Nora Schütte: «Man sollte abwägen, welche Emotionen man wie und in welchem Ausmass zeigt.»
Sie sind genervt vom stressigen Weg zur Arbeit oder beseelt vom tollen Wochenende: Menschen bringen ihre Emotionen jeden Tag mit zur Arbeit. Man kann sie meist nicht einfach abstellen. Viele Studien zeigen zudem, dass Emotionen bedeutsam für die Entscheidungsfindung und Kreativität sein können.
Wie so oft ist aber alles eine Frage des Masses: Die Fähigkeit, die eigenen Emotionen angemessen darzustellen oder auch verbergen zu können, ist ein Teil der sogenannten Emotionalen Intelligenz. Diese impliziert nicht, dass das Zeigen von Emotionen immer schlecht ist – denken Sie an einen Vorgesetzten, der seine Mitarbeiter für ein neues Projekt motivieren und begeistern soll. Wichtig ist, dass ein Mensch anlassbezogen die «richtigen» Emotionen ausstrahlen kann und dies auch glaubwürdig rüberkommt. Natürlich spricht man am Arbeitsplatz auch über Themen, die emotional stark aufgeladen sind.
Hier ist Authentizität angesagt. Es ist wichtig, dass man sich über belastende Ereignisse austauschen kann: Eine Trennung beispielsweise oder ein Trauerfall lösen bei den Zuhörern in der Regel keine negativen Emotionen aus. Man sollte sich aber immer bewusst sein, was man nach aussen ausstrahlt und welche Folgen das haben kann.
Eine starke Emotionalität führt oft dazu, dass man als verletzlich oder überfordert wahrgenommen wird. Das kann mit den Ansprüchen, die an die eigene Rolle gestellt werden, kollidieren. Ein Vorgesetzter sollte souverän wirken. Mit Kollegen muss man langfristig zusammenarbeiten können. Von Mitarbeitenden wird im Allgemeinen verlangt, dass sie ihre Gefühle angemessen ausdrücken und sich einer gegebenen Situation anpassen können.
Passiert es dennoch, dass man den eigenen Stress oder das Genervtsein an seinen Kollegen ausgelassen hat, dann bittet man am besten um Entschuldigung. Das zeigt Grösse und kommuniziert ausserdem, dass man die Regeln und Normen des Arbeitsplatzes kennt und sich auch an diese halten will.
Negative Gefühle am Arbeitsplatz müssen nicht immer nur schlecht sein. Viele Emotionen sind erstmal eine Antriebskraft und Antrieb ist meist etwas Gutes. Aber man darf sich von Neid, Ärger oder Wut nicht dazu verleiten lassen, unkluge Dinge zu tun. Um negativen Gefühlen vorzubeugen ist Humor ein wirksames Mittel.
Gute Laune ist durchaus wünschenswert – sie sollte aber echt sein. Wenn Sie als Vorgesetzter Optimismus unter Ihren Mitarbeitenden verbreiten wollen, sollten Sie diesen zumindest richtig inszenieren können. Denn unglaubwürdig ausgedrückte Emotionen sind kontraproduktiv: Vorgespielter Zorn wirkt lächerlich. Gute Laune, die aufgesetzt rüberkommt, hinterlässt ein schales Gefühl.