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Diversity Management gewinnt an Bedeutung
Anhand der Kriterien Alter, Geschlecht, Nationalität, Religion und Gesundheit erhebt die Hochschule Luzern seit 2013 den Diversity Index. Forschungsleiterin Gabrielle Wanzenried gibt einen Einblick in den aktuellen Wissensstand – ergänzt mit Statements der Firmen, die im neusten Index die besten Resultate erzielten.
Am häufigsten sehen die befragten Unternehmen den Nutzen eines effektiven Diversity Managements in der Verbesserung des eigenen Images. (Bild: 123RF)
Diversity bedeutet Vielfalt. Vielfalt wird zunehmend wichtig für Unternehmen, dies unter anderem auch als Folge des technologischen, demografischen und gesellschaftlichen Wandels. Zahlreiche Unternehmen haben erkannt, dass ein umfassendes und nachhaltiges Diversity Management für das Unternehmen klare Vorteile erbringt. Bereits zum dritten Mal hat das Institut für Finanzdienstleistungen Zug IFZ der Hochschule Luzern den Diversity Index erhoben, der 2017 publiziert wurde. In der zweiten Jahreshälfte 2018 wird voraussichtlich die nächste Umfrage lanciert.
Ziel des Diversity Index ist es, die Heterogenität der Belegschaft in Organisationen zu messen und diese mittels einer Kennzahl abzubilden. In einer Online-Umfrage beantworteten bei der letzten Erhebung 37 Unternehmen rund 50 Fragen zur allgemeinen Organisation des Unternehmens mit besonderem Fokus auf das Diversity Management anhand der Kriterien Alter, Geschlecht, Nationalität, Religion und Gesundheit. Damit erhalten die teilnehmenden Unternehmen eine umfassende Standortanalyse und können sich im Sinne eines Benchmarkings mit den anderen teilnehmenden Organisationen vergleichen und diese Werte auch im Geschäfts- sowie Nachhaltigkeitsbericht ausweisen.
Image «Bei IKEA arbeiten wir seit Jahren gezielt daran, Gleichberechtigung zwischen
Männern und Frauen zu erreichen. Insbesondere in der Schweiz haben wir hier
einiges erreicht, etwa dass 50 Prozent unserer Geschäftsleitungsmitglieder weiblich sind. Wir haben zudem einen Vaterschaftsurlaub von bis zu zwei Monaten eingeführt.
Ein anderer Fokusbereich ist die Wiederintegration von Personen über 50. Das gute
Resultat im Diversity Index zeigt uns, dass wir auf dem richtigen Weg sind.»
Ina Rhöös, Diversity & Inclusion Managerin, IKEA
Diversity Management bringt Nutzen
Gemäss der neusten Diversity-Index-Erhebung hat die Mehrheit der Befragten, nämlich 43 Prozent, zwar noch keine Person bestimmt, die für Diversity verantwortlich ist, dennoch verfügen immerhin 32 Prozent über eine solche fachverantwortliche Person und 24 Prozent aller befragten Unternehmen betreiben bereits eine eigenständige Diversity-Abteilung. Dabei ist die für Diversity verantwortliche Person in 71 Prozent der Fälle direkt der Geschäftsleitung unterstellt. Im Vergleich zur ersten Erhebung im Jahr 2013 haben sich diese Zahlen kontinuierlich erhöht.
Gemäss der dritten Erhebung bezieht sich der Nutzen eines nachhaltigen Diversity Managements für die Unternehmen auf verschiedene Aspekte, welche klar über die Personalpolitik hinausgehen. Wie aus der Abbildung 1 hervorgeht, wird an erster Stelle die Verbesserung des öffentlichen Images genannt, gefolgt von der Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens.
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In Anbetracht der weltweit zunehmenden Wettbewerbsintensität auf den meisten Märkten als eine der Folgen der Globalisierung verwundert das nicht. Am dritthäufigsten sehen die befragten Unternehmen den Nutzen eines effektiven Diversity Managements in der Verbesserung der Zufriedenheit der Mitarbeitenden. Zufriedene Arbeitnehmende sind ein massgeblicher Erfolgsfaktor, um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben. So lassen sich damit nicht nur Kosten senken, es begünstigt auch die Chance, gute Mitarbeitende zu halten und neue dazuzugewinnen.
Neben interessanten Erkenntnissen in Bezug auf die betrachteten Diversity-Dimensionen Nationalität, Religion und Gesundheit erscheinen aufgrund der grossen Bedeutung der Frauen im Arbeitsmarkt die Resultate zum Thema Gender sowie im Hinblick auf die alternde Erwerbsbevölkerung und den Fachkräftemangel zum Thema Alter besonders erwähnenswert, zumal Schlagworte wie War for Talents, Fachkräftemangel, Nachfolgeplanung und Betriebliches Gesundheitsmanagement mehr denn je in aller Munde sind.
Image «Es war unsere erste Teilnahme beim Diversity Index. Es ist interessant zu sehen, wo wir im Vergleich zu anderen Schweizer Firmen stehen, und wir haben uns über den 5. Rang sehr gefreut. Wir werden weiterhin am Index teilnehmen – auch mit der Motivation, dieses Thema weiterzuentwickeln. Als männlich dominiertes Unternehmen mit 24 Prozent Frauen macht sich Skyguide so sichtbar, um mehr Frauen zu rekrutieren. Als nächstes werden wir die Generationen-Thematik angehen.»
Christiane Damal, Head People Development/Diversity and Health, Skyguide
Wenig Frauen in Topgremien
Bezüglich der Genderperspektive bringt die Erhebung deutlich zum Ausdruck, dass ab der Hierarchiestufe mit Führungsverantwortung und aufwärts weniger Frauen als Männer beschäftigt werden. Innerhalb der befragten Firmen liegt der Frauenanteil insgesamt bei rund 37 Prozent, wovon die Mehrheit keine Führungsposition innehat. In der Geschäftsleitung (GL) und im Verwaltungsrat (VR) ist der Frauenanteil nach wie vor tief. Die tiefen Frauenanteile sind erstaunlich, denn 97 Prozent der befragten Organisationen haben gemäss eigenen Angaben Massnahmen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie ergriffen. 59 Prozent verfügen zudem über Ziele bezüglich der Geschlechterverteilungen, teilweise gar mit lohnrelevanten Konsequenzen für die Verantwortlichen bei Nichterfüllung.
Auch in Bezug auf die Elternschaft bestehen grosse Ungleichgewichte. Durchschnittlich haben rund 33 Prozent der Frauen und 42 Prozent der Männer in den untersuchten Unternehmen Kinder. Bei höheren Positionen fällt der Unterschied noch deutlicher aus: Nur ein Viertel der auf den oberen Hierarchiestufen tätigen Frauen sind Mütter, aber über die Hälfte der dort arbeitenden Männer sind Väter. Weiter kehrt jede dritte Frau nach der Mutterschaft nicht zur Arbeit zurück. Damit geht wertvolles unternehmensspezifisches Know-how verloren.
Image «Diversität ist für das PSI ein wichtiges Thema, um die besten Talente zu rekrutieren. Zudem liefern verschiedene Studien starke Indizien dafür, dass Teams, in denen Diversität gelebt wird, kreativer und erfolgreicher sind. Als Bundesinstitut ist es uns ein Anliegen, auch nationale Vorschriften zu den Themen Inklusion und Diversität zu erfüllen. Weil es uns mit diesen Anliegen ernst ist und zum Austausch mit den anderen teilnehmenden Institutionen machen wir beim Diversity Index mit.»
Natalie Lerch-Pieper, Diversity-Beauftragte, Paul Scherrer Institut (PSI)
Wissen der älteren Mitarbeitenden
Abbildung 2 zeigt, welche Diversity-Praktiken von den befragten Unternehmen aktiv unterstützt werden. Nach dem mit 92 Prozent am häufigsten genannten Aspekt Geschlecht folgt mit 86 Prozent der Aspekt Alter» Besondere Aufmerksamkeit verdient dabei eine genauere Betrachtung der Altersanteile in Schweizer Unternehmen mit Fokus auf die Hierarchiestufen. Die Zahlen deuten insbesondere für die höheren Hierarchiestufen auf eine alterszentrierte Altersstruktur hin.
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Das Durchschnittsalter der Mitarbeitenden (ohne VR) über alle befragten Organisationen hinweg beträgt rund 41 Jahre, wobei Führungspersonen im Schnitt rund 51 Jahre alt sind. Im Hinblick auf die alternde Gesellschaft interessiert insbesondere auch der Anteil der 50+-Generation. Dieser Anteil liegt gesamthaft bei rund 25 Prozent, und bei rund 30 Prozent bei Führungspersonen. Generell kann festgehalten werden: Je höher die berufliche Stellung, desto älter sind die Mitarbeitenden. So sind Personen im Verwaltungsrat durchschnittlich älter als in den übrigen Positionen. Sie sind durchschnittlich 55 Jahre alt. Der Anteil der 50-jährigen oder älteren Mitarbeitenden liegt im Verwaltungsrat bei rund 70 Prozent. Dagegen liegt der Anteil der unter 35-Jährigen in dieser Position bei nur gerade 0,35 Prozent. Mitarbeitende ohne Führungsfunktion sind demnach im Durchschnitt deutlich jünger als in den übrigen Positionen. Im Schnitt liegt ihr Durchschnittsalter bei knapp 39 Jahren.
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Empfehlungen für die Praxis
Die Umfrageergebnisse machen deutlich, dass in den Unternehmen in Bezug auf alle Diversity-Dimensionen viel Arbeit bei der Entwicklung und Umsetzung eines nachhaltigen Diversity Managements besteht. In Bezug auf die beiden betrachteten Aspekte Geschlecht und Alter lassen sich folgende Handlungsempfehlungen an die Adresse der Unternehmen ableiten: Trotz einer Vielzahl eingeführter Massnahmen und entsprechender Fortschritte besteht im Gender-Bereich weiteres Aufholpotenzial. Die entsprechenden Massnahmen beziehen sich nur bedingt auf die Rekrutierung von jüngeren Arbeitskräften.
Vielmehr sollten die Unternehmen vermehrt auch bei der Weiterentwicklung des Personals ansetzen, Frauen innerhalb der Organisation weiter fördern und Stellen mit entsprechender Flexibilität bereitstellen. Viele Frauen kommen nach wie vor kaum über das mittlere Management hinaus – insbesondere, wenn sie Mütter sind. Massnahmen wie flexible Arbeitszeitmodelle und Teilzeit, die grundsätzlich für beide Geschlechter und auch für hoch qualifizierte Arbeitnehmende angeboten werden sollten, sind für die Organisationen zentral, um sich künftig als attraktive Arbeitgeberinnen zu positionieren.
Bezüglich der Diversity-Dimension Alter haben alle teilnehmenden Unternehmen angegeben, während der letzten fünf Jahre Arbeitskräfte der Generation 50+ eingestellt zu haben, und über 87 Prozent unterstützen ihre älteren Mitarbeitenden in Bezug auf den Erhalt ihrer Arbeitsmarktfähigkeit. Dies ist insbesondere im Zuge der sich anbahnenden Veränderungen in der Arbeitswelt, unter anderem im Zusammenhang mit der Digitalisierung und einer höheren notwendigen Jobmobilität, sehr wichtig. Bei der Personalrekrutierung wiederum sollte der Fokus vermehrt auf ältere Mitarbeitende gelegt werden, um deren Wissen für die optimale Unterstützung der Nachwuchskräfte und zum Wohl der Organisation einsetzen zu können.
Zusätzlich zu Massnahmen bezüglich der beiden Dimensionen Geschlecht und Alter sind folgende Erkenntnisse für die Umsetzung eines nachhaltigen Diversity Managements von grosser Bedeutung: Diversity in Organisationen ist mitunter dann erfolgreich, wenn dieses nachhaltig verankert und auch gelebt wird. Das beinhaltet beispielsweise eine eigene Diversity-Abteilung, welche direkt an die Geschäftsleitung rapportiert, sowie das explizite Festhalten der Diversity-Prinzipen im Unternehmensleitbild, in der Unternehmensstrategie oder anderen übergeordneten Dokumenten mit strategischer Dimension.
Namentlich sollte der wirtschaftliche Nutzen von Diversity ins Bewusstsein der Geschäftsleitung dringen. Denn der Nutzen von Diversity ist nicht nur auf die Aussenwirkung des Unternehmens und das öffentliche Image begrenzt. Diversity Management erhöht nachhaltig die Mitarbeitenden- und die Kundenzufriedenheit, was sich schliesslich positiv auf die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens auswirkt. Eine andauernde Beschäftigung mit dem Thema über die Zeit, die Einbindung des Top-Managements, aber auch der gesamten Belegschaft sind zentral, denn eine nachhaltige Implementierung von Massnahmen lässt sich nicht in einem Jahr realisieren.
Diversity Index
Das Forschungsprojekt «Diversity Index» vom Institut für Finanzdienstleistungen Zug IFZ der Hochschule Luzern ermittelt gemeinsam mit der Wirtschaft den Umsetzungsgrad des Diversity Managements in Schweizer Organisationen.
Der Diversity Index erlaubt es, das Diversity Management in einer Organisation quantitativ zu erfassen und damit Stärken und Schwächen aufzuzeigen. Die ermittelten Werte können durch die qualitative Analyse zu Massnahmen führen, um letztendlich aus der wirtschaftlichen Betrachtung den bestmöglichen Nutzen zu generieren.
Via Online-Umfrage ermittelt der Diversity Index die Umsetzung des Managements der Vielfalt in Schweizer Organisationen, die den weltweiten Hauptsitz, den Sitz der Länder- oder Europagesellschaft oder den Hauptsitz einer Division in der Schweiz haben sowie mindestens 250 Mitarbeitende beschäftigen.
2013 wurde der Diversity Index zum ersten Mal erhoben und wird seither regelmässig ermittelt. Die Umsetzung von Diversity Management wird dabei durch die folgenden sechs Kategorien gemessen:
- Allgemeine Fragen zum Diversity Management
- Fragen zum Kriterium Alter
- Fragen zum Kriterium Geschlecht
- Fragen zum Kriterium Nationalität
- Fragen zum Kriterium Religion
- Fragen zum Kriterium Gesundheit
Dem Ansatz eines ganzheitlichen Diversity Managements folgend, sind auch weitere Kriterien im allgemeinen Teil der Umfrage miteingeschlossen. Jede Organisation erhält nach erfolgreicher Teilnahme eine Auswertung zu den Ergebnissen.
Die ersten Plätze des Rankings sowie alle teilnehmenden indexierten Firmen werden veröffentlicht, jedoch werden keine Detailinformationen aus Antworten einzelner Fragen ohne Rücksprache mit der entsprechenden Organisation publiziert.
Die nächste Umfrage wird voraussichtlich in der zweiten Jahreshälfte 2018 lanciert.
Die vollständigen Resultate aus der 3. Erhebung des Diversity Index sind verfügbar unter http://diversity-index.ch.Quelle:
Dr. Anina Hille, Prof. Dr. Yvonne Seiler Zimmermann, Prof. Dr. Gabrielle Wanzenried: IFZ Diversity Studie. Schriften aus dem Institut für Finanzdienstleistungen Zug IFZ Band 44, Verlag IFZ – Hochschule Luzern, 2017.