«Klareres Bild von meinen Zielen»
Wie kann ein Mentoring für junge HR-Leute aussehen? Welches sind ihre brennendsten Fragen? Was können Mentoren daraus lernen? Wir beleuchten die Zusammenarbeit dreier Mentoring-Tandems. Frederico Rinke, Consultant, Mercuri Urval, hat mit seinem Mentor nicht nur über fachliche Themen gesprochen, sondern auch über seine persönliche und berufliche Entwicklung.
«Da er die HR-Abteilungen grösserer Unternehmen gut kennt, konnte mein Mentor mir erklären, wie die internen Prozesse funktionieren und wie man als externer Partner mit empfindlichen oder politischen Themen umgehen kann»: Frederico Rinke, Consultant, Mercuri Urval. (Bild: zVg)
Herr Rinke, warum haben Sie sich für das Mentoring-Programm der ZGP angemeldet?
Frederico Rinke: In meiner Position als Consultant bei Mercuri Urval pflege ich einen engen Kontakt mit HR-Fachleuten und Geschäftsführern. Da der Austausch sich jedoch mehrheitlich im Rahmen von Rekrutierungs- und Selektionsprozesse bewegt, fehlt mir ein offener Dialog über verschiedene Themen und Trends im HR. Einen solchen Dialog habe ich mir vom Mentoring erhofft. Ausserdem ging es mir darum, meine eigene Laufbahn unter die Lupe zu nehmen und von den Erfahrungen eines Experten zu profitieren.
Inwiefern haben Sie vom Mentoring profitiert?
Mein Mentor und ich haben uns seit dem ersten Tag sehr gut verstanden. Dies schaffte nicht nur eine optimale Vertrauensbasis, sondern ermöglichte auch einen offenen und persönlichen Umgang. Ausserdem machte mich mein Mentor in dieser Zeit bekannt mit weiteren HR-Experten aus seinem privaten Netzwerk. Dies übertraf meine Erwartungen an das Mentoring-Programm deutlich und erweiterte meinen Blickwinkel in verschiedenen Bereichen des Personalwesens.
Welches waren die wichtigsten fachlichen Themen, die Sie Ihrem Mentor besprochen haben?
Mein Mentor konnte mir viele Tipps und Anregungen zu meinen laufenden Projekten geben. Da er die HR-Abteilungen grösserer Unternehmen gut kennt, konnte er mir auch erklären, wie die internen Prozesse funktionieren und wie man als externer Partner mit empfindlichen oder politischen Themen umgehen kann.
Ausserdem half er mir, bestimmte Situationen – beispielsweise Kandidatengespräche – besser zu verstehen und einzuordnen sowie mich darauf vorzubereiten. Hier ging es beispielsweise um den Umgang mit schwierigen Themen in einem Vorstellungs- oder Assessmentgespräch.
Und welches waren die wichtigen Themen betreffend Ihre persönliche und berufliche Entwicklung?
Weil ich keine klassische Laufbahn im Personalwesen habe und mich dennoch fachlich in diesem Bereich weiterentwickeln möchte, wir haben viel über mögliche Weiterbildungen und meine berufliche Entwicklung gesprochen. Dabei konnte mein Mentor Inputs aus seiner langjährigen Erfahrung liefern und mir interessante Optionen aufzeigen.
Wir haben zudem sehr offen über meine persönlichen Stärken und Schwächen gesprochen. Er konnte dabei gut einschätzen, wie ich diese am besten einsetzen und verbessern kann. Er empfahl mir beispielsweise eine Übung, um wichtige Entscheidungen bewusster und zeitnaher treffen zu können.
Dafür habe ich eine Reise zu einem abgelegenen Bergort geplant und konnte mich in aller Einsamkeit mit der Übung auseinandersetzen. Die Ergebnisse haben wir anschliessend gemeinsam besprochen. Schliesslich entstand ein viel klareres Bild von meinen Zielen und den nötigen Entscheidungen, um diese zu erreichen.
Was sind Ihre wichtigsten Learnings, die Sie aus dem Mentoring mitnehmen?
Das erste und grösste Learning ist, dass man von dem Austausch mit erfahreneren Experten im Fachgebiet im Rahmen eines Mentoring-Programms enorm profitieren kann.
Sehr oft pflegen wir einen engeren Kontakt mit denjenigen, die tendenziell gleichaltrig und ähnlich gestrickt sind, und erhalten daher kaum neue Blickwinkel zu wichtigen Themen im Alltag. Nach diesem Programm kann ich jedoch sagen, dass ich fachliche Aspekte des HR besser beherrsche und Laufbahnentscheidungen bewusster treffen kann. Und wenn mir doch die Weisheit fehlt, kann ich hoffentlich noch einmal kurz meinen Mentor stören!
Das sagt der Mentor
Wir haben Sie und Ihr Mentor das Mentoring konkret gestaltet?
Wir haben uns bei einem ersten Treffen im Büro meines Mentors kennengelernt, uns zu privaten sowie geschäftlichen Themen ausgetauscht und schliesslich einen Plan für das Mentoring-Programm festgelegt. Unsere Treffen fanden alle fünf bis sechs Wochen statt und zwischendurch haben wir sowohl per E-Mail als auch telefonisch kommuniziert.
Mein Mentor hatte immer ein offenes Ohr für mich – und wenn ich ihn beim ersten Versuch nicht erreichte, meldete er sich meist innerhalb weniger Stunden zurück.
Was waren für Sie Freud und Leid beim Mentoring?
Gefreut habe ich mich über die vielen neuen Ideen, die ich teilweise bereits umgesetzt habe, über neue Kontakte aus dem Netzwerk meines Mentors und darüber, dass er immer ein offenes Ohr für meine nicht immer unkomplizierten Fragen hatte.
Die einzige Schattenseite, die mir einfällt, ist, dass es Zeit und Organisationsbedarf, um das Mentoring-Programm mit einem ohnehin beschäftigten Alltag zu kombinieren.
Was braucht es für ein erfolgreiches Mentoring?
Offenheit und Vertrauen. Und zwar von beiden Seiten!
Was ist Ihre Botschaft an künftige Mentoren?
Meines Erachtens lernen die Mentoren genauso viel während des Mentoring-Programms wie die Mentees selbst. Sie haben die einmalige Chance, sich mit Themen auseinanderzusetzen, die höchstwahrscheinlich in ihrem Freundes- und Kollegenkreis weniger relevant sind. Dies ermöglicht ihnen, ihr Wissen weiterzugeben und mehr über das Verhalten einer anderen Generation zu erfahren.
Was ist Ihre Botschaft an künftige Mentees?
Falls ihr euch noch am Anfang eurer Laufbahn befindet und das eine oder andere Thema mit einem erfahrenen HRler – der nicht gerade der Chef ist – besprechen möchtet, dann ist ein Mentoring-Programm ideal. Seid offen – ihr könnt nur profitieren.
Über das Mentoring-Programm
Junge HR-Leute sollen firmenübergreifend von erfahrenen Berufsleuten lernen – und umgekehrt. Das ist das Ziel des Mentoring-Programms «young@zgp».
Interessierte HR-Nachwuchskräfte von 22 bis 35 Jahren melden sich für das Programm an und der Verband sucht für die Mentees einen passenden Mentor. Beide vereinbaren mindestens 6 Treffen von 2 bis 3 Stunden während eines Jahres. In dieser Zeit besprechen sie Entwicklungsthemen und tauschen sich über Erfahrungen aus.