«Tages-Anzeiger»-Forum

Von Rockstars lernen

Was Rockstars mit jungen Fachkräften zu tun haben und wie ein «supergeiler» Alter die Millenials fasziniert: Am diesjährigen «Tagesanzeiger»-Forum vom Dienstag drehte sich alles um die Generation Y.

«Jede Firma sollte wie Rockstars denken!» Mit diesem Statement eröffnet Ståle Økland seine Keynote «Want to Reach from the Young? Learn from Rockstars!». Zwei Jahre lang hat der norwegische Trendforscher acht Bands begleitet, mit ihnen im Tourbus übernachtet und sie hautnah auf der Bühne erlebt. Und untersucht, was die Geschäftswelt von Rockbands lernen kann.

Das Problem der Europäer sei, dass wir «alt, faul und weniger innovativ seien», verglichen etwa mit China oder den USA. «Wenn wir in Zukunft erfolgreich sein wollen, müssen wir härter, länger und smarter arbeiten!» ruft Økland den rund 200 Gästen der Konferenz im Gottlieb Duttweiler Institut in Rüschlikon leidenschaftlich zu. Da man die Leute nicht zwingen könne, härter zu arbeiten, müsse man eine Gesellschaft kreieren, die von sich aus «länger, härter und smarter» arbeiten wolle. «Und da kommen Rockbands ins Spiel.»

Rockstars leben ihren Traum

In der Geschäftswelt wisse jeder ungefähr, wie viele Stunden pro Woche er arbeite. Auf Øklands Frage an die Rockstars, wie viel sie arbeiten würden, konnte jedoch keiner eine Antwort geben. Einer der Musiker sagte: «Wir arbeiten so lange, bis wir gut auf der Bühne sind.» Das mache nur, wer glücklich mit seiner Arbeit ist, betont der Trendforscher, der selber ein bisschen wie ein Rockstar aussieht: Schwarzes Hemd, schwarze Leggins, schwarze Schnürstiefel. Rockbands gehe es nicht darum, Geld zu machen. Sie lebten in erster Linie einfach ihren Traum. Das sei einer der Gründe, warum junge Menschen Rockstars bewundern. Zudem haben Junge – wie Rockstars – Ziele im Leben und wollen Teil eines grossartigen Teams sein. Und drittens sehne sich die junge Generation ebenfalls nach einem Job, der ihnen etwas bedeutet. Sie wünschen sich die gleichen Werte, die sich bei Rockbands finden: Toleranz, Integrität, Qualität, Freundschaft, und harte Arbeit.

Rockbands seien ein Team, das «gemeinsam jagt, gemeinsam gewinnt und gemeinsam verliert», so Økland. «Entweder gewinnen alle, oder niemand gewinnt.» Deswegen bräuchten sie auch keinen Direktor, denn jeder habe seine Rolle und wisse, was er zu tun habe. Entscheidungen werden gemeinsam gefällt, also werden sie auch von allen getragen. Und unmotivierte Band-Mitglieder? Gibt es nicht. «Wer nicht motiviert ist, spielt nicht mehr in der Band.» Die Mitglieder müssen von sich aus motiviert sein, betont Økland in seinem mitreissenden Vortrag. Dieses Prinzip lasse sich auch auf Unternehmen übertragen.

Øklands drei Schlussfolgerungen aus zwei Jahren Feldforschung mit Rockbands: «Transformieren Sie grosse Organisationen in kleinere Geschäftseinheiten.» Denn grosse Unternehmen seien unpersönlich und zu bürokratisch, was keine raschen Entscheidungen ermögliche. Sein zweiter Tipp: «Ändern Sie Ihr Arbeitsmodell.» Junge Leute wollen Flexibilität und Freiheit. Und drittens: «Geben Sie ihren Mitarbeitern etwas, woran sie glauben können!»

Sinn und Identität

Nach dem fulminanten Vortrag des Trendforschers eröffnet «Tages-Anzeiger»-Chefredaktor Res Strehle das Panel mit dem Thema «Generation Y – Wertewandel im Wirtschafts- und Arbeitsleben?». Strehle will von den Teilnehmern wissen, ob das von Økland propagierte Modell allgemein oder nur in der Kreativwirtschaft funktioniere. Für Heike Bruch, Professorin und Direktorin des Instituts für Führung und Personalmanagement der Universität St. Gallen, ist das Modell durchaus praktibel: «Entscheidend ist, dass die Mitarbeiter einen Sinn sehen und sich mit ihrer Arbeit identifizieren.» Sie plädiert gerade in Bezug auf die Generation Y auf eine transformationale statt transaktionale Führung: Mehr die Emotionen und den Sinn in den Vordergrund stellen, als die Arbeit als eine Transaktion zu sehen.

Zudem fordert Heike Bruch, dass Arbeitgeber ein Stück weit die Kontrolle abgeben, ihren Mitarbeitern Freiheiten geben und ihnen vertrauen. «Dafür müssen aber die richtigen Voraussetzungen geschaffen werden, was mit der Unternehmenskultur zusammenhängt.» Auch Christoph Birkholz, Managing Director des Impact Hub Zürich, unterstreicht die Bedeutung der Unternehmenskultur – und der Führungspersonen: Sie müssten die Werte vorleben.

Anspruchsvoll und selbstbewusst

Nach der Kaffeepause startet die nächste Paneldiskussion: Im Gespräch mit Nicolas Bürer, Geschäftsführer des Jugendsenders joiz, Sascha Chaimowicz, Stv. Chefredaktor des Magazins Neon sowie Kerstin Netsch, Redaktionsleiterin von 20 Minuten Friday, will Remo Bitzi, Chefredaktor des Young Swiss Magazine, wissen, was die Generation Y beschäftigt. Sie sei anspruchsvoll und selbstbewusst, aber auch leistungsbereit, so der einhellige Tenor der Jugendmedien-Profis. Die Generation Y fordere ein «Sowohl-als-auch»: Sowohl Karriere als auch Work-Life-Balance etwa. Karriere ja, aber nicht auf Kosten der Freizeit. Sie will Spass an der Arbeit haben und wünscht sich ein gutes Arbeitsklima. Die Generation Y ist unglaublich gut informiert, sehr vernetzt und auf allen Kanälen präsent. Zentral sei die Sinnfrage, so der Tenor der Medienschaffenden. Zudem wolle die Generation Y mitbestimmen, brauche aber auch viel Lob und Wertschätzung.

«Supergeil»

Und was hat es nun mit dem supergeilen Alten auf sich? Vertreter der Generation Y konnten für die Youtube-Session an der Konferenz ihre Lieblingsvideos einschicken; eines davon zeigt einen mehrminütigen Werbespot von Edeka, worin ausgerechnet ein älterer Mann mit Bart und Sonnenbrille «supergeil» singt. Das Video mit dem deutschen Unterhaltungskünstler Friedrich Liechtenstein wurde im Nu viral: Es erhielt bis heute bereits über 14 Millionen Klicks. Zu sehen gibt es den Spot hier.

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