Checkliste

Beweisen Sie Ihren Erfolg! – Controlling im HR-Marketing und Recruiting

«What you can’t measure, you can’t manage.» Nach diesem Prinzip funktionieren die meisten Führungspersonen. Wer als Gesprächspartner ernst genommen werden will, muss seine Zahlen im Griff haben. Sie sind anderer Meinung? Dann werden Sie langfristig als Verlierer vom Platz gehen.

Was heisst «seine Zahlen im Griff haben»? Erfolgreiches Controlling heisst, vorhandene Zahlen zu interpretieren, sich eine Meinung zu bilden und diese anschliessend zu vertreten. Damit machen Sie sich zum Co-Piloten der Unternehmensführung. Es geht eigentlich ganz einfach, wie beim Spaghetti kochen: Pasta wägen, rein ins kochende Wasser, nach wenigen Minuten rausnehmen, servieren und essen. War die Menge ausreichend? War die Kochzeit genügend lang? Controlling funktioniert gleich.

Hier die schlechte Nachricht: «HR Controlling» wird in Zukunft noch wichtiger, wie Silvan Winkler in der Trendstudie des Marktforschungsunternehmens GfK Schweiz aufgezeigt hat. Denn mit der fortschreitenden Digitalisierung werden immer mehr Daten permanent erfasst und gespeichert. Diese Daten in Informationen umzuwandeln und zu interpretieren, ist Controlling. Datenanalyse wird also ganz klar auch im HR-Marketing und Recruiting an Einfluss und Wichtigkeit zunehmen. Gut beraten sind also diejenigen, welches sich frühzeitig auf die neue Realität einstellen.

Entscheidend: das Verhältnis Ertrag zu Aufwand

Vermutlich kennen Sie die Situation bereits aus Ihrem beruflichen Alltag. Wenn Sie die Erfolgsaussichten für die Finanzierung eines Projekts maximieren möchten, dann müssen Sie zwei Fragen beantworten können.

  1. Was kostet es?
  2. Was nützt es?

Ihr CFO oder die Person mit der Budgetverantwortung ist nämlich primär am ROI, dem Return on Investment interessiert.

ROI grob zusammengefasst

«Was kostet es?» ist der Aufwand. Dazu zählen die «direkten Kosten», wie zum Beispiel Teilnahmegebühren für eine Absolventenmesse, sowie die «indirekten Kosten». Indirekte Kosten können nur über Schlüsselgrössen zugeordnet werden wie zum Beispiel die Anzahl Stunden, welche Sie für die Umsetzung an einer Absolventenmesse benötigen. «Was nützt es?», also der Ertrag, ist – nach der landläufigen Meinung – im HR-Marketing und Recruiting einfach zu definieren und zu messen: Die Anzahl Rekrutierungen. Halt! Diese Meinung zum Ertrag greift zu kurz. Jeder Rekrutierung geht eine Ereigniskette voraus und jede Rekrutierung folgt dem Prinzip von Ursache und Wirkung. Obwohl zusammenhängend, können die einzelnen Ereignisse innerhalb dieser Kette separat voneinander gesteuert und auf Ihren Ertrag geprüft werden. Diese Abfolge von Ereignissen wird auch als Candidate Journey bezeichnet.

Plakativ formuliert erfolgt der Abschluss einer Rekrutierung im Moment der Unterschrift der Bewerberin. Dies basierend auf dem unterschriftsbereiten Vertrag, den vorher durchlaufenen Interviews, der ursprünglichen Stellenausschreibung – und ganz zu Beginn sogar aufgrund der Bekanntheit der Arbeitsregion. Die Ereigniskette beginnt also früh.

Das Geheimnis von Touchpoints und Umwandlungsraten

Als konkretes Beispiel nehmen wir ein Unternehmen aus der Region Bern, das Software Entwickler benötigt und deshalb an der Absolventenmesse Bern teilnimmt. Um Erfolg zu haben, muss das Unternehmen zuerst einmal Touchpoints – die Berührungspunkte zwischen Potentiellen Mitarbeitenden und dem Unternehmen – generieren. Diese lassen sich aufteilen in vor, während und nach der Absolventenmesse.

Vor der Absolventenmesse wirbt der Organisator mit Hilfe der Logos und -namen der teilnehmenden Unternehmen und dem Rahmenprogramm um einen Besuch der Zielgruppe. Insgesamt entstehen so rund 700‘000 Touchpoints. Dabei kommt jede Person in der Zielgruppe durchschnittlich 10 bis 15 Mal in Kontakt mit dem Unternehmenslogo. Mittels dieser Wiederholungen entsteht eine Basis für den Entscheidungsprozess «Ich nehme teil» oder «Ich nehme nicht teil». Als Erfolgscontrolling eignet sich deshalb der prozentuale Anteil der Anmeldungen auf Basis der definierten Zielgruppengrösse besser als die quantitative Anzahl der Teilnehmenden. Sprich, sind 10, 50 oder 90 Prozent «gut»?

Während der Absolventenmesse entscheidet die Zielgruppe mit Hilfe der vom Organisator zur Verfügung gestellten Instrumente – wie Messeplan, Unternehmensmatrizen pro Studienrichtung, Branche oder Region –, mit welchen Unternehmen ein Kontakt entsteht. Durch das persönliche Gespräch kann geklärt werden, ob gegenseitiges Interesse besteht. Wichtig: Bei gegenseitigem Interesse entsteht ein sogenannter Lead – dazu gehört, dass die Kontaktdaten für die weitere Kontaktpflege bis zur möglichen Umwandlung in einen Vertragsabschluss notiert werden. Damit sind wir bei den nächsten zwei Umwandlungsraten angelangt.

  1. Anzahl StandbesucherInnen aus der Zielgruppe vor Ort
  2. Anzahl generierter Leads aus der Anzahl StandbesucherInnen

Nach der Absolventenmesse gilt es, die erarbeiteten Leads, also die geknüpften Kontakte, in eine Rekrutierung umzuwandeln. Allenfalls kann zuerst als eleganter Zwischenschritt ein Besuch – eine «Degustation» – im Unternehmen angeboten werden. Zur finalen Umwandlung der Leads gehört dann aber zwingend, dass die Leads über die passenden offenen Stellen informieren werden und dies möglichst zeitgerecht. Aufgrund dieser Kommunikation «es ist etwas offen» entsteht erst die Möglichkeit zur Bewerbung durch die Leads mit der drauf folgenden Selektion der BewerberInnen für die Interview-Runden durch das Unternehmen und zu guter Letzt der Vertragsabschluss zwischen beiden Parteien.

Matchentscheidend für End-to-End-Erfolgscontrolling ist die Verwendung von erarbeiteten Leads. Erst daraus entsteht eine stringente Ereigniskette vom Ausgangspunkt mit rund 230‘000 aktiven Studierenden zur erfolgreichen Rekrutierung.

Achtung Denkfehler!

Erstens: HR-Marketing und Recruiting bedingen sich gegenseitig. Die einzelnen Elemente sind miteinander verknüpft, und der Erfolg kann gemessen werden. Kontakte an einer Absolventenmesse dienen der Generierung von Leads mit anschliessendem Follow-up. Eine Mail nach einer Absolventenmesse zum Zeitpunkt der offenen Stelle mit dem Link auf das Stellenportal reicht oftmals bereits zur Weiterführung der Ereigniskette und damit zur Erhöhung des Umwandlungssatzes.

Zweitens: Vermeiden Sie beim Einholen von Feedback den «Nikolaus Effekt». Auf die Frage «Warum haben Sie sich bei uns beworben?» werden Sie das letzte Ereignis als Antwort erhalten «Wegen der Stellenanzeige». Ziehen Sie keine falschen Schlüsse. Rufen Sie sich die Ereigniskette in Erinnerung. Die Antwort liegt wahrscheinlich viel früher im Prozess, als das Unternehmen als Arbeitgeberin schmackhaft gemacht wurde.

Drittens: Eine grosse Gefahr liegt im Gebrauch falscher Vergleichszahlen. Der Aufwand für HR-Marketing und Recruiting zur Besetzung einer Position als EntwicklungsingenieurIn in einer ländlichen Gegend ist mit grosser Wahrscheinlichkeit massiv höher als in einem Ballungsraum im Mittelland. Ganz einfach, weil die Anzahl potentieller KandidatInnen höher ist.

7-Punkte-Plan als Praxistipp

  1. Teilen Sie den End-to-End-Prozess in Schritte auf (über die eigene Abteilung hinaus).
  2. Fragen Sie externe Anbieter nach Zahlen und Daten als Zielgrössen.
  3. Definieren Sie die Ausgangsgrössen für Ihre Zielgruppe.
  4. Setzen Sie sich realistische Ziele für Anstellungs- und Umwandlungsraten.
  5. Ergänzen Sie nach den umgesetzten Massnahmen ihre Controlling-Tabelle.
  6. Besprechen Sie die Resultate im Team und definieren Sie Verbesserungspunkte.
  7. Feiern Sie die Erfolge.

 

 

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Werner Gygax, BSc ZHAW / MAS FHNW / Organisationsberater und Coach BSO, ist Project Manager (PMP) bei der together ag. Er unterstützt Unternehmen bei der Erarbeitung und Umsetzung der Strategie im HR-Marketing und Recruiting an Hochschulen.

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Dr. Adrian Fischer, Dipl. Ing. ETH, ist Geschäftsführer und Inhaber der 
together ag. Er ist für das Key Account 
Management verantwortlich und damit für die Betreuung von rund 300 Kunden.

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