Outsourcing

Wolkige Wundermittel gegen veraltetes HR?

Ist es zu schön, um wahr zu sein, oder können IT Services wie ASP, SaaS, Cloud Computing und Konsorten tatsächlich die Alltagsprobleme vieler HR-Abteilungen lösen? Wir beleuchten die bisweilen 
verwirrenden Pfade des Outsourcings und empfehlen, was bei Auslagerungswünschen in der HR-IT überlegt werden sollte.

Software as a Service (SaaS), Application Service Providing (ASP), Computing on Demand – hinter solchen, oft exotisch klingenden Begriffen verstecken sich unterschiedlichste Konzepte und Technologien. Am Ende geht es aber immer um eins: Auslagerung. Ein Anwender möchte sich nur die Hardware vom Hals schaffen, doch gerne Besitzer der Software bleiben. Andere suchen nach einfachen Mietlösungen, sei es für Soft- oder für Hardware, die binnen kürzester Zeit auf- und abgeschaltet werden können. Früher, in der guten alten Zeit, war alles einfacher. Wer ohne IT-Ballast weiter wollte, sprang auf den Outsourcing-Zug auf. In der Regel war klar, um was es dabei ging: die kostensparende Auslagerung von Hardware zu einem externen Dienstleister.

Begriffschaos verwirrt Anwender

Plötzlich war jedoch Outsourcing out und ASP in. Es ging also nicht mehr nur darum, die Hardware auszulagern, sondern die Software zu mieten und bestimmte Dienstleistungen gleich mit dazu, wie etwa die Lohnabrechnung und damit verbundene Aktivitäten. Wo der eine oder andere bei der Abgrenzung der Begriffe bislang schon seine Mühe hatte, ist seit kurzem ein veritables Begriffs-Babylon eingezogen. Es begann mit der Erfindung von SaaS. Software as a Service basiert im Gegensatz zum ASP technologisch auf einer komplett webbasierten Architektur, verwendet Web-2.0-Features und erfordert in der Regel nur sehr geringes Customizing. Praktisch für den Kunden, denn ein Service kann umgehend aufgeschaltet und benutzt werden, ohne dass ein Implementierungsprojekt notwendig wird.

Kaum aber hat man sich an SaaS gewöhnt, schwirren neue Themen wie Cloud Computing oder Platform as a Service herum, was das Begriffsdurcheinander perfekt macht. Aber keine Panik! Für den Endkunden stellen die Services, die hinter den neuen Ausdrücken stecken, keinen grossen Unterschied zu SaaS dar. Dennoch verbirgt sich eine kleine Revolution hinter dem so genannten Cloud-Modell, das insbesondere die Anbieterseite betrifft und verblüffend innovative Möglichkeiten von hochskalierbaren, webbasierten Diensten bietet.

Eine neue Art der Virtualisierung der Rechnerleistung ermöglicht es bei Cloud Computing, mit wenig Kosten und Aufwand eine nahezu unbegrenzte Zahl von Kunden zu bedienen. Also eine Art unendlicher Kuchen, von dem, egal wie viele Stücke man abschneidet, immer noch etwas übrig bleibt. Ein Vorteil für den Endkunden ist, dass sich dies positiv auf die Preise auswirkt sowie neue Arten von On-Demand Services für Hard- und Softwaresysteme nach sich zieht, die stunden- oder tageweise gemietet werden können. Im wahrsten Sinne des Wortes «On Demand».

Was macht Sinn in der HR-Praxis?

Was für Software- und SaaS-Anbieter zum Alltag geworden ist, ist für HR-Abteilungen häufig noch Terra Incognita. Studien zeigen, dass SaaS im HR noch eher selten realisiert wird. Erst 21 Prozent von 239 befragten IT-Managern setzten in 2008 irgendeine SaaS-Lösung ein, so Marktforscher Forrester Research. Dennoch taucht das Stichwort Outsourcing immer öfter in HR-Organisationen auf und weckt hohe Erwartungen. Man könnte sich von Altlasten trennen, Ballast abwerfen, Dinge besser tun, heisst es dabei. Aber von was wird da überhaupt gesprochen? Sprechen alle vom selben? Von Hardware über Software bis hin zu Managed Services ist die Bandbreite dessen, was ausgelagert werden kann, gross.

Doch was macht am meisten Sinn? Ein Full Service Outsourcing der Saläradministration beispielsweise, inklusive aller damit verbundenen Folgeaktivitäten, ist aufgrund des hohen Standardisierungsgrads dieser Abläufe sehr einfach. Personalentwicklung und Mitarbeitergespräche indes können kaum insgesamt abgegeben werden, da die Vorgesetzten und Mitarbeitenden stark in diese Prozesse eingebunden sind und die Firmenkultur sowie individuelle Strategien einen grossen Einfluss nehmen. Die benötigten Services (Technik und Software) für die effiziente Durchführung dieser Prozesse hingegen können sehr einfach via SaaS bezogen werden. Für Kleinstfirmen gibt es bereits Lösungen, die nahezu gratis verfügbar sind.

Mit wenigen Klicks registriert sich der neue User und schon läuft das neue Tool. Pfannenfertig und ohne Customizing und Schulung – SaaS in seiner reinsten Form. Je mehr hingegen kundenspezifisch parametrisiert werden muss, desto eher handelt es sich um ein ASP-basiertes Geschäftsmodell oder «altmodisches» Outsourcing. Damit verbunden ist eine Kulturfrage. Sich einer SaaS-Lösung zu öffnen, heisst Abstand nehmen von vielfältigen kundenspezifischen Wünschen und Erwartungen. Über zahlreiche Optionen und Einstellungen kann durchaus ein gewisser Grad an Individualisierung erreicht werden, das Resultat ist aber nicht mit einer massgeschneiderten Inhouse-Lösung vergleichbar.

Für Klein und Gross

Doch nicht nur für KMU-Betriebe ist SaaS eine gute Option. Multinationale Konzerne wenden sich zunehmend diesem Geschäftsmodell zu, um auf einfache Weise ein weltweit einheitliches, konsistentes HR Delivery anzubieten und sich nicht mit lokalen Systemen auseinandersetzen zu müssen. Natürlich würde ein globales, inhouse-betriebenes HR-System diesen Zweck ebenfalls erfüllen. Die Frage ist, ob sich die Kosten rechnen. Hardware, Wartung, Softwarelizenzen, Implementierungskosten, Schulung und vieles mehr ist an diese Lösung gekoppelt, hinzu kommt die Langfristigkeit des einmal eingeschlagenen Weges.

Die hohen einmaligen Investitionskosten schreien geradezu danach, das System sukzessive weiter auszubauen und zusätzliche Funktionalitäten in Betrieb zu nehmen, auch um die vielzitierten Total Cost of Ownership (TCO) klein zu trimmen. Die Gretchenfrage ist, ob dieser Denkansatz der heutigen Dynamik in Geschäftswelt und technischer Entwicklung noch entspricht. Mit SaaS begibt man sich quasi mit kleinem Handgepäck auf die Reise und bei Bedarf kann ausgetauscht oder dazugekauft werden. Entscheidungen lassen sich schnell umsetzen, die Investitionsvolumen sind tendenziell gering und fix kalkulierbar. Bei einem Inhouse-HR-IT-Projekt ist dies eher selten der Fall.

Die Salärabrechnung durch einen externen Dienstleister durchführen zu lassen, ist sicher der «Klassiker» unter den ASP-Szenarien für die HR-Abteilung – aber von SaaS kann man hier in der Regel aufgrund der zahlreichen kundenspezifischen Parametrisierungen nicht sprechen. Lässt man die Technik und das Geschäftsmodell ausser Acht, so stellen sich HR-Abteilungen die Frage, welche Prozesse und Funktionalitäten inhouse produziert am teuersten und aufwändigsten sind und 
wo eine Auslagerung einen schnellen, errechenbaren Nutzen zeigt. Dabei wird schnell klar, dass das für jene Anwendungen zutrifft, die im Inhouse-Betrieb einen «Overkill» an Technologie mit sich bringen.

Das sind zum einen E-Recruiting und zum anderen das digitale Personaldossier. Ersteres aufgrund der Problematik, dass ein bereits vorhandenes Enterprise-Resource-Planning-System (ERP) aus Sicherheitsgründen nicht gegen aussen geöffnet werden darf und somit zusätzliche, vom ERP-System separierte Server notwendig werden, um die externen Kandidatenservices zu realisieren. Letzteres bedingt durch die technologischen Anforderungen an das Archivsystem, um die rechtssichere und revisionsfähige Archivierung von Personaldokumenten zu garantieren. Warum also nicht einfach die entsprechenden Services mieten und von jedem Standort aus webbasiert auf die Recruiting-Anwendung sowie auf digitale Personaldossiers zugreifen?

Und die Sicherheit?

Häufig werden firmenintern insbesondere die Sicherheitsaspekte als Argument gegen ASP und Konsorten verwendet. Wirft man aber einen genauen Blick auf die Sicherheitsstandards der SaaS-Anbieter, ist man schnell davon überzeugt, dass die Sicherheit und Vertraulichkeit der Daten der einer inhouse-betriebenen Lösung in nichts zurücksteht. Angefangen bei der physischen Datensicherheit bis hin zur Sicherheit auf Anwendungsebene ist eine grosse Bandbreite von Sicherheitsfunktionen und Kontrollmechanismen im Einsatz, die für maximale Sicherheit sorgen. So sorgen unter anderem eine redundante Internet-Konnektivität, die permanente Sicherheitslückenanalyse, Live-Überwachung rund um die Uhr, ausgeklügelte Berechtigungsmechanismen sowie eine durchdachte Datensicherung und Notfallplanung dafür, dass man als SaaS-Anwender beruhigt schaffen kann.

Integration über alles?

So verlockend der Gedanke ist, den einen oder anderen HR-Prozess bequem anzumieten, muss dessen ungeachtet dem Aspekt der Integration erhebliche Bedeutung beigemessen werden. Wie stellt sich die Lage dar, wenn ein Teil der HR-Prozesse über On-Demand Services bezogen wird und ein anderer Teil inhouse produziert wird? Oder wenn sogar verschiedene SaaS-Anbieter, jeweils auf bestimmte Services spezialisiert, mit an Bord sind? Aus Sicht des einzelnen Prozesses ist das kein Problem, aber wie sollen nun übergreifende Statistiken und Auswertungen generiert werden? Möchte man etwa die Fluktuationsquote einer Abteilung in Relation setzen zu den dort anfallenden Rekrutierungskosten und den in Aus- und Weiterbildung getätigten Kosten, so wird es sehr mühsam, wenn verschiedene Datenquellen heranzuziehen sind. Wer hier konservativ auf einen Best-Of-Suite-Anbieter setzt und alles inhouse aus einem Guss implementiert, wird mit diesem Problem nicht konfrontiert. Ebenso müssen die Verbindung und die Interdependenzen der verschiedenen webbasierten Services betrachtet werden.

In welcher Anwendung werden die Personalstammdaten verwaltet und wie erfolgt die Synchronisation dieser Daten mit den diversen SaaS-Services? Vor diesem Hintergrund empfiehlt es sich also doch, ein «Alles aus einer Hand»-Konzept zu verfolgen, auch wenn die Anwendung in Form von SaaS zur Verfügung gestellt und nicht inhouse unterhalten wird. Die Vorteile der Integration sprechen nach wie vor für sich und voreilige Entscheide für kleine, sehr spezialisierte Best-of-Breed-Lösungen können sich später durch teure Integrationskosten für notwendig werdende Schnittstellen oder ähnliches rächen.

SaaS ist Vertrauenssache. So schnell wie ein SaaS-Vertrag abgeschlossen werden kann – Kreditkarte und Internet genügen vollauf – so sehr sind HR-Prozesse doch Angelegenheiten mit und von vertraulichen Daten. Eine eingehende Auseinandersetzung mit dem ins Auge gefassten SaaS-Anbieter empfiehlt sich also tunlichst. Zu ergründen ist, wie es um die Seriosität des Anbieters steht und ob eine Absicherung bei allfälliger Insolvenz desselben gegeben ist. Unter anderem sollten dabei kritisch die eingesetzten Mechanismen der Datenhaltung, der gewährte Datenschutz sowie die angewandten Verschlüsselungstechniken unter die Lupe genommen werden.

Eine reife Technologie

Die zitierte Forrester-Befragung räumt gerade im HR-Bereich den SaaS-Lösungen ein grosses Zukunftspotenzial ein, mehr als etwa solchen für Business Intelligence. In Cloud Computing sollen laut den IT-Analysten von IDC bis 2012 zehn Prozent aller IT-Ausgaben fliessen. HR-Abteilungen sollten sich nun aber davor hüten, mittels SaaS-Lösungen oder Cloud-Modellen punktuelle Symptombekämpfung zu betreiben. Heute kommt es oft vor, dass ein strategisches ERP-System inhouse vorhanden ist, dieses aber für einen bestimmten HR-Prozess als unzureichend eingestuft wird und dann «aus der Not heraus» eine SaaS-Lösung zum Zuge kommt.

Dabei entstehen peu à peu intransparente und inhomogene HR-Prozesslandschaften, die letztendlich keinen Anwender zufriedenstellen. Eine SaaS-Einführung sollte daher wie jedes andere HR-Projekt in Einklang mit Unternehmens-, HR- und IT-Strategie stehen und eine klare langfristige HR-Vision unterstützen. Dabei werden sich mittelfristig für unterschiedliche Branchen verschiedene typische Einsatzszenarien herauskristallisieren und heutige Versuch-und-Irrtum-Strategien in bewährte Best Practices wandeln.

Anbieterstudie: Grosses Sparpotenzial durch externe Lösungen

In einer Studie von Myfactory International, europäischer Anbieter für Unternehmenssoftware, wurden die Kostenaspekte von SaaS-Lösungen (Software as a Service) und intern betriebener Unternehmenssoftware bei KMU und Grossunternehmen untersucht. Mit SaaS-Software seien Budgetentlastungen bei KMU um 75,8 Prozent und über drei Jahre betrachtet um 56,6 Prozent realisierbar, meldet Myfactory. Grossunternehmen sparen 73,6 Prozent im ersten Jahr und 45,6 Prozent in der betrachteten Periode von drei Jahren.

Zwar wurde die Studie nicht explizit für Myfactory.HRM, die HR-Lösung des Anbieters aus München, durchgeführt. Ausgewertet und verglichen wurden die Daten von 43 Unternehmen, in denen die 
Myfactory-Module ERP (Enterprise 
Resource Planning) und CRM (Customer Relationship Management) in Betrieb sind. Doch nach Angaben von Myfactory gilt das Ergebnis geringerer SaaS-Kosten ebenfalls für den Vergleich von HR-Lösungen. In der Kostenanalyse der ERP- und CRM-Produkte waren die Faktoren Anschaffung, Integration und Installation, 
Infrastruktur sowie Wartung enthalten. Verglichen wurde dabei der Kostenaspekt nach einem sowie nach drei Jahren in grossen Unternehmen (100 User) sowie KMU mit zehn Usern.

 

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Claudia Broghammer, Product Manager der HR Campus AG in Madetswil ZH; davor 10 Jahre bei der SAP AG in Walldorf, D, sowie der SAP Schweiz unter anderem als Product Manager für die SAP-Human-Capital-Management-Lösungen.

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