HR Today Nr. 2/2022: HR-Team des Monats

Abschied vom hierarchischen Modell

Greenpeace Schweiz implementiert derzeit ein neues Organisationsmodell. Was das fürs Unternehmen, aber auch das «neue HR» bedeutet, erzählt Barbara Bommer.

Greenpeace Schweiz setzt seit Frühling 2020 auf ein «neues Organisationsmodell, das den Fokus auf Selbstorganisation und agile Arbeitsformen legt». Was versprechen Sie sich davon?

Barbara Bommer: Die neue Organisationsform hilft uns, unser Mandat effizienter und effektiver zu erfüllen und gleichzeitig auf die Bedürfnisse unserer Mitarbeitenden einzugehen. Die Initiative zur Organisationsreform kam übrigens aus der Belegschaft. Ein Grossteil der Mitarbeitenden war überzeugt, dass unser Potenzial im hierarchischen Modell nicht ausgeschöpft werde.

Wo stehen Sie bei der Umsetzung?

Wir sind den Prozess schrittweise angegangen und haben die Struktur mit Unterstützung externer Expertisen entwickelt. Die Prozesse sind inzwischen weitgehend angepasst, die Kulturentwicklung und der Kompetenzaufbau bedürfen noch mehr Zeit und Investment. Das ist ein laufender Prozess. Eine Organisationsentwicklung in dieser Grössenordnung dauert meist drei bis fünf Jahre.

HR muss die Mitarbeitenden für dieses Modell befähigen. Wie tun Sie das?

Auf gesamtorganisatorischer Ebene bieten wir ­Weiterbildungen zu Themen wie Resilienz, Feedback- und Kommunikationstrainings, die die Mitarbeitenden stärker befähigen. Unter anderem wollen wir Nähe zu den einzelnen Mitarbeitenden und den Organisationskreisen herstellen. Dadurch zeigt sich, welche Person innerhalb der neuen Spielregeln ­welche zusätzliche Befähigung benötigt. Nur weil es keine Vorgesetzten mehr gibt, fallen die vorher ­getätigten Aufgaben ja nicht weg, sie sind einfach woanders angesiedelt. So wird bei jeder Rekrutierung beispielsweise besprochen, wer neben der HR-Fachperson die Rekrutierungsrolle einnimmt und sie begleitet. Um dazu befähigt zu sein, muss diese Person entsprechend vom HR geschult, begleitet und beraten werden.

Wie ist die neue Organisationsform bislang bei den Mitarbeitenden angekommen?

Wir können bisher eine positive Bilanz ziehen. So ist die Fluktuationsrate gleich hoch wie vor der Umstellung. Auch Rückmeldungen zum Beispiel aus den Open Sessions deuten auf eine breite Akzeptanz hin.

Sie kommunizieren die Löhne transparent.­ ­Weshalb?

Seit der Gründung von Greenpeace Schweiz vor 38 Jahren herrscht bei uns vollständige Lohntransparenz. Wir kommunizieren die Lohnbandbreite in jeder Stellenausschreibung. Für die Bewerbenden ist somit von Anfang an klar, welchen Lohn sie für die entsprechende Rolle erhalten. Für uns HR-Mitarbeitende ist die Transparenz zudem eine Erleichterung, da wir keine monetären Verhandlungen führen müssen.

Auch Teilzeitarbeit ist bei Ihnen eine Selbstverständlichkeit. Wie wird sie genutzt?

Nur wenige arbeiten bei uns über 80 Prozent. Für die meisten Mitarbeitenden ist das Teilzei­t­pensum wichtig, da sie sich einen Ausgleich zur Arbeit ­wünschen, um für die Familie da zu sein oder eigene Projekte oder Engagements zu pflegen.

Hilft es auch, Mitarbeitende zu finden?

Das Bedürfnis nach Teilzeitarbeit ist inzwischen gross – auch bei Männern. Wir finden stets qualifiziertes Personal.

Was zeichnet Ihr HR-Team aus?

Wir haben einen konstruktiven, wertschätzenden und offenen Umgang miteinander. Wir ergänzen uns durch verschiedene Kompetenzen und ­profitieren so gegenseitig, um in unserer Arbeit wirkungsvoll handeln zu können.

Unternehmensbiografie

Greenpeace ist eine internationale, unabhängige Umweltorganisation, die sich seit 1971 weltweit für eine ökologische, soziale und gerechte Gegenwart und Zukunft einsetzt. Die Organisation engagiert sich in 55 Ländern für den Erhalt der Biodiversität und das Aufhalten des Klimawandels. 1984 bildete sich Greenpeace Schweiz als gemeinnützige Stiftung mit dem Zweck, «die öffentliche Wohlfahrt durch Bestrebungen im Natur-, Umwelt und Tierschutz zu fördern». Greenpeace Schweiz ist Mitglied der Stiftung Greenpeace International.

 

Kommentieren 0 Kommentare HR Cosmos
Christine Bachmann 1

Christine Bachmann ist Chefredaktorin von Miss Moneypenny. cb@missmoneypenny.ch

Weitere Artikel von Christine Bachmann

Das könnte Sie auch interessieren