«Women Back to Business», Teil 4 von 4

Zum 55. Geburtstag einen neuen Job

Das HSG-Programm «Women Back to Business» richtet sich an Akademikerinnen, die nach einer Familienpause wieder ins Berufsleben einsteigen oder sich beruflich neu orientieren möchten. In loser Serie stellt HR Today vier Frauen vor, die ihr Leben umgekrempelt haben. Heute: Catherine Ochsenbein, Parlamentsführerin im Bundeshaus.

Mit 50 hatte Catherine Ochsenbein das Bedürfnis, etwas Neues anzupacken. Ihre Kinder, heute 26 und 28 Jahre alt, waren ausgeflogen, die Zeit reif. Seit der Geburt ihrer zwei Kinder hatte die Biologin wissenschaftliche Artikel, Beipackzettel und andere Texte übersetzt und sprang an Kantonsschulen als Stellvertretung für die Fächer Biologie und Französisch ein. Drei Sprachen, englisch, französisch und deutsch, spricht die gebürtige Walliserin fliessend, später lernte sie noch italienisch dazu.



Catherine Ochsenbein begann, sich für verschiedene Ausbildungen, insbesondere Nachdiplomstudien, zu interessieren. Doch sie landete immer auf der Warteliste. Auch zahlreiche Bewerbungen schrieb sie, erfolglos. «Ich war langsam verzweifelt», gesteht sie im Café Eichenberger, einem kleinen Café gleich neben dem Bundeshaus in Bern.

 Da stiess sie auf das Inserat der HSG für das Weiterbildungsprogramm «Women Back to Business». «Entweder jetzt oder nicht mehr», dachte sich Catherine Ochsenbein und meldete sich für den Kurs an - obwohl im Inserat stand, dass sich das Programm an Frauen zwischen 28 und 45 richtete. Und sie war schon über 50. Das sollte aber kein Problem sein, wie sich herausstellte, und Catherine Ochsenbein konnte 2008 als Älteste den ersten «Women Back to Business»-Kurs besuchen.



Im Rahmen des Kurses absolvierte sie ein Praktikum bei Swiss Re Zürich. Und zwar musste sie ein Schulungsprojekt für die Mitarbeiter erstellen zum Thema Umweltschutz und Klimawandel. Das Projekt gab ihr Selbstvertrauen, denn sie konnte alle ihre Kompetenzen einsetzen: Ihre Sprachkenntnisse (die Online-Schulung war auf Englisch), ihren naturwissenschaftlichen Hintergrund, ihre didaktischen Kenntnisse vom Unterrichten sowie ihre Kreativität.



Catherine Ochsenbein setzte sich zum Ziel, noch vor Kursende einen Job zu finden und gab sich bis Weihnachten 2009 Zeit dafür. Beim Bewerben merkte sie: Das Alter war ein Hindernis. Zu ihrem aktuellen Job kam sie dann eigentlich per Zufall: Sie traf  eine Kollegin, die ihr von ihrem neuen Job als als Führerin in einem Museum erzählte. Kurz danach sah sie, dass beim Bund eine Stelle als Parlamentsführerin ausgeschrieben war. Sprachen und didaktische Kenntnisse waren gefordert.

Auch wenn die Stelle auf den ersten Blick nicht ganz das war, was sich Catherine Ochsenbein vorgestellt hatte, bewarb sie sich trotzdem - und erhielt prompt eine Zusage. Im November 2009. «Am 1. März konnte ich anfangen, und am 3. März wurde ich 55. Das war mein Geburtstagsgeschenk», sagt sie lächelnd.



«Women Back to Business»

Der erste WBB-Kurs startete im September 2008 und wurde im Sommer 2009 abgeschlossen. «Drei Viertel der Frauen finden nach dem Kurs einen Job», sagt Gudrun Sander, Programmverantwortliche des Zertifikatskurses «Women Back to Business» und Direktorin für Diversity und Management Programme der Executive School of Management, Technology and Law an der HSG. Je weiter der Kurs zurückliege, desto höher sei die Wiederbeschäftigung. «Die Rückkehr benötigt Zeit, da sich Lebensmodelle nicht so schnell verändern lassen und die Frauen diese zusammen mit ihren Partnern und mit deren Unterstützung  ändern müssen.» 91 Prozent der Frauen, die den ersten Jahrgang besuchten, haben inzwischen einen Job.

Heute macht sie im Schnitt drei Führungen pro Tag, führt von Kindern über Behinderte bis zu ausländischen Delegationen die unterschiedlichsten Menschen durch das Bundeshaus. Zum 70-Prozent-Pensum gehört aber auch Organisatorisches und Administratives sowie Projektarbeit – es gestaltet sich dadurch komplex und anspruchsvoll. «Der Job ist um einiges vielseitiger als ich erwartet hatte», meint Catherine Ochsenbein.



In älteren Mitarbeitern sieht die 57-Jährige nur Vorteile: «Wir sind engagiert und flexibel, die Kinder flügge, zudem können gemischte Teams voneinander profitieren.» Eine Frauenquote auf Führungsstufe hingegen findet sie weniger sinnvoll. «Ich weiss nicht, ob es etwas bringt, wenn man Frauen um jeden Preis hochhieven will.» Vielmehr sollte es einfach normal werden, Frauen jeden Alters zu fördern.






 

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