27.02.2018

Berufsbildung: Zürcher Jugendlichen wird Weg zur Berufsmaturität vereinfacht

Immer mehr Jugendliche im Kanton Zürich starten nach der Volksschule direkt ins Berufsleben. Waren es vor zehn Jahren noch 61 Prozent, sind es heute 65 Prozent. Dies zeigt eine Untersuchung der Bildungsdirektion. Mit verschiedenen Massnahmen sollen die Berufsbildung noch weiter gestärkt und die Maturitätsquote erhöht werden.

Zürich (sda). «Das Zürcher Bildungssystem ist eine Erfolgsgeschichte», sagte Bildungsdirektorin Silvia Steiner (CVP) am Dienstag vor den Medien. «Wir dürfen uns aber nicht auf den Lorbeeren ausruhen.» Die Bildungsdirektion untersuchte deshalb in einer breit angelegten Studie, wie sich die Berufsbildung seit 2008 entwickelt hat.

Dieser Bericht zeigt nun etwa, dass heute insgesamt mehr Jugendliche eine Berufsmaturität absolvieren als vor zehn Jahren. Lehrbetriebe stehen dort in Konkurrenz mit den gymnasialen Mittelschulen. «Wir brauchen nicht nur Akademiker, sondern vor allem auch gut ausgebildete Praktiker», sagte Steiner.

Die Talentförderung in diesem Bereich sei deshalb immer wichtiger geworden, betonte auch Niklaus Schatzmann, Chef des Mittelschul- und Berufsbildungsamtes. «Die Doppelbelastung mit einer anspruchsvollen Berufslehre kann junge Menschen aber sehr stark fordern.» Der Kanton will deshalb den Weg zur Berufsmaturität flexibler gestalten.

Einfacher zur Berufsmaturität

Bis jetzt können Jugendliche die Berufsmaturität während der Lehre absolvieren, wobei sie nebenbei den Unterricht sowohl Schuleinheiten an der Berufsfachschule als auch an der Berufsmaturitätsschule besuchen müssen (BM 1). Oder sie machen die Berufsmaturität erst nach Lehrabschluss, wodurch sich ihre Ausbildungszeit jedoch um bis zu zwei Jahre verlängern kann (BM 2).

Die Zahlen zeigen, dass immer mehr Jugendliche den zweiten Weg wählen. «Das ist weder für die Betroffenen noch für die Firmen sehr attraktiv», sagte Schatzmann. Das neue Modell «BM 1 flex» soll nun den Weg zur Berufsmaturität vereinfachen. Schatzmann bezeichnete das Angebot denn auch als «Win-Win-Situation».

Lehre und der Unterricht für die Berufsmaturität müssen nicht zwingend während der vier Jahre gleichzeitig stattfinden. So kann ein Jugendlicher sich etwa zuerst auf den Beruf konzentrieren, weniger Schuleinheiten besuchen und das Fähigkeitszeugnis erwerben und erst danach die Berufsmaturität abschliessen.

«Die Ausbildung erhält einen neuen Zeithorizont», erklärte Schatzmann. Die Schulen können so auch Zwischenlösungen anbieten wie etwa das Anbieten von mehr Blockzeiten. Die Jugendlichen erhalten dadurch die Möglichkeit, sich besser auf die verschiedenen Anforderungen zu konzentrieren.

In verschiedenen Schulen wurde das neue Modell bereits eingeführt, das den Jugendlichen mehr Zeit für die Berufsmaturität einräumt. Gemäss Schatzmann ist dabei aber vor allem auch wichtig, dass man die Wirtschaft mit ins Boot holt. «In vielen Ausbildungsbetrieben fehlt noch ein bisschen die Anerkennung für die Berufsmatur.»

Trotz Leistungsschwäche erfolgreich

Erfreut zeigte sich Bildungsdirektorin Steiner über die Erkenntnis der Untersuchung, dass immer mehr Jugendlichen im Kanton der Einstieg ins Berufsleben gut gelingt. Vor allem leistungsschwächere Schüler schaffen diesen Übergang heute besser, wie der Berufsbildungsbericht zeigt.

Dies liegt auch daran, dass in den letzten Jahren der Fokus der Bemühungen in der Berufsbildung auf deren Integration lag. Vor allem die Einführung der zweijährigen Lehre mit eidgenössischem Berufsattest (EBA) habe sich gut etabliert, sagte Sybille Bayard, stellvertretende Chefin der Bildungsplanung beim Kanton.

Vorwiegend praktisch begabte Jugendliche erhalten damit die Möglichkeit, einen eidgenössisch anerkannten Titel zu erwerben. Mit der Fachkundigen individuellen Begleitung (FiB) und dem Nachteilsausgleich stehen ihnen während der beruflichen Grundbildung weitere Unterstützungsmassnahmen zur Verfügung.

90 Prozent der 25-Jährigen im Kanton verfügen über einen Berufsabschluss. Um diesen Anteil noch zu erhöhen, will die Bildungsdirektion künftig bei den Erwachsenen ansetzen, die noch keinen Berufsabschluss haben. Zudem soll Flüchtlingen mit einer Integrationsvorlehre geholfen werden, in der Arbeitswelt Fuss zu fassen.