Schweizer Firmen beklagen häufiger, dass es schwieriger werde, Schweizer für Auslandeinsätze zu gewinnen. Wie erklären Sie sich das?
Viele Firmen haben die Rahmenbedingungen für einen Auslandeinsatz verändert, insbesondere die Vergütungsrichtlinen und die Benefits, die ein Mitarbeitender im Ausland erhält. Bis vor kurzem waren die Entsendungspakete monetär so interessant, dass es nebst der Auslanderfahrung auch finanzielle Anreize gab, um einige Jahre im Ausland zu arbeiten. Der Trend zu Lokalisierungen und finanziell schlankeren Entsendungspaketen mögen Gründe für die niedrigere Nachfrage nach Auslandentsendungen sein. Viele Auslandeinsätze wurden aber auch nicht ausreichend geplant: So schenkte man den Rückkehrern bisher viel zu wenig Beachtung. Das hat dazu geführt, dass Mitarbeitende ein Unternehmen verlassen haben, weil man in ihrem Heimatland für sie keinen Job gefunden hat oder die erhoffte Beförderung ausgeblieben ist.
Welche kulturellen Besonderheiten waren für Sie am gewöhnungsbedürftigsten?
Bislang ziehe ich eine positive Bilanz meines Expat-Lebens in den USA. Es sind meist die kleineren Dinge, die ein Umdenken erfordern. Etwa, dass «How are you» keine Frage nach dem persönlichen Befinden ist, sondern ein Begrüssungsritual darstellt. In den USA werden viele Dinge positiv formuliert, auch wenn die Nachricht im Kern einen negativen Inhalt hat. Dann muss man ganz genau zuhören, um die wahre Botschaft herauszufinden. Während wir uns in der Schweiz Zeit für einen Lunch mit Kollegen nehmen, hat dies in den USA einen niedrigeren sozialen Stellenwert. Ausserdem ist es hier nichts Aussergewöhnliches, wenn man alle zwei Jahre sein ganzes Hab und Gut verkauft und in einer neuen Stadt von vorne beginnt. Mittlerweile haben meine Familie und ich uns an diese kulturellen Unterschiede gewöhnt und finden uns gut zurecht. Wir schätzen die offenen und freundlichen Menschen. Der Lebensstil ist entspannt und niemand lässt sich schnell aus der Ruhe bringen. Das geniessen wir sehr.
Welches sind die markantesten Unterschiede, wenn Sie den HR-Diskurs in der Schweiz, mit jenem in den USA vergleichen?
Die operativen und strategischen Themen sind dieselben. Ich stelle keine grossen Unterschiede fest. Vielmehr sehe ich Unterschiede in der operativen Abwicklung der administrativen Prozesse. Diese sind in den USA teilweise enorm aufwendig, da rechtliche und unternehmensspezifische Compliance-Vorgaben einzuhalten sind. Trotzdem versuchen wir als globales Unternehmen unseren Mitarbeitenden eine möglichst einheitliche HR-Erfahrung zu bieten, wobei Organisationsstrukturen, Motivationsprogramme, Kommunikation und Konfliktbewältigungsprogramme unter Einhaltung der lokalen Richtlinien und Gesetze dem globalen Standard entsprechen sollten.
Zur Person
Alexander Mihajlovic arbeitet seit 2017 innerhalb eines Executive- Leadership-Programms als Senior HR Business Partner beim Energietechnik-Unternehmen GE Power am US-Hauptsitz in Atlanta. An diesem Ort lebt er auch mit seiner Familie. Zusammen mit rund 15 lokalen und regionalen HR-Mitarbeitenden betreut Alexander Mihajlovic den Enginneering-Bereich bei GE Power Services. GE Power gehört zum General-Electric-Konzern, der mit 300 000 Mitarbeitenden einen Umsatz von rund 123 Milliarden USD erzielt und mit 79 000 Mitarbeitenden die grösste von elf Divisionen ist.