HR Today Nr. 3/2019: Lichterlöschen – Vor dem Aus

Worst Case: Der Ablauf einer Pleite

Angenommen, alle Stricke reissen und Ihr Arbeitgeber kann seine Schulden nicht mehr begleichen. Das führt zu einem Konkursverfahren, das durch Ihr Unternehmen oder dessen Gläubiger eingeleitet wird.

Mit der Eröffnung des Konkursverfahrens verliert die Firmenleitung das Recht, Geschäfte zu tätigen und über die verfügbaren Aktiven, die sogenannte Konkursmasse, zu bestimmen. Diese wird vom Konkursamt dazu eingesetzt, um die offenen Forderungen der Gläubiger zu decken.

Meist können jedoch nur geringe Rückzahlungen gemacht werden. Für Human Resources sind in einem Konkursverfahren die Löhne der Mitarbeitenden hervorzuheben. Diese gelten als Forderungen erster Klasse und werden bevorzugt behandelt. Forderungen von Kunden und Lieferanten dagegen werden erst beglichen, wenn alle anderen Schulden bezahlt sind.

Konkursverfahren auf eigenes 
Begehren

Wenn der Verwaltungsrat von einer Überschuldung ausgehen muss, ist er verpflichtet, eine Zwischenbilanz zu erstellen und diese der Revisionsstelle vorzulegen. Bestätigt sich, dass die geschuldeten Forderungen nicht beglichen werden können, muss der Richter des zuständigen Bezirksgerichts über die Insolvenz informiert und ein Konkursverfahren eingeleitet werden. Auf Antrag des Verwaltungsrats oder eines Gläubigers kann das Gericht den Konkurs aufschieben, falls Aussicht auf eine Sanierung besteht. Eine weitere Möglichkeit ist die Einigung des Schuldners mit den Gläubigern.

Konkursverfahren durch Gläubiger

Wenn eine Forderung nicht bezahlt wird, kann der Gläubiger ein Betreibungsverfahren einleiten. Bei Firmen führt dies zur sogenannten Betreibung durch Konkurs. Sie hat das Ziel, das Vermögen der insolventen Unternehmung zur grösstmöglichen Deckung der Schulden zu nutzen. Dazu muss der Gläubiger zunächst ein Formular für ein Betreibungsbegehren einreichen. Das Betreibungsamt erstellt daraufhin einen Zahlungsbefehl und übermittelt diesen dem Schuldner. Bezahlt dieser nicht innert 20 Tagen und reagiert er auch sonst nicht, beginnt der eigentliche Konkurs. Bestreitet der Schuldner dagegen eine Forderung, kann der Gläubiger beim Richter ein Rechtsöffnungsverfahren verlangen.

Liquidation der Unternehmung

Hat der Richter die Konkurseröffnung verkündet, wird die Liquidation abgewickelt. Falls die Aktiven die üblichen Liquidationskosten von 5000 bis 10 000 Franken nicht decken, wird das Konkursverfahren eingestellt. Nach der entsprechenden Publikation und einer Einsprachefrist von zehn Tagen wird die Unternehmung aus dem Handelsregister gelöscht. Ansonsten kommt es zum Konkursverfahren.

Das summarische Konkursverfahren

Das summarische Konkursverfahren wird durchgeführt, wenn die Verhältnisse einfach sind oder die Firma nicht viele Vermögenswerte besitzt. Es ist die häufigste Art des Konkurses, sofern das Konkursverfahren nicht eingestellt wurde.

Das Konkursamt hat das Verfahren beim Konkursgericht zu beantragen. Dies umfasst folgende Schritte:

  • 
Inventar: Das Konkursamt inventarisiert das Gesellschaftsvermögen. Das Management der konkursiten Unternehmung ist verpflichtet, dem Konkursamt alle notwendigen Auskünfte zu erteilen.
  • 
Schuldenruf: Veröffentlichung der Konkurseröffnung durch das Konkursamt. Die Gläubiger haben einen Monat Zeit, ihre Forderung geltend zu machen.
  • 
Verwaltung der Konkursmasse: Das Konkursamt vergleicht die beim Schuldenruf ermittelten Forderungen mit den Büchern der insolventen Unternehmung. Es erarbeitet eine endgültige Aufstellung der Aktiven und Passiven und hält fest, welche Entscheidungen noch zu treffen sind.
  • 
Kollokationsplan: Das Konkursamt erstellt eine vollständige Auflistung der Passiven. Gläubiger haben die Möglichkeit, diesen Kollokationsplan anzufechten.
  • 
Verwertung: Das Konkursamt versteigert oder verkauft die Vermögensgegenstände des Konkursiten.
  • 
Verteilung: Das Konkursamt verteilt die Verwertungserlöse, gemäss Rangklasse der Gläubiger nach Abzug der Konkurskosten.
  • 
Schluss des Verfahrens: Auf Entscheid des Konkursgerichts wird das Verfahren abgeschlossen. Dies wird im Amtsblatt veröffentlicht und das Unternehmen aus dem Handelsregister gelöscht.

Bei grossen und komplexen Konkursfällen kommt das ordentliche Konkursverfahren zum Tragen. Anders als beim summarischen Verfahren werden zwei Versammlungen einberufen, bei denen die Gläubiger den Ablauf des Konkursverfahrens überwachen und prüfen können. Eine spezialisierte rechtliche Unterstützung ist in jedem Fall empfehlenswert, um für die Mitarbeitenden und die anderen Stakeholder der Firma einen sauberen und fairen Abschluss zu ermöglichen.

Fazit: Das HR ist gefordert

Durch die gesetzlich vorgeschriebene Sorgfalts- und Treuepflicht ist es die Aufgabe von Human Resources, Missstände offenzulegen. Im Konkursfall sind die Mitarbeitenden über ihre Rechte aufzuklären, insbesondere über die offenen Löhne und die künftigen Lohnzahlungen. Aus Sicht der Mitarbeitenden ist der Konkurs eine einschneidende Veränderung. Diese sollte vom Arbeitgeber zumindest mit professioneller Kommunikation und Unterstützung begleitet werden.

Checkliste

Wie sollte HR im Konkursfall kommunizieren?

Der Konkurs einer Unternehmung ist für die Mitarbeitenden ein kräftezehrender Veränderungsprozess. Human Resources kann diesen kommunikativ unterstützen, wobei die folgenden vier Regeln besonders hilfreich sind:

  • 
Aktive Kommunikation statt Schweigen. Die Meinungen sollen keine unkontrollierte Eigendynamik entwickeln, deshalb ist proaktive Information wichtig. Schweigen hinterlässt keinen souveränen Eindruck.

  • 
Konkrete Ankündigungen statt allgemeiner Statements. Diese heizen Spekulationen und Gerüchte erst recht an.

  • 
Bad news first statt Salamitaktik. Eine möglichst frühzeitige und vollständige Kommunikation ermöglicht zukunftsorientiertes Denken und Handeln.

  • 
Feedback statt Verkündigung. Die Unternehmensleitung muss Präsenz zeigen und bereit sein, die Reaktionen der Mitarbeitenden – auch negative – anzunehmen.

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Marlies Tognella-Abbrederis ist Director Human Resources bei Bisnode D&B, einem Anbieter für Data & Analytics. Die Bisnode-Gruppe mit Hauptsitz in Stockholm beschäftigt rund 2100 Mitarbeitende in 19 europäischen Ländern.

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