Esther Senecky: «Schweizer Arbeitnehmermarkt deckt den Bedarf an Tech-Talenten nicht»
Der Mangel an qualifizierten Technikern ist in der Schweiz besonders bei Start-ups gross, wo die Innovationszukunft unseres Landes geschrieben wird. Während sich Investitions- und Unterstützungsplattformen für Schweizer Start-ups stark entwickelt haben, fehlen Tech-Cracks. Deshalb ist die Schweiz als Start-up-freundliches Land zwar in vielen Rankings in den Top Ten vertreten, bei Fachkräften mit dringend gefragten technischen Skills hinkt sie jedoch stark hinterher.
Der Schweizer Arbeitnehmermarkt deckt den Bedarf an gesuchten Tech-Talenten bei Weitem nicht. So stammen viele der hier beschäftigten Softwareentwickler nicht aus der Schweiz, sondern aus Drittstaaten.
Gemäss FDP-Ständerat Ruedi Noser müsste man eine «qualitative Einwanderung» einführen, damit gut qualifiziertes Personal in der Schweiz arbeiten kann und Start-ups das Land nicht verlassen.
Erfolgreiche Start-ups wie Viu, das mittels 3D-Drucker Designerbrillen herstellt, oder Joixies, das Chatbots entwickelt, haben deshalb ausländische Tochtergesellschaften für die Anstellung von Mitarbeitern geschaffen oder ziehen es in Betracht, das Unternehmen gänzlich ins Ausland zu verlegen, sofern geeignete Techniker aus Drittstaaten nicht in der Schweiz angestellt werden können. Das ist schade, besonders wenn Talente hierzulande topausgebildet wurden und das Gelernte für die Schweizer Wirtschaft nicht wertschöpfend einsetzen können. In ausländischen Märkten Fuss zu fassen und Kunden zu gewinnen gelingen nur, wenn man Land und Leute versteht. Unternehmen, die international operieren oder ins Ausland expandieren möchten, können somit nur erfolgreich sein, wenn sie Mitarbeiter mit Kultur- und Sprachverständnis dieser Länder in den eigenen Reihen wissen.
Ausländische Mitarbeiter bringen oftmals einen weiteren Vorteil mit: Gerade wenn in ihrem eigenen Land eine Technologie bereits weit fortgeschritten ist, wie Artificial Intelligence in China oder Robotik in Japan, haben diese Mitarbeiter mit ihrem Wissen, Können und Netzwerk einen unschätzbaren Wert für Schweizer Firmen.
Trotzdem: Die Welt besteht nicht nur aus «High Achievern» und eine Wirtschaft kann nur gesund und nachhaltig erfolgreich sein, wenn die Arbeitslosigkeit bei Inländern tief ist und das RAV, Arbeitnehmerverbände und Gewerkschaften sich weiterhin für Arbeitskräfte einsetzen und ihnen helfen, sich zu entwickeln.
Mit dem Wandel und der Alterung unserer Gesellschaft sind 50-plus-Programme oder die Reintegration von Frauen nach der Mutterschaft ins Arbeitsleben unverzichtbar. Nur wenn diese Systeme funktionieren, können wir auch gross denken, viel erreichen und nach den besten Arbeitnehmern streben, die – unabhängig von ihrer Nationalität – unsere Wirtschaft vorwärts bringen.