HR Today Nr. 3/2018: Diversity

«LGBT soll kein Stempel sein»

Yvonne Seitz ist seit 2008 bei der Axa Winterthur verantwortlich für Diversity. Die Axa wolle Diversity in ihrer Ganzheit leben. Dazu gehöre auch das Thema LGBT. Als ein Aspekt – denn am Ende müsse es immer um den ganzen Menschen gehen.

«Wir wollen Diversity in unserer DNA verankern», sagt Yvonne Seitz, Head Diversity & Employer Attracitiveness der Axa Winterthur. «Diversity soll irgendwann so selbstverständlich sein, dass es dafür keine spezifischen Programme mehr braucht.» Bis dahin sieht sie es als ihre Aufgabe, Diversity in die Strategie, die Strukturen und die Kultur der Axa zu integrieren.

Zur konzernweiten Axa-Struktur gehört, dass es in jeder Ländergesellschaft einen sogenannten «Diversity-Champion» gibt: eine Person aus der Geschäftsleitung, die neben dem Tagesgeschäft für eine begrenzte Zeit von zwei Jahren das Mandat übernimmt, Diversity in den Business-Alltag zu integrieren. «Damit wollen wir das Thema breit verankern. Es soll eben nicht nur das HR sein, das Diversity vorantreibt», erklärt Seitz.

Diskriminierungsfreies Umfeld

«Wir wollen Diversity in ihrer Gesamtheit leben», sagt Seitz. Dazu gehöre auch der Aspekt der sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität. «Alle sollen sich selbst sein können, niemand soll sich aufgrund eines Persönlichkeitsaspekts verstecken müssen.»

Spezifisch zu diesem Thema hat die Axa-Gruppe vergangenes Jahr eine interne Sensibilisierungskampagne durchgeführt. Das Motto: «I can be me». Eine konzernweite Kampagne, die jedes Land individuell umgesetzt hat. «Wir haben beispielsweise Schokolade in regenbogenfarbenen Boxen mit der Aufschrift ‹Inside we are all the same› verteilt – als Symbol dafür, dass wir alle – unabhängig von unseren sicht- oder unsichtbaren Persönlichkeitsmerkmalen – Menschen sind. Diese Boxen haben wir an verschiedenen Orten im Unternehmen verteilt und dabei mit den Leuten über das Thema diskriminierungsfreies Umfeld gesprochen.»

Ebenfalls spezifisch zum Thema LGBT hat die Axa Winterthur zusammen mit externen Beratern mehrere HR-Workshops durchgeführt. «Wir haben zusammen angeschaut, inwiefern LGBT im HR-Alltag ein Thema sein kann, zum Beispiel beim Talentmanagement oder beim Recruiting.»

Fokus auf den ganzen Menschen

Bei all diesen LGBT-spezifischen Massnahmen betont Seitz, dass es beim Diversity-Ansatz der Axa immer um den ganzen Menschen gehe: «In diesen beiden Fällen haben wir auf eine einzelne Ausprägung von Diversity fokussiert. Bei uns arbeitet aber nicht der Schwule oder der Nordländer oder die alleinerziehende Mutter. Sondern Menschen.»

Seitz untermauert das mit folgendem Beispiel: Auf dem Blog «inside Axa» porträtiere sie jede Woche eine Mitarbeiterin oder einen Mitarbeiter. Damit wolle sie die Menschen hinter der Marke zeigen. «Dort habe ich auch schon Personen porträtiert, die  homosexuell sind.» Das sei dann aber einfach eine Facette in diesem ganzen Porträt, sagt Seitz. Genauso, wie zum Beispiel eine ältere Mitarbeiterin porträtiert wurde, die sich neben ihrem Job für beeinträchtigte Menschen oder als Gemeinderätin engagiere. Kurz: «Menschen sind vielfältig und diese Vielfalt ist bereichernd. LGBT soll demnach kein Stempel sein.»

Weitere Beispiele, mit denen Axa Winterthur die Diversität ihrer Mitarbeitenden fördern möchte: Das Unternehmen hat freiwillig einen vierwöchigen Vaterschaftsurlaub eingeführt. «Der gilt für alle, unabhängig von der Familienform ­– also selbstverständlich auch für gleichgeschlechtliche Paare.» Zudem hat die Axa ein Diversity-Council implementiert, in dem auch Vertreter aus der LGBT-Community vertreten sind. «Wir wollen hier Stimmen von möglichst vielen unterschiedlichen Mitarbeitenden vereinen.»

Doch wie erreicht man in einem Unternehmen mit 4000 Mitarbeitenden, dass Diversity tatsächlich auf allen Ebenen gelebt wird? «Bestimmt nicht von heute auf morgen», antwortet Seitz. «Es ist eine lange Reise.» Wichtig sei das Dreieck von strategischem Fokus, Struktur und Kultur. Eine grosse Rolle spiele zudem die interne Kommunikation. Und es brauche Vorbilder.

Netzwerk aus Multiplikatoren

Yvonne Seitz ist seit 2008 bei der Axa Winterthur für Diversity verantwortlich. In dieser Zeit habe sich das Thema stark weiterentwickelt. «Am Anfang lief sehr vieles über die Diversity-Stelle. Wenn beispielsweise jemand Teilzeit arbeiten wollte, wandte er oder sie sich direkt an mich.» Mittlerweile habe sich das verändert: «Heute haben wir sehr viele Leute im Unternehmen, die flexible Arbeitsmodelle wie Teilzeit oder Home-Office nutzen. Interessierte wenden sich nun viel öfter direkt an Kolleginnen oder Kollegen, die solche Modelle leben. Und Führungskräfte, die mit einem Diversity-Thema konfrontiert sind, wenden sich an andere Führungskräfte, von denen sie wissen, dass sie Erfahrung damit haben.»

So entstehe eine Art Netzwerk aus Multiplikatoren: «Ich möchte die Leute inspirieren, unterstützen und schliesslich auch miteinander vernetzen. Das Thema Diversity soll nicht nur bei mir sein, sondern in die DNA der Firmenkultur einfliessen. Alle sollen voneinander lernen.»

Diversity ständig neu erfinden

Die Herausforderungen bei der Umsetzung von Diversity würden sich je nach Phase unterscheiden. Ganz am Anfang sei es eine Herausforderung gewesen, den Wert von Diversity sichtbar zu machen. Mittlerweile hätten sich die Herausforderungen gewandelt. «Heute geht es eher darum, Diversity immer wieder neu zu erfinden. Man kann nicht einmal ein Programm ins Leben rufen und glauben, damit wäre es getan. Das Unternehmen, die Kultur und die Leute entwickeln sich weiter, und auch Diversity muss sich weiterentwickeln und immer wieder herausfinden, wo Mehrwert generiert werden kann.»

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