HR Today Nr. 10/2017: Outplacement

«Der Wert des Outplacements ist im HR deutlich gestiegen»

Felix Merkli ist Vizepräsident des Outplacement-Verbandes ACF, der neun Mitgliedsfirmen umfasst. Im Interview spricht er über die Marktentwicklung, über Zukunftstrends und die Verbandsarbeit.

Herr Merkli, Sie stehen als Vizepräsident der Association of Personal & Organizational Change Firms Switzerland (ACF) faktisch dem einzigen Outplacement-Provider-Verband der Schweiz vor. Auf Deutsch bezeichnen Sie sich als «Schweizerischer Verband der Unternehmen für persönliche und organisatorische Veränderung». Stichwort «Veränderung»: Wie geht es der Branche und wie hat sie sich in den vergangenen Jahren auf der Kundenseite entwickelt?

Felix Merkli: Eine Vorbemerkung: Gerade in unserer letzten Sitzung haben wir die Änderung unseres Namens thematisiert. Unser Verbandsname kommt ja nicht gerade flüssig daher. Bei der Gründung des Verbandes vor über 13 Jahren wollte man die Beschreibung möglichst breit wählen, insbesondere den Begriff der Organisationsentwicklung einbetten. Heute wäre wohl ein Begriff wie «Swiss Outplacement» treffender, denn wir konzentrieren uns in der Verbandsarbeit klar auf das Outplacement. Der Branche geht es gut, auch wenn die ganz grosse Wachstumsphase des traditionellen Outplacements wohl langsam vorüber ist. Zu den Veränderungen: In der Tat sind die Entwicklungen auf beiden Seiten enorm. Auf Kundenseite ist das Outplacement gewissermassen erwachsen geworden. Der Wert des Outplacements ist im HR in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Bei heutigen Restrukturierungen kann meistens die gesamte Belegschaft von einem Outplacement profitieren, während vor zehn Jahren diese Dienstleis­tung Kaderpersonen vorbehalten war.

Auf der Kundenseite haben Sie klassischerweise eine Schnittstelle mit HR, zunehmend aber auch mit dem Procurement, wo die Budgets bekannterweise hart verhandelt werden. Wie nehmen Sie diese Konstellation wahr und wie wirkt sich das auf Ihre Arbeit aus?

Neue, grössere Ausschreibungen laufen meist in einem Prozess ab, den das Procurement vorgibt. In diesem Prozess sind neben der preislichen Gestaltung selbstverständlich auch die relevanten Fragen unserer HR-Ansprechpartner integriert. Bei einzelnen Programmen läuft die Auftragsvergabe jedoch oft nicht über den Einkauf, sondern liegt alleine in der Kompetenz von HR.

Konstatieren Sie auch seitens der Kandidaten gewisse Veränderungen?

Auch bei den Kandidaten hat sich die Situation verändert. Viele der Kandidaten, die zu uns kommen, haben sich bereits vorgängig mit der Möglichkeit einer Trennung auseinandergesetzt und sind so in gewissem Sinne «vorbereiteter» und oft auch schneller wieder bereit für den oft mühsamen Gang in einen Bewerbungsprozess. Auch sehen wir heute viel häufiger Kandidaten mit guten Lebensläufen und klaren Vorstellungen ihrer nächsten Schritte, während die Menschen vor einigen Jahren bei einer Trennung meist völlig überrumpelt wurden. Doch dieses «vorbereiteter»-Sein darf nicht blenden. Denn auch wenn sich heute die Menschen mehr mit ihrem beruflichen Werdegang auseinandersetzen, eine nicht gewählte Trennung am Arbeitsplatz ist und bleibt für viele Leute ein enormer Schock.

Welche generellen Zukunftstrends beobachten Sie in der Outplacement-Branche?

In Zukunft erwarten wir eine weitere Entwicklung der technischen Unterstützungstools: Internetprofile zu erstellen, zu pflegen und zu nutzen sowie standardisierte Bewerbungsprozesse und virtuelle Interviews zu durchlaufen, sind nur einige Beispiele der Elemente, die zunehmend an Bedeutung gewinnen. Dies muss erlernt und trainiert werden. Zudem erwarten wir eine noch stärker Resultate und Transparenz einfordernde Kundschaft. Outplacement wird zudem immer mehr zu einem Teilprojekt bei grossen Restrukturierungen und Personalentwicklungsmassnahmen. Heute schon haben Firmen Personalsuche, Personalentwicklung, Umstrukturierung und Trennung gleichzeitig auf dem Tisch. Diese verschiedenen Disziplinen werden in Zukunft noch stärker vermischt.

Die ACF vereint aktuell neun Mitgliedsfirmen. Es fällt auf, dass zwei umsatzstarke Player – Lee Hecht Harrison und von Rundstedt – nicht Mitglied sind. Warum fehlen ausgerechnet diese beiden international agierenden Outplacement-Firmen und wie definieren Sie in diesem Kontext die Daseinsberechtigung des Verbandes?

Dies hat unterschiedliche Gründe. LHH war eines der Gründungsmitglieder und ist im letzten Jahr aus internen Gründen ausgetreten. Wir haben diesen Entscheid bedauert. Von Rundstedt ist erst seit relativ kurzer Zeit wirklich auf dem Schweizer Markt tätig. Sollte sich das Unternehmen für eine Mitgliedschaft interessieren, werden wir wie bei allen Interessenten eine mögliche Aufnahme mit unserem Kriterienkatalog prüfen.

Welche Kriterien erachten Sie denn als besonders relevant und wie wird die Einhaltung der Qualitätskriterien konkret kontrolliert?

Wir haben vor Jahren einen Kriterienkatalog zusammengestellt, den wir bei jeder Diskussion um potenziell neue, aber auch bestehende Mitglieder als Messlatte anlegen. Diese Elemente werden regelmässig überprüft und wir führen oft Gespräche über die Einhaltung und Anpassung dieser Standards. Bei uns stehen immer Qualitätsthemen klar im Vordergrund, so schwierig diese oft auch messbar sind. Zudem haben wir gewisse quantitative Kriterien eingebaut, die unsere Mitglieder erfüllen müssen. Die Grösse des Partners ist oft nicht der entscheidende Faktor, denn letztlich bieten wir alle  eine sehr individuell auf den einzelnen Kandidaten abgestimmte Lösung an. Neben der Beratungsqualität sind für unsere Kunden meist Verfügbarkeit, Erfolgszahlen, Leistungsumfang, Erfahrungen und Sympathie mit den Menschen, die den Anbieter repräsentieren, die massgeblichen Entscheidungskriterien.

Zur Person

Felix Merkli (58) ist Vizepräsident der Association of Personal & Organizational Change Firms Switzerland (ACF) und damit quasi das Deutschschweizer «Sprachrohr» des Schweizer Outplacement-Verbandes, der vom Westschweizer Pascal-Laurent Favre präsidiert wird. Merkli arbeitet seit 14 Jahren – davon vier Jahre als Managing Director – bei Right Manage­ment, einem Gründungsmitglied der ACF Switzerland, die 2004 als «Schweizerischer Verband der Unternehmen für persönliche und organisatorische Veränderung» gegründet wurde und aktuell neun Anbieter für Karrieremanagement und Organisationsentwicklung vereint. acfswitzerland.ch

Der tendenziell stagnierende Outplacement-Markt ist als Verdrängungsmarkt bekanntlich hart umkämpft. Dies dürfte in einem firmengetragenen Verband zu entsprechenden Friktionen führen, zumal Grösse und Struktur der Mitgliedsfirmen stark variieren. Wäre es da vielleicht nicht sinnvoll, einen Verband unter neutraler und firmenunabhängiger operativer Führung aufzubauen?

Wir sind ein kleiner Verband. Auch wenn Eigeninteressen unserer Mitglieder immer mitschwingen, zeigt jedes Mitglied Initiative und übernimmt Aufgaben für den Verband, ohne dass die eigene Firma im Vordergrund steht. Ein gutes Beispiel dafür ist ein Projekt, bei dem von sämtlichen kantonalen Finanzämtern eine schriftliche Bestätigung eingeholt wurde, dass die Outplacement-Kosten als Weiterbildungs- und Umschulungskosten anerkannt werden. Solche Erfolge kommen dann letztlich dem ganzen Markt zu Gute, aber eine einzelne Firma würde diesen Aufwand kaum alleine betreiben.

Was treibt den Verband aktuell thematisch um?

Unsere Dienstleistung der persönlichen und fachlichen Unterstützung bei der beruflichen Neuorientierung behält einen grossen Wert – sowohl für die Unternehmen als auch die betroffenen Mitarbeiter. Die Erfolgszahlen bestätigen dies eindrücklich. Die ACF befasst sich neben der jährlich publizierten Erfassung der Marktwerte insbesondere mit der Pflege und Qualitätssicherung der Outplacement-Dienstleis­tung sowie mit für unseren Markt relevanten arbeitspolitischen Themen.

Welche Themen stehen dabei im Vordergrund?

Unsere Hauptthemen sind Qualität, Beständigkeit, Methodenkompetenz und Transparenz der dargebotenen Leistungen. Heute kann jede Beratungsfirma ein Outplacement anbieten. Der Begriff ist nicht geschützt und wir sehen es als eine Hauptaufgabe des Verbands, hier Standards zu setzen. Das Erfüllen der notwendigen Kriterien für die Erbringung von professionellen Outplacements bedingt namhafte Investitionen in die Beratungsleistung. Etwa in moderne Assessment-Tools, Infrastruktur sowie Aus- und Weiterbildung der Berater. Wir wollen den Kunden aufzeigen, dass bei der Wahl eines AFC-Mitglieds die wichtigsten Voraussetzungen für die Leistungserbringung erfüllt sind. Dabei spielt – und daraus machen wir auch keinen Hehl – eine klare Abgrenzung gegenüber Firmen, die diese Kriterien eben nicht erfüllen, eine wichtige Rolle.

Was raten Sie HR-Verantwortlichen, wie sie bei der Evaluation von Outplacement-Anbietern am besten vorgehen sollten?

Neben der Beratungsqualität sind für unsere Kunden meist Verfügbarkeit, Erfolgszahlen, Leistungsumfang, Erfahrungen und Sympathie mit den Menschen, die den Anbieter repräsentieren, massgeblich. Verlangen Sie von Ihrem Outplacement-Partner Transparenz über Qualitätsmessungen, aussagekräftige Beraterprofile, umfassende Programminhalte, erprobte Prozessabläufe und nachweisliche Resultate.

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Ehemaliger Chefredaktor HR Today.

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