20 Jahre HR Today

«Um Unternehmenskulturen zusammenzuführen, muss man die Vergangenheit bewältigen»

Vor sechzehn Jahren groundete die Swissair – zum Entsetzen einer ganzen Nation. Innert weniger Monate wurde mit der Swiss eine neue Airline aus dem Boden gestampft. Kurz nachdem die Swiss ihren Betrieb aufgenommen hatte, äusserte sich der damaligen Swiss-Personalentwickler Daniel Muff im Interview mit HR Today über sein Wechselbad der Gefühle. Heute erinnert er sich vor allem an die abenteuerlichen Seiten des gewagten Unternehmens.

Die Zeit drängte: Innert vier Monaten war die Swiss aus dem Boden gestampft und in vier bis sechs Wochen über 6000 neue Arbeitsverträge ausgestellt. Zeitgleich wurde die Crossair mit rund 3500 Angestellten in die Swiss integriert. Eine neue Gesellschaft war entstanden – mit 10 000 Mitarbeitenden und zwei unterschiedlichen Firmenkulturen, die aufeinanderprallten. Hier die kleine, wendige und unternehmerische Crossair, da die altgediente, hierarchische, reglementierte und perfektionistische Swissair. Doch wie macht man zwei solch unterschiedliche Kulturen miteinander kompatibel?

«Wir müssen die Vergangenheit hinter sich lassen und uns auf die Kundenerwartungen konzentrieren», sagte Daniel Muff in der Juni-Ausgabe 2002 von HR Today. Verheerend sei, nichts zu unternehmen. Es sei jedoch nicht sein Ziel, eine einzige Kultur von oben nach unten aufzuzwingen. Dafür sei die Swiss mit über 56 vertretenen Nationen schon zu multikulturell. Heute blickt er mit Stolz auf die aufregende Zeit zurück und würde vieles gleich machen.

Herr Muff, woran erinnern Sie sich, wenn Sie an das Grounding der Swissair und den Neustart der Swiss zurückdenken?

Daniel Muff: Die Erschütterung der Swissair-Angestellten darüber, dass das Unfassbare geschehen war. Zudem merkten nur die Wenigsten, dass mit der Gründung der Swiss die Crossair aufgegeben wurde und damit nicht mehr existierte.

Sie waren selbst einmal Flight Attendant und haben Jahre in der Flugbranche verbracht. Vermissen Sie dies ein wenig?

Die Branche vermisse ich schon, das Fliegen als Flight Attendant weniger. Um genauer zu sein vermisse ich die Reisen nach New York und die damalige Fliegerei. Die heutige Arbeit als Flight Attendant hat jedoch nicht mehr viel mit dem zu tun, was ich damals erlebt habe.

Wie blicken Sie auf diese Zeit zurück?

Mit Freude und Feuer. Wenn ich beispielsweise daran denke, dass wir bei der Crossair beim Einführen der zweiten Klasse diskutierten, ob wir in der Economy Crémant D'Alsace anstelle von Champagner servieren könnten!

Würden Sie gerne wieder mal «in die Luft» gehen?

Ich gehe regelmässig «in die Luft», weil ich gute Freunde in Kalifornien habe, die ich möglichst jedes Jahr besuche. Was mich wirklich rührt, sind jene Momente, wenn mich ein Flight Attendant nach zwanzig Jahren wiedererkennt und herzlich begrüsst.

Serie: 20 Jahre HR Today

HR Today wird 20 Jahre alt. Am 5. Juni 2018 feiern wir unser Jubiläum. Bis dahin blicken wir jede zweite Woche zurück auf den HR-Diskurs der vergangenen 20 Jahre. Dafür haben wir im Archiv gekramt, alte Artikel ausgegraben und uns auf die Suche gemacht nach den damaligen Protagonistinnen und Protagonisten sowie ehemaligen Chefredaktorinnen, um mit ihnen über die Entwicklungen im HR zu sprechen. Zur Übersicht

Sie haben die Zusammenführung der Swissair sowie der Crossair-Kultur begleitet. Würden Sie so etwas nochmals machen?

Auf jeden Fall! Es war mein bisher tollstes Projekt.

Was haben Sie dabei gelernt?

Um Unternehmenskulturen zusammenzuführen, muss man die Vergangenheit zuerst bewältigen. Sonst geht es schief. Swissair und Crossair waren äusserlich sehr verschieden, die Freude am Fliegen und das Verständnis davon waren bei beiden Unternehmen jedoch sehr ähnlich.

Was haben Ihnen diese Erkenntnisse für Ihre weitere Karriere gebracht?

Die Vergangenheitsbewältigung konnte ich bei weiteren Projekten einbringen. Zudem hat sich für mich die Theorie bestätigt, dass eine Kulturzusammenführung Jahre dauert.

Zur Person

Daniel Muff begann seine Karriere in der Flugbranche als Flight Attendant bei der Swissair und wechselte 1996 zur Crossair, wo er verschiedene HR-Funktionen bekleidete,  zuletzt als Personalverantwortlicher des Bodenpersonals. Nach dem Grounding der Swissair übernahm er die Rolle des Head of Training and Development bei der neu gegründeten Swiss. Muff verliess das Flugunternehmen im Jahr 2003 und wechselte in der Funktion als Personalleiter zur Swisslos. Seit 2014 ist er Leiter Organisationsentwicklung und Personal bei der Railcare.

 

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Chefredaktorin, HR Today. cp@hrtoday.ch

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