HR Today Nr. 10/2017: Benefits

Zückerchen, die ködern

Gratis Sport à gogo, Rhabarber-Schorle oder unbegrenzt Ferien. Sieben Praxisbeispiele zeigen, wie Unternehmen mit originellen Fringe Benefits potenzielle Mitarbeitende anlocken.

Gratis-Sport à gogo

Auf dem Firmengelände befinden sich ein Fitnessstudio, ein Fussballplatz, ein Leichtathletik-Stadion, ein Tennis- und ein Basketballplatz, Beachvolleyball-Felder sowie eine Kletteranlage. Am Hauptsitz von Adidas im bayrischen Herzogenaurach arbeitet die 5000-köpfige Belegschaft der Konzern-Zentrale in einem Sport-Eldorado.

Mitarbeitende haben kostengünstigen Zugang zu Fitnesskursen, können an Workshops zum Thema Ernährung teilnehmen oder einzelne Sportkurse separat buchen. Mit Ausnahme des Fitnessstudios sind alle Sportstätten kostenlos nutzbar. «Sport hat die Kraft, Leben zu verändern», erklärt Martin Welke, Senior Director Fitness & Health Management, die Motivation des Unternehmens, so viel in die Fitness seiner Mitarbeitenden zu investieren. «Mitarbeitende sollen die Werte, denen wir uns als Arbeitgeber verpflichtet haben, selbst spüren, sehen und erleben.»

Angebote, die auf Begeisterung stossen, denn rund die Hälfte der Angestellten nutzt diese. Ein weiterer Teil organisiert Lauf- und Teamsportgruppen. «Damit erreichen wir nahezu alle Mitarbeitenden.» Im Sinne einer nachhaltigen Personalstrategie wolle man aber auch einen gesunden und ausgewogenen Lebensstil fördern und die Sportangebote beim Employer Branding und in der Direktansprache potenzieller Mitarbeitender nutzen. «Für Bewerber spielen diese Rahmenbedingungen eine wichtige Rolle und tragen massgeblich zur Arbeitgeberattraktivität von Adidas bei.»

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«Sport hat die Kraft, Leben zu verändern.»

Martin Welke, Senior Director Fitness & Health Management, Adidas, Herzogenaurach

Öko-Subventionen

«Mit dem «COyou2»- Programm wollten wir die Klimakompetenz unserer Mitarbeitenden erhöhen und ihr Bewusstsein für den Klimawandel stärken», sagt Andreas Schulthess, Head HR Switzerland der Swiss Re.

Mit dem Programm subventioniert der Rückversicherer Investitionen zur Reduktion von Treibhausgas-Emissionen, welche die rund 14 000 Mitarbeitenden weltweit privat tätigen, mit bis zu 50 Prozent oder bis zu 5000 Franken pro Person.

Die Subventionspalette des Rückversicherers reicht von Sonnenkollektoren, Wärmepumpen und Haushaltgeräten über elektrische Autos oder Velos bis hin zu ÖV-Abonnements.

Das Angebot wird rege genutzt: So hat Swiss Re 2016 exakt 2449 Anträge für Haushaltsgeräte, Heiminfrastruktur und Mobilität gutgeheissen. «Das Programm hat einen positiven Beitrag im Employer Branding geleistet und Swiss Re als engagiertes Unternehmen bekannt gemacht, das den Worten Taten folgen lässt.»

Schulthess zieht eine positive Bilanz. «Als globaler Rückversicherer setzen wir uns mit dem Thema Klimaveränderung vertieft auseinander, weil diese unsere Geschäftstätigkeit stark beeinflusst.» So hätten Naturkatastrophen wie Hurrikane, Überschwemmungen oder Dürren in den vergangenen Jahren wesentlich zugenommen und weltweit grosse Schäden verursacht, für die der globale Rückversicherer aufkommen müsse.

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«Wir wollten die Klimakompetenz unserer Mitarbeitenden erhöhen.»

Andreas Schulthess, Head HR Switzerland, Swiss Re

Rhabarber-Schorle als Eisbrecher

Die auf Immobilien spezialisierte Wiesbadener Aareal Bank hat sich extern und intern der Rhabarber-Schorle verschrieben. Mit diesem Getränk wirbt die Bank nicht nur in den Sozialen Medien, sondern ebenso auf Plakaten an Studentenmessen. «Die Rhabarber-Schorle war ursprünglich ein Teil unserer veränderten Candidate Journey», so Sebastian Sellinat, Senior Manager Human Resources. «Die üblichen Softdrinks, die wir Kandidaten bis anhin anboten, fanden wir nicht hipp.» So sei man auf einen Getränkehersteller aus dem Berliner Kiez Kreuzberg aufmerksam geworden.

Seither diene das Softgetränk als «Eisbrecher» bei Bewerbungsgesprächen und lockere die Atmosphäre auf. Trotz interner Kritik («Brauchen wir das wirklich?») stosse das Getränk bei Bewerbern auf Anklang: «Sie finden es klasse, weil es modern wirkt.»

Am meisten freut es Sellin­at, «dass wir es als Bank geschafft haben, einen Zwinkermoment zu schaffen». Das sei für eine manchmal etwas steif wirkende Branche doch etwas aussergewöhnlich.

Daneben ist die Rhabarber-Schorle ein Fringe Benefit für Mitarbeitende geworden, den sich diese häufig zu Gemüt führen, obschon das Getränk nicht kostenlos ist: Sie müssen die Rhabarber-Schorle am Getränke-Automaten erstehen.

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«Die Rhabarber-Schorle war ursprünglich ein Teil unserer veränderten Candidate Journey. Die üblichen Softdrinks, die wir Kandidaten bis anhin anboten, fanden wir nicht hipp.»

Sebastian Sellinat, Senior Manager Human Resources, Aareal Bank, Wiesbaden.

Dentalhygiene-Kostenbeitrag

Die in der Innerschweiz angesiedelte Trisa Gruppe, die sich auf Mund-, Haar- und Körperpflegeprodukte spezialisiert hat und weltweit in über 80 Ländern vertreten ist, bezahlt seit 2013 pro Jahr und Person 50 Franken an die Dentalhygiene-Behandlung seiner rund 1100 Festangestellten.

Diese wissen diesen Fringe Benefit offensichtlich zu schätzen. «Das Echo ist von allen Seiten positiv», meint HR-Leiter Lucien Baum­gaertner. Kritik habe es bisher keine gegeben. «Auch Bewerber sind von diesem Fringe Benefit begeistert, weil dieser gut zu unseren Produkten passt.»

Damit sind beispielsweise eine Million elektrische und manuelle Zahnbürsten gemeint, die das Produktionswerk in Triengen täglich verlassen. «Aus der Forschung wissen wir, dass eine gründliche Mundhygiene den allgemeinen Gesundheitszustand positiv beeinflusst, deshalb hatten wir ursprünglich diskutiert, ob wir unseren Mitarbeitenden eine firmen­interne Dentalhygiene-Behandlung anbieten wollen.» Weil die meisten Mitarbeitenden bereits bei einem Zahnarzt in Behandlung seien, habe es sich als unkomplizierter erwiesen, einen Kostenbeitrag an die Dentalhygiene-Behandlung zu leis­ten.

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«Ein Beitrag zur Dentalhygiene passt sehr gut zu unseren Produkten.»

Lucien Baumgaertner, Leiter HR, Trisa Gruppe, Triengen

Unbegrenzt Ferien

Beim Fintech-Start-up Advanon gibt es unbegrenzt Ferien, wobei den Mitarbeitenden sogar der Flug und die Unterkunft bezahlt werden.
«Bevor wir diese Benefits einführten, haben unsere Mitarbeitenden zwar das eine oder andere verlängerte Wochenende frei gemacht, jedoch keine längeren Auszeiten genommen.» Das wollte man ändern. «Wir möchten, dass sich unsere Mitarbeitenden gut erholen.»

Um das Ferien-­Machen zu fördern, erstattet Advanon bei zweiwöchigen Ferien deshalb die Flug- und die Hotelkosten. Paradiesische Zustände, könnte man meinen.

Ganz so paradiesisch ist es gemäss Josie Biedermann, Head of HR and Admin, dann aber doch nicht: Zwar hätten die Ferienanträge dieses Jahr bereits zugenommen, «die Mitarbeitenden arbeiten aber immer noch hart, bevor sie in die Ferien gehen, damit ihre Teams die Ziele erreichen können».

Entstanden war die Idee der unbegrenzten Ferien innerhalb des Management-Teams, wozu auch die drei Advanon-Gründer gehören. «Wir wollten das gute
Arbeitsumfeld auch in der bevorstehenden Wachstumsphase beibehalten.»

Das Unternehmen stellt viele Leute aus der Finanz- und Tech-Branche an. Die neuen Benefits hätten dabei dazu beigetragen, «dass wir als attraktiver Arbeitnehmer wahrgenommen werden».

Offen steht das Angebot allen Vollzeitangestellten in Berlin und Zürich. Daneben gibt es «Advaperks for All» wie etwa Jahresabos für den öffentlichen Verkehr sowie verlängerte Mutter- und Vaterschaftsurlaube, von denen alle Gebrauch machen können.

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«Wir möchten, dass sich unsere Mitarbeitenden gut erholen.»

Josie Biedermann, Head of HR and Admin, Advanon AG, Zürich.

Velohelm & Regenjacke

Die rund 300 Spitex-Mitarbeitenden der Stadt Luzern legen kürzere Distanzen zwischen den vier Spitex-Standorten und den Kunden mit E-Bikes zurück. Um schwerwiegende Kopfverletzungen vorzubeugen, hat die Spitex Stadt Luzern alle extern arbeitenden Angestellten mit Velohelmen ausgestattet. Zusätzlich erhalten sie eine Regen- sowie eine Softshell-Jacke, um Wind und Wetter besser zu trotzen.

Ein Novum, denn Mitarbeitende mussten gemäss Tamara Renner, Geschäftsleiterin der Spitex Stadt Luzern, ihre «regenfeste Bekleidung früher selbst beschaffen». Mit der neuen Betriebskleidung seien Spitex-Mitarbeitende als positiver Nebeneffekt nun deutlich als solche erkennbar. Einen Velohelm erhalten nicht nur «Aussendienstmitarbeitende», sondern ebenso jene im Innendienst und eine der begehrten Jacken auf Anfrage. Fringe Benefits, welche die Mitarbeitenden zu schätzen wissen.

«Viele Mitarbeitende sind froh, ihre privaten Jacken nicht in alle möglichen Haushalte mitnehmen zu müssen», so Renner, «vor allem in solche, wo die Hygiene zu wünschen übrig lässt oder wo stark geraucht wird.» Viele Mitarbeitende hätten jedoch so Gefallen an der Spitex-Bekleidung gefunden, dass sie diese auch privat trügen – trotz Spitex-Logo.

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«Mitarbeitende haben so Gefallen an unserer Bekleidung gefunden, dass sie diese auch privat tragen – trotz Spitex-Logo.»

Tamara Renner, Geschäftsleiterin Spitex, Stadt Luzern

Wakeboarding für alle

Die Büroräumlichkeiten des inhabergeführten Unternehmens x28 mit 20 Mitarbeitenden liegen in Thalwil direkt am Zürichsee. In Büronähe ankert auch oft das Boot von Firmenchef Cornel Müller. «Wer morgens Punkt 7.55 Uhr bereit steht, kann mit an Bord kommen und mit uns wakeboarden.» Früher dürfe man auf dem Zürichsee keine Sportaktivitäten betreiben.

Damit die Wakeboard-Tour starten könne, seien mindes­tens drei Personen erforderlich. «Einer steuert, einer passt auf und der dritte fährt mit dem Wakeboard hinterher.» Die Seefahrt dauert meist zwischen 30 und 45 Minuten. Spätestens um 8.45 Uhr seien alle wieder im Büro.

Trotz der kurzen Dauer sei der Erholungseffekt nicht zu unterschätzen. «Nach dem Wakeboarden sind wir alle energiegeladen. Die Arbeit erledigt sich fast von allein.»

Besonders für langjährige Mitarbeitende sei das Wakeboarding inzwischen schon fast zum Lohnbestandteil geworden, meint Cornel Müller verschmitzt. Nebst dem Wakeboarding finden auf dem Anwesen zudem improvisierte Open-Air-Kinoveranstaltungen mit Bettlaken-Leinwänden statt. An sommerlichen Wochenenden kommen neben dem Firmeninhaber auch manche Mitarbeitende hierher, um sich bei Hochtemperaturen im See abzukühlen und gemeinsam auf der Wiese zu grillieren.

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«Nach dem Wakeboarden sind wir alle energiegeladen.»

Cornel Müller, Geschäftsführer x28, Thalwil

 

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Chefredaktorin, HR Today. cp@hrtoday.ch

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