Checkliste

Top-down-Liebe

An Weihnachtsfeiern und Personalausflügen geht es zunehmend locker und kameradschaftlich zu. Niemand wundert's, wenn Amors Pfeil zwei Mitarbeitende trifft. Was aber, wenn es Liebe auf Kader- und Mitarbeiterstufe ist? Unsere Checkliste zeigt, wie Geschäftsleitung und HR-Verantwortliche damit umgehen können, wenn es im Büro «knistert».

Der Arbeitsplatz scheint immer noch die Kontaktbörse Nummer 1 zu sein – dicht gefolgt vom Kennenlernen über die Internetplattformen und Freizeitaktivitäten. Die Schweizer Autorin Karin Ammann («Gelegenheit macht Liebe – wenn‘s im Büro knistert») schätzt sogar, dass 60 Prozent aller Liebeleien am Arbeitsplatz beginnen. Auch die Forsa-Studie für den deutschsprachigen Raum im Auftrag von Xing (2013) bestätigt, dass knapp ein Fünftel der Büropaare bestehende Beziehungen zugunsten der Büroliebe aufgeben.

Aber was ist, wenn die Liebenden auf unterschiedlichen Hierarchiestufen des Unternehmens sind? Wenn es den Leiter Verkauf und die Sachbearbeiterin Verkaufsinnendienst trifft? So weit hergeholt ist das nicht: Schliesslich kommt man sich durch wochenlange Überstunden und intensive Projekte näher, verbringt viel Zeit miteinander und lernt sich auch persönlich kennen.

Risiken der «Top-down-Liebe»

Mitarbeitende des Teams können mit der neuen Situation oftmals schwer umgehen. Sie spekulieren und interpretieren. Folge: die Produktivität und Effizienz leidet.

Fragestellungen in den Köpfen der Mitarbeitenden

Hat sie oder er einen Informationsvorsprung? Meldet sie oder er Interna weiter? Und wird ihr oder ihm nun das begehrte Projekt vergeben? Ist sie oder er Beeinflusserin der Führungsperson? Hat sie oder er eine Sonderstellung? Und wie wird das Mitarbeitergespräch zwischen dem Liebespaar geführt?

Beziehungsstreit

Wenns im Büro «knistert», wird auch der private Streit nicht zuhause belassen, sondern in die Firma gebracht. Schlimmstenfalls wird er subtil vor hellhörigen Mitarbeitenden ausgetragen. Es droht Ausgrenzung des Liebespaares, bewusste Distanzierung und eine vorsichtige Kommunikationskultur. Der Teamgeist wird Vergangenheit und das Miteinander wird zum Nebeneinander.

Beziehungsaus 

Wenn eine «Top-down-Liebesbeziehung» auseinandergeht, haben Emotionen wie Eifersucht in der Geschäftswelt keinen Platz. Professioneller Umgang ist gefragt. Der beinhaltet auch die Ausstellung eines neutralen Zeugnisses. Und oftmals muss innerhalb kürzester Zeit die rangniedrigere Person das Unternehmen verlassen.

Massnahmen

Im Umgang mit «Top-down-Liebe» tut sich die Geschäftsleitung oft schwer und mischt sich ungern ein, solange die Beziehung bloss unauffällig verläuft. Eskaliert es, wird die betroffene Kaderperson zu einem 4-Augen-Gespräch eingeladen – oft ohne Beisein des HR. Man vereinbart Spielregeln, stillschweigende Duldung oder fordert Gegenleistungen wie die Übernahme eines ungeliebten Projekts – soviel zum ungünstigen Fall. Doch wie gehen Geschäftsleitung und HR idealerweise mit hierarchieübergreifenden Beziehungen um? 

Korrektive Massnahmen

Grosse Firmen regeln die «Top-down-Liebe» meist mit internen Versetzungsvorschlägen. In einem KMU ist dies oft nicht möglich. Sobald die Geschäftsleitung respektive das HR von der «Top-down-Beziehung» erfährt, sollte das Paar zu einem Gespräch (mit Geschäftsleitung und HR) eingeladen werden. Klare Haltung der Unternehmensführung und Offenheit seitens des Paars sind neben Vertrauen die Grundpfeiler des Gesprächs.

Vorgehensweise im 8-Augen-Gespräch

  1. Klare Absprache der Rollen im Gespräch durch HR und Geschäftsleitung im Vorfeld
  2. Eröffnung, Begrüssung und Erläuterung des Ziel des Gesprächs durch HR und Geschäftsleitung
  3. Situationsschilderung durch das Paar
  4. Verständnis zeigen, klare Ansprache etwaiger Problemstellungen durch HR und Geschäftsleitung
  5. Gemeinsame Vereinbarung von konkreten Spielregeln
  6. Gemeinsame Absprache der Kommunikation und Information sowie Sprachregelung über die Beziehung in der Abteilung bzw. abteilungsübergreifend
  7. Absprache des Umgangs mit Folgeproblemen wie der Führungsrolle und Mitarbeiterrolle durch die Geschäftsleitung
  8. Gemeinsame Vereinbarung eines Folgetermins zur Standortbestimmung
  9. Abschluss durch das HR und die Geschäftsleitung
  10. Protokollierung durch das HR

Je höher der Vorgesetzte der «Top-Down-Liebe» ist, desto heikler ist das Gespräch und umso wichtiger wird die Rolle der Geschäftsleitung.

Fazit

Wir alle wissen, wie zerbrechlich Liebesbeziehungen sind. Heute noch die grosse Liebe – morgen schon eine kurzfristige Verwirrung der Sinne. Was im Privatleben emotionalen Stress bedeutet, kann im Geschäftsleben zusätzlich ein Stolperstein mit grosser Folgewirkung sein. Daher: Ansprechen, Spielregeln aufstellen und dann alles Gute für die Zukunft wünschen. Denn was gibt es schöneres als eine funktionierende Paarbeziehung?

 

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Diana Roth, HRM-Lösungsfinderin, HR-Expertin, Schweizer Fachbuchautorin und HR-Dozentin, konzentriert sich seit 2003 in Coachings/Trainings auf das Thema HRM in KMU. Der Fokus gilt der Unterstützung von Personalfachleuten, die sich zunehmend im Dreieck von Geschäftsleitung, Führungskräften und Mitarbeitenden erfolgreich positionieren müssen.

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