also auch erst starten, wenn alle Unternehmenskräfte die eigene Marke authentisch aufgebaut haben.
10. Employer Branding ist oft ein autonomer Kommunikationsansatz im Unternehmen
Dass sich die Arbeitgebermarke in der Unternehmensmarke wieder finden muss, ist bekannt. Wer beim Employer Branding allerdings meist aussen vor gelassen wird, ist die Abteilung für Unternehmenskommunikation (Pressestelle). Die Employer Branding-Verantwortlichen haben ihre Unternehmenskommunikatoren schlicht und einfach nicht auf dem Schirm. Umgekehrt fehlt den PR-Leuten im Unternehmen das Interesse. Das ist aus der Sicht eines ganzheitlichen Managements des Unternehmensimages fahrlässig. Mitarbeiter sind wichtige Imageträger des Unternehmens, Arbeitgeberaspekte entscheiden über das Gesamtimage mit. PR-Leute sind deshalb in der Pflicht, auf die Employer-Branding-Verantwortlichen im Unternehmen zuzugehen.
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