HR Today Nr. 1&2/2017: HR-Awards

Im Dickicht des Award-Dschungels

HR-Awards spriessen wie Pilze aus dem Boden. Sich eine Übersicht zu verschaffen, fällt nicht leicht. Wir haben mit drei etablierten Award-Anbietern über den Wildwuchs gesprochen und den Markt auf Newcomer überprüft.

Wer sich mit einem klaren Verbesserungsziel vor Augen auf die Suche nach einem geeigneten Award macht, kann diese zwar fokussierter gestalten, eine Arbeitgeber-Award-Übersicht auf Knopfdruck gibt es jedoch nicht. Das weiss auch Helena Trachsel, Leiterin der Fachstelle für Gleichstellung von Mann und Frau des Kantons Zürich und Herausgeberin des Prix Balance: «Um mir einen Überblick über alle aktuellen Arbeitgeber-Awards im Kanton Zürich zu verschaffen, habe ich zwei bis drei Monate alle Berichterstattungen über Award-Verleihungen gesammelt und in meinem Netzwerk herumgefragt.»

Die steigende Zahl an Arbeitgeber-Awards erklärt sich Trachsel folgendermassen: «Mit Preisverleihungen versuchen Dienstleister auf ihre Angebote und Produkte aufmerksam zu machen.» Die Verweildauer auf dem Markt sei jedoch oft kurz, denn viele Award-Veranstalter bemühten sich um dieselben Teilnehmer und könnten sich gegenüber etablierten Anbietern nur schwer durchsetzen. «Häufig verschwinden Awards nach wenigen Jahren vom Markt, weil die sinkenden Teilnehmerzahlen eine Durchführung nicht mehr zulassen oder sich immer wieder dieselben Firmen bewerben.» Es fehle an Kontinuität, so ihre Diagnose.

Awards kommen und gehen

Ein ständiges Award-Kommen und -Gehen konstatiert auch Michael Hermann, CEO von Great Place To Work. Noch vor der Frage nach der Wahl eines Arbeitgeber-Awards sollte für ihn die Frage stehen, «was die Mitarbeitenden im Unternehmen begeistert, was sie stört und wie man dies verbessern kann, um auch künftig engagierte Mitarbeitende anzuziehen und zu halten». Darüber hinaus vermutet er, dass viele Arbeitgeber-Awards «für die breite Masse der Arbeitnehmenden nicht besonders relevant sind» und die teilnehmenden Firmen nicht dabei unterstützen, sich als Arbeitgeber zu verbessern. «Eine Arbeitgeber-Auszeichnung darf nicht käuflich sein», findet Sven Bühler von Icommit, einem auf Mitarbeiterbefragungen spezialisierten Marktforschungsinstitut, das auch den Swiss Arbeitgeber Award verleiht. «Deshalb wird nur ein Drittel aller Unternehmen von uns ausgezeichnet.»

Für Michael Herrmann zeigt sich die Qualität eines Awards darin, ob dieser «misst, was er vorgibt und die Frage beantwortet, wie gut ein Unternehmen als Arbeitgeber dasteht». Das sei keine Selbstverständlichkeit, denn viele Arbeitgeber-Awards beurteilten nur einen Teilbereich.

Um ein realistisches Abbild einer Unternehmenskultur zu erhalten, sei es jedoch wichtig, akribisch Kriterien abzufragen, wie etwa die Qualität der Zusammenarbeit von Mitarbeitenden und Vorgesetzten und deren Führungsverhalten, ob sich Mitarbeitende wertgeschätzt und anerkannt fühlten, sich mit ihrer Tätigkeit identifizierten, an beruflichen Entwicklungsmassnahmen teilnähmen, chancengleich behandelt würden sowie Familie und Beruf vereinbaren könnten. Ein gesamtheitliches Bild über eine Unternehmenskultur gewinne man nur durch «eine Vollbefragung der Mitarbeitenden oder eine statistisch bedeutende Stichprobe».

Während Herrmann Mitarbeiterbefragungen den Vorzug gibt, um versteckte Arbeitgeber-Qualitäten zu ermitteln, lassen sich für Helena Trachsel Diskrepanzen zwischen gelebter Unternehmenskultur und den vollmundigen Behauptungen in den Hochglanz-Firmenbroschüren auch in Gesprächen mit der Unternehmens­leitung und den Führungskräften eruieren. Etwa indem Fachexperten bei vermeintlich familienfreundlichen Unternehmen feststellen, dass im Unternehmen faktisch kaum jemand Teilzeit arbeitet oder nur wenige Mütter aus dem Mutterschaftsurlaub in den angestammten Job zurückkehren. Dafür müssten die Anbieter jedoch gezielt nachfragen.

Übersicht Newcomer-Awards

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Chefredaktorin, HR Today. cp@hrtoday.ch

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