Von inneren Schweinehunden, Turnschuh-Turbulenzen und Rettungsdrohnen
Rund 1100 Gäste haben sich am 23. Januar im voll besetzten Berner Kursaal zum traditionellen Stelldichein der Berner Wirtschafts- und HR-Szene eingefunden. Erörtert wurde das Thema «Change or Die – Transform and Fly».
Podiumsgespräch unter der Leitung von Gastgeber Christian Vifian mit Rega-Pilot Rick Maurer, Künzli-Turnschuh-Inhaberin Barbara Artmann und Hauptredner Ernst Wyrsch. (Bild: Patric Spahni)
In seinem trotz recht arger Heiserkeit durchwegs humorig vorgetragenen Impulsreferat hielt Ex-WEF-Promi-Hotelier Ernst «Aschi» Wyrsch, der heute als selbständiger Leadership-Coach und Speaker zuweilen «mit neun Hüten» unterwegs ist, dem Publikum buchstäblich einen Spiegel vor und forderte die anwesenden Führungskräfte damit zur Selbstreflexion auf.
Er wolle nach dem Inaugurationswochenende von Donald Trump nicht über die transformatorische Wirkung auf die Weltpolitik mutmassen und sich auch nicht wie Bill Gates jüngst am WEF in Davos in Zahlenprognosen versuchen, wonach bis in wenigen Jahren 47 Prozent der Jobs weltweit sich werden neu erfinden müssen. «Ich komme direkt vom WEF und kann Ihnen sagen: Die sind genau so ratlos wie Sie!» Mit diesem Einstieg hatte Wyrsch die Lacher und Sympathien des Publikums, bestehend aus zahlreichen Vertretern und HR-Verantwortlichen von Schweizer Unternehmen, bereits auf seiner Seite. Er wolle das Publikum bei sich selbst abholen und zur Reflexion über das eigene Führungsverhalten und etwas mehr «Ich-Zeit» einladen. Wie in der Kindererziehung sei auch im Arbeitsleben Leadership nur möglich, wenn die Selbstführung stimmt und man fähig sei, den inneren Schweinehund zu überwinden ohne sich dabei übertüchtig direkt ins Burnout zu manövrieren.
Das anschliessende Podiumsgespräch unter der Leitung von Gastgeber Christian Vifian mit REGA-Pilot und -Basisleiter Rick Maurer, Künzli-Turnschuh-Inhaberin Barbara Artmann und Ernst Wyrsch förderte einige spannende Einsichten in die Arbeitsrealität der anwesenden Persönlichkeiten zutage.
Etwa, wie REGA-Pilot Rick Maurer mit der Verantwortung über ein knappes Dutzend Helikopter ein Team von 16 Mitarbeitern aus den drei Berufsgruppen Pilot, Sanitäter und Mediziner leitet und dabei zwischen den Rollen als Teammitglied und Teamleiter changieren muss.
Oder wie es sich für KMU-Unternehmerin Barbara Artmann anfühlt, nach einem zehrenden 7-jährigen Rechtsstreit mit einem Team von 20 Mitarbeitern, die Markenrechte an den legendären fünf Streifen gerichtlich abgesprochen zu bekommen, damit sich ein findiges «Ami-Label» damit zieren kann. Statt bei solchen Turbulenzen den Kopf in den Sand zu stecken, plädierte sie für eine Feedback-Kultur des «neuen Miteinander». Und statt zuviel über das Los der eigenen Generation 50+ zu lamentieren, setze sie viel Vertrauen in die nachrückende Generation der Twentysomethings. Damit verlagere sich auch der Blick auf hybride Geschäftsmodelle, die bei den Verkaufskanälen eine «mehrgleisige» Strategie verfolgen – dies wohlbemerkt in einer Zeit, in welcher der «stationäre Handel jährlich 30 Prozent» verliere.
Befragt nach einer Zukunftsprognose, hielt es Rick Maurer durchaus für denkbar, dass im Jahr 2050 die Drohnentechnologie soweit gereift sein dürfte, dass sich Rettungseinsätze theoretisch auch unbemannt fliegen liessen, doch bezweifle er, dass im Ernstfall die Maschine bei aller Big Data-Sensorik mit unberechenbareren Einflüssen wie Wind und Wetter so umzugehen wissen werde, wie dies ein erfahrener Pilot zu leisten vermag.