HR Today 4/23: Sozialversicherungen

Arbeitsplatzerhalt durch Hilfsmittel der IV

Jeder Mensch hat im Verlauf seines Lebens mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen. In manchen Fällen kann sie die Erwerbsfähigkeit gefährden. Um das zu verhindern, sieht die IV verschiedene Massnahmen vor. Damit hilft sie nicht nur den Betroffenen, sondern unterstützt auch Arbeitgebende, gut ausgebildetes Personal zu behalten.

Invalide oder von Invalidität bedrohte Personen haben Anspruch auf Eingliederungsmassnahmen der IV, unter anderem auf Hilfsmittel (Art. 8 Abs. 3 lit. d IVG). In einer vom Bundesrat erstellten Liste (Anhang HVI, SR 831.232.51) besteht Anspruch auf Hilfsmittel, die Betroffene für die Ausübung ihrer Erwerbstätigkeit benötigen, um diese zu erhalten oder zu verbessern, sowie für Schulungen, Aus- und Weiterbildungen (Art. 21 Abs. 1 IVG). Ein Anspruch besteht jedoch nur auf Hilfsmittel in einfacher, zweckmässiger und wirtschaftlicher Ausführung und erstreckt sich auf invaliditätsbedingtes notwendiges Zubehör sowie invaliditätsbedingte Anpassungen (Art. 2 Abs. 3 HVI). Gewährleistet werden gewisse Hilfsmittel zudem nur im Zusammenhang mit der Ausübung einer Erwerbstätigkeit oder der damit zusammenhängenden Aufgaben sowie für Schulungen, Ausbildungen oder eine funktionelle Angewöhnung (Art. 2 Abs. 2 HVI).

Die Hilfsmittelliste ist insoweit abschliessend, weil sie die infrage kommenden Kategorien aufzählt. Dagegen ist bei jeder Hilfsmittelkategorie zu prüfen, ob die Aufzählung der einzelnen Hilfsmittel ebenfalls abschliessend oder bloss beispielhaft ist (BGE 105 V 23 E. 1; Urteil 9C_573/2016 des Bundesgerichts vom 20. Februar 2017, E. 6.3.1).

Hilfsmittel, die nur im Zusammenhang mit der Ausübung einer Erwerbstätigkeit oder der damit zusammenhängenden Aufgaben abgegeben werden (siehe Anhang der HVI):

  • Orthopädische Schuheinlagen (nach Fussoperation, sofern auf diese Operation ein IV-Anspruch bestand)
  • Brillen und Kontaktlinsen (nach Augenoperation, sofern auf diese Operation ein IV-Anspruch bestand)
  • Zahnprothesen (sofern sie eine wesentliche Ergänzung medizinischer Eingliederungsmassnahmen darstellen)
  • Motorfahrzeuge und Invalidenfahrzeuge (zwei- bis vierrädrige Motorfahrräder, Kleinmotorräder und Motorräder, Automobile)
  • Abspielgeräte für Tonträger
  • invaliditätsbedingte Arbeits- und Haushaltsgeräte sowie der Behinderung angepasste Sitz-, Liege- und Stehvorrichtungen und Arbeitsflächen
  • bauliche Änderungen am Arbeitsplatz und zur Ermöglichung der selbständigen Haushaltsführung

Amortisationsbeiträge für Motor- und Invalidenfahrzeuge werden nur vergütet, wenn Betroffene im Sinne der IV eine existenzsichernde Erwerbstätigkeit ausüben. Das liegt vor, wenn das Bruttoeinkommen mindestens das Mittel zwischen Minimum und Maximum einer einfachen ordentlichen Rente erreicht (Merkblatt der AHV/IV, 4.03 Leistungen der IV, Hilfsmittel der IV, Stand 1. Juli 2020).

Die IV übernimmt nicht nur die Kosten für klassische Hilfsmittel der Betroffenen wie Hörgeräte, Rollstühle oder Blindenstöcke, sondern auch jene für das Gebrauchstraining sowie die Reparaturkosten. Hinzu kommen Kosten für eine invaliditätsbedingte bauliche Veränderung des Arbeitsplatzes oder für Hilfsmittel wie Hebebühnen oder Treppen, die den Zugang zum Arbeitsplatz erst ermöglichen. Einrichtungen im und um den Arbeitsbereich werden dagegen nur gewährt, wenn die Arbeitgeberin versichert, dass die versicherte Person über eine längere Zeit bei ihr in Stellung bleiben kann.

Dienstleistungen Dritter

Nicht alle durch die gesundheitliche Beeinträchtigung bedingten Barrieren können mit Hilfsmitteln beseitigt werden. In manchen Fällen bedarf es zusätzlicher Hilfeleistungen durch Personen, die als invaliditätsbedingte Kosten vergütet werden. Gemäss Art. 9 HVI ist das der Fall, wenn Betroffene Dienstleistungen Dritter benötigen, die anstelle eines Hilfsmittels notwendig sind, um den Arbeitsweg zu bewältigen, den Beruf auszuüben, besondere Fähigkeiten zu erwerben sowie den Kontakt zur Umwelt aufrechtzuerhalten. Beispielsweise dafür: den Transport zum Arbeitsplatz, die Begleitung einer Person mit einer Sehbehinderung oder einen Gebärdensprachdolmetscher. Die monatliche Vergütung darf aber weder den Betrag des monatlichen Erwerbseinkommens der versicherten Person noch den anderthalbfachen Mindestbetrag der ordentlichen Altersrente übersteigen.

Arbeitsplatzerhalt

Mit dem Hilfsmittelanspruch der IV können Arbeitsplätze erhalten werden und Arbeitgebende ihre von Invalidität bedrohten Angestellten weiter beschäftigen. In Zeiten des Fachkräftemangels dient die IV-Unterstützung nicht nur den Betroffenen, sondern auch den Arbeitgebenden, gut ausgebildetes Personal zu behalten.

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Dr. iur. Martina Filippo, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Zentrum für Sozialrecht der ZHAW und Studiengangleiterin des CAS Sozialversicherungsrecht für die Unternehmenspraxis.

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