Mentoring für HRler

«Mentoring ist keine Einbahnstrasse»

Wie kann ein Mentoring für junge HR-Leute aussehen? Welches sind ihre brennendsten Fragen? Was können Mentoren daraus lernen? Wir beleuchten die Zusammenarbeit dreier Mentoring-Tandems. Mentorin Sabine Schneider, HR Business Partnerin beim Universitätsspital Zürich, spricht darüber, warum sich künftige Mentoren nicht vom Zeitaufwand abschrecken lassen sollen und wie sie von den Mentorings profitiert.

Frau Schneider, Sie sind seit 2013 beim Mentoring-Programm der ZGP dabei und haben diesen Herbst Ihr fünftes Mentoring gestartet. Warum haben Sie sich als Mentorin angemeldet?

Sabine Schneider: Als ich vor rund 15 Jahren im HR startete, hatte ich das Glück, dass ich Teil einer grossen HR-Organisation war. Ich hatte diverse Ansprechstellen im Unternehmen, die mir bei Unsicherheiten weiterhelfen konnten.

Was mir in meinen ersten Jahren enorm geholfen hat, ist für junge HR-Leute in kleinen Unternehmen meist nicht möglich: Oft sind sie in ihrer HR Funktion auf sich allein gestellt und es fehlt eine geeignete Anlaufstelle bei Fragen. Diese Unterstützung kann und möchte ich im Rahmen des Mentoring bis zu einem gewissen Grad anbieten.

Ein weiteres Ziel ist, die Nachwuchskräfte im HR bei ihrer beruflichen und persönlichen Entwicklung zu unterstützen. Sie wissen oft sehr viel, trauen es sich bei der Umsetzung aber nicht so richtig zu. Hier kann ich bestärken, sie im konkreten Vorgehen unterstützen und zum Beispiel anstehende Gespräche mit der Geschäftsleitung mit dem Mentee zusammen vorbereiten und üben.

Haben Sie diese Ziele erreicht?

Im Grossen und Ganzen schon. Es hängt natürlich auch vom jeweiligen Mentee und dessen Zielsetzungen ab. In einem Fall haben wir das Programm frühzeitig abgebrochen, da sich die Mentee überraschend für eine neue Stelle ausserhalb von HR entschieden hat.

Inwiefern profitieren Sie vom Mentoring-Programm?

Da alles, was wir im Mentoring besprechen, vertraulich ist, erhalte ich vertiefte Insights in Themen und Fragestellungen von anderen Unternehmen, die sonst selten möglich sind. Ich lerne auch immer wieder selber dazu, sei es fachlich oder persönlich.

Im Mentoring mit den jungen Personen hat man die Möglichkeit, einzelne Szenarien gedanklich auch mal auf neuen Pfaden durchzuspielen und dabei auf andere Lösungen zu kommen, als die, welche man im Arbeitsalltag vielleicht schon x-mal gewählt hat. Dieser kreative «Out-of-the-box»-Prozess ist immer wieder eine Bereicherung.

Mentoring ist keine Einwegstrasse. Es sind nicht nur die Mentees, die sich neues Wissen aneignen. Auch ich als Mentorin lerne immer wieder selber aus den bearbeiteten Themen und Situationen.

Welches sind Ihrer Meinung nach die wichtigsten Learnings, die Sie Ihren bisherigen Mentees mitgegeben haben?

Bei allen Mentees, die ich bisher begleiten durfte, war es schön zu sehen, wie sich im Laufe des Programms ihr Selbstvertrauen entwickelt hat. Sie sind gut ausgebildet und verfügen über einiges an Fachwissen. In der Praxis fehlt ihnen aber die nötige Erfahrung und sie trauen sich nicht, in heiklen Situationen gegenüber der Linie klar Stellung zu beziehen. Das ist auch die Kernbotschaft: «Vertrau auf das, was du kannst und vermittle das deinem Gegenüber.»

Was sind Freud und Leid beim Mentoring?

Ich sehe nur positive Seiten: Es ist beispielsweise grossartig, wenn man sich gemeinsam darüber freut, dass die vorab besprochenen Lösungen in der Praxis funktionieren oder wenn der oder die Mentee den erhofften Entwicklungsschritt machen kann. Oder auch einfach nur, wenn man gemeinsam über lustige Anekdoten aus dem Arbeitsalltag lachen kann.

Das sagt die Mentee

Michèle Spörri, Leiterin Personal, Enea GmbH, hat sich als Mentee für das Mentoring-Programm der ZGP angemeldet, nachdem sie eine leitende Position übernommen hatte. Über ihre Learnings, und die Zusammenarbeit mit ihrer Mentorin. Zum Interview

Was braucht es für ein erfolgreiches Mentoring?

Es braucht vor allem Offenheit und Vertrauen – von beiden Seiten. Und natürlich macht es Sinn, dass die Ziele des Mentees in einem Bereich liegen, in dem der Mentor Erfahrung hat.

Was ist Ihre Botschaft an künftige Mentoren?

Ich kann mir vorstellen, dass sich einige durch den vermeintlich hohen Zeitaufwand abschrecken lassen. Das ist schade, da meiner Meinung nach auch in kurzen Sequenzen viel erreicht werden kann. Mit meinen Mentees vereinbare ich jeweils, dass sie mich auch zwischen den Gesprächsterminen kontaktieren und nicht alle Themen für die Face-to-Face Termine aufsparen sollen. So können wir einfache Fragen per Mail, Textnachricht oder Telefon abhandeln und der oder die Mentee hat schnell Erfolgserlebnisse.

Was ist Ihre Botschaft an künftige Mentees?

Sie sollen so viel wie möglich mitnehmen und auch scheinbar «dumme Fragen» stellen. Bei fast jedem Thema lohnt sich die Diskussion von vermeintlich naheliegenden Antworten. Und sie sollen die Antworten des Mentors durchaus kritisch hinterfragen und überprüfen, ob diese für sich selber auch stimmen.

Über das Mentoring-Programm

Junge HR-Leute sollen firmenübergreifend von erfahrenen Berufsleuten lernen – und umgekehrt. Das ist das Ziel des Mentoring-Programms «young@zgp».
Interessierte HR-Nachwuchskräfte von 22 bis 35 Jahren melden sich für das Programm an und der Verband sucht für die Mentees einen passenden Mentor. Beide vereinbaren mindestens 6 Treffen von 2 bis 3 Stunden während eines Jahres. In dieser Zeit besprechen sie Entwicklungsthemen und tauschen sich über Erfahrungen aus.

 

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