Der Brückenbauer
Es ist schon früh klar, dass Markus Villiger eine Führungsposition übernimmt. Als HR-Leiter der Stadtpolizei Zürich gleicht kein Tag dem anderen. Eines bleibt indes konstant: Getreu dem Motto «ich darf» statt «ich muss», geht Markus Villiger gerne zur Arbeit. Das war schon fast immer so, erzählt der 50-Jährige im Porträt.
«Ich möchte mitgestalten, mitprägen und nicht nur mitlaufen», sagt Markus Villiger, HR-Leiter Stadtpolizei Zürich. (Bild: Sebastian Magniani)
Mitprägen, mitgestalten, seinen Stempel aufdrücken, Verantwortung übernehmen und nicht nur «mitlaufen», ist das Credo von Markus Villiger. Das beweisen unter anderem seine vielen Engagements: Als Bub ist er aktiv in der Pfadi, als junger Mann in der Jugendgruppe des KV Zürich.
Als Erwachsener unter anderem Laienrichter am Zürcher Arbeitsgericht, Arbeitgebervorstandsmitglied im Säuliamt – eben: mitgestalten, Verantwortung übernehmen. Führung zu übernehmen, liegt ihm. Dieses Talent bleibt anderen nicht verborgen: «Du machst als Chef oder Personalchef Karriere und sorgst so für gute Arbeitnehmerbedingungen, sagte bereits mein Berufsberater», schmunzelt Villiger. «Diesen Rat verfolge ich bis heute.»
Schon früh im HR
Seine Karriere beginnt bei der Schweizerischen Bankgesellschaft. Bereits im dritten Lehrjahr übernimmt Markus Villiger knapp 19-jährig die Stellvertretung seiner Lehrlingschefin und unterstützt in dieser Funktion den damaligen Personalchef. «Das war der Moment, in dem ich Feuer fing fürs HR», erinnert er sich.
Zehn Jahre später folgt die Fusion der Schweizerischen Bankgesellschaft mit dem Schweizerischen Bankverein zur jetzigen UBS. Markus Villiger ist mittlerweile Ausbildner und sagt über diese turbulente Zeit: «Ich habe die Fusion nicht nur in guter Erinnerung.»
Der Zufall will ausserdem, dass er just in der Fusionszeit während acht Wochen verreist: mit seiner Frau und seiner kleinen Tochter auf die Philippinen. «Die ersten vier Wochen waren hart. Ich wusste nicht, ob ich bei meiner Rückkehr noch einen Job habe.» Die Erleichterung stellt sich erst ein, als er seinen Chef über ein Münztelefon kontaktiert und dieser ihm mitteilt, dass er sich keine Sorgen zu machen braucht.
Den Jungen etwas mit auf den Weg geben
Die Fusion ist gleichzeitig der Startschuss für ein neues Kapitel in seiner Karriere. So wechselt Markus Villiger 1998 in den Personaldienst. Innert fünf Jahren steigt er vom Bereichspersonalleiter der Abteilung Sicherheit zum Leiter HR des Banken-Nachwuchses auf. Und ist fortan für rund 700 KV- und IT-Auszubildende sowie Praktikanten verantwortlich und führt 25 Nachwuchs-Personalberaterinnen.
Markus Villiger vermittelt den jungen Menschen, dass man im Leben fast alles erreichen kann, wenn man will. Vor allem aber, dass man seinen eigenen Weg gehen soll. «Wichtig ist mir, dass man das, was man jeden Tag tut, gerne macht und dahinter stehen kann. Wenn ich mir nicht mehr in die Augen schauen kann oder mich jeden Tag zwingen muss, zur Arbeit zu gehen, muss ich etwas ändern.» Diese Situation tritt tatsächlich ein.
Von der Bank zum Metallbau …
«Ich hatte genug von den vielen Reorganisationen und der bonusgesteuerten Kultur der Bank.» Auch will Markus Villiger sich selber beweisen, dass er in einem ganz anderen Umfeld «seinen Mann stehen» kann. Hinzu kommt der lang gehegte Wunsch, eine ganzheitliche Funktion im HR zu bekleiden.
Diese Chance erhält er 2003, als Leiter Personal und Organisation und Mitglied der Geschäftsleitung im Familienbetrieb Ernst Schweizer Metallbau AG. Der Wechsel in die Industrie ist für Villiger ein Kulturschock, denn die Bankenwelt unterscheidet sich sehr von der «normalen» KMU-Welt – beispielsweise was die Löhne angeht. «Eine Bank-Sekretärin verdiente damals gleich viel wie ein Projektleiter im Metallbau.»
Im neuen Umfeld hat er es mit konkreten Produkten zu tun. Das gefällt ihm: «Ich habe tagtäglich gesehen, welche Produkte die Firma herstellt und verkauft.» Und über mangelnde Verantwortung kann er sich nicht beklagen. Mit einem Schlag ist er für alle HR-Themen verantwortlich, denn es gibt im Betrieb keine Fachstellen, die beigezogen werden können. Markus Villiger bleibt sieben Jahre bei der Ernst Schweizer Metallbau AG. «Es war zwar anspruchsvoll, aber äusserst lehrreich.»
… und wieder zurück zur Bank
Obwohl es ihm beim KMU gefällt, werden ihm das kleine Dorf Hedingen und die Metallbranche mit der Zeit etwas zu eng. Markus Villiger ist erst 42 Jahre alt und kann sich nicht vorstellen, bis zur Pension bei der Ernst Schweizer Metallbau AG zu bleiben. «Eines Tages erhielt ich einen Anruf eines Headhunters, der mir die Stelle als Leiter Fach- und Verkaufsausbildung bei der Zürcher Kantonalbank anpries.» Er gerät ins Grübeln. Will er wirklich wieder zurück in eine Bank? Und in die Ausbildung?
Den Ausschlag für den Wechsel gibt ein bankweites Projekt, das Villiger leiten kann und das darin besteht, die Verkaufsberater und Verkaufsberaterinnen der Bank zu zertifizieren. Fortan führt Villiger fünf Mitarbeitende und hat die Ausbildungsverantwortung für alle Vertriebseinheiten der Bank.
Da kommt der Rat seines ehemaligen Berufsberaters zum Tragen: nämlich für gute Arbeitnehmerbedingungen zu sorgen. «Die ZKB war aus meiner Sicht sowieso menschlicher unterwegs als die Grossbanken und die Stimmung war weniger kompetitiv.»
Dann kam die Polizei
Nach fünf Jahren und mit mittlerweile 47 Lenzen ist für Villiger die Zeit für einen weiteren Wechsel gekommen. Als auf einem Jobportal 2015 die Stelle als Chef Personaldienst der Stadtpolizei Zürich aufleuchtet, ist er begeistert. «Ausserdem vermisste ich die Personalarbeit», sagt Markus Villiger rückblickend.
Dank zwei freundschaftlichen Kontakten bei der Stadtpolizei erhält er einen Einblick in den Betrieb und stellt fest: Alles stimmt. Nach dem Weggang seiner damaligen HR-Chefin und einer nachfolgenden Reorganisation übernimmt Villiger 2017 die Funktion als Chef HR und Mitglied der Geschäftsleitung.
Villiger schätzt insbesondere den offenen Dialog und dass Polizistinnen und Polizisten ihren Job mit Stolz verrichten. «Besuche an Übungen, Veranstaltungen, aber auch an Einsätzen sind sehr erwünscht. Leider fehlt mir häufig die Zeit dafür. Doch wenn es drin liegt, bin ich dabei.»
Fokus Frauen
Seit 2015 haben Markus Villiger und sein Team verschiedene HR-Projekte lanciert und umgesetzt: vom elektronischen Personaldossier über ein elektronisches Zeugnistool bis hin zur Einführung der städtischen Arbeitszeitrevision. Im Speziellen steht in den nächsten Wochen und Monaten die Überarbeitung des Rekrutierungsprozesses für Polizeiaspirantinnen und -aspiranten an.
Seinen Fokus richtet er insbesondere auf Frauen und auf die Teilzeitarbeit: «Die Polizei ist ein familiäres Gefüge. Zwar haben wir klare Hierarchien und einen Verhaltenscodex, trotzdem sind alle für alle da.» Dieses Zusammengehörigkeitsgefühl und die Aussicht auf Teilzeitarbeit, seien für Frauen interessant, sagt Markus Villiger.
Im Rahmen eines Projekts wird die Stadtpolizei 2019 diesen Fokus bearbeiten. Langweilig ist ihm nicht. Getreu seinem Motto «ich darf» statt «ich muss» geht er immer noch jeden Tag sehr gerne zur Arbeit.
Zur Person
Aufgewachsen ist Markus Villiger in Embrach (Zürcher Unterland). Sein drei Jahre jüngerer Bruder ist Hausarzt. Die Sekundarschule absolvierte Markus Villiger in Winterthur, danach folgte die KV-Lehre bei der damaligen Schweizerischen Bankgesellschaft.
Nach der Fusion mit dem Schweizerischen Bankverein übernimmt Villiger in der jetzigen UBS die Projektleitung für ein neues Ausbildungscontrolling, bevor er in den Personaldienst wechselt. Dort ist er unter anderem für die Auszubildenden zuständig.
2003 folgt der Wechsel in die Privatwirtschaft: als HR-Leiter bei der Ernst Schweizer Metallbau AG. Nach sieben Jahren gehts zurück zu einer Bank. Markus Villiger wird Leiter Fach- und Verkaufsausbildung bei der Zürcher Kantonalbank.
Danach verabschiedet er sich definitiv von der Branche. Ab Oktober 2015 ist Villiger Personaler bei der Stadtpolizei Zürich und seit dem 1. Februar 2017 HR-Chef.
Privat verbringt er viel Zeit mit seiner Familie, isst und kocht leidenschaftlich gerne (Gulasch mit Knöpfli, Grilladen aller Art oder auch Niedergargerichte) und möchte schon lange den Segelschein machen oder sein Englisch verbessern.
Das Video-Porträt mit Markus Villiger gibt's hier: Zum Video.