HR-Debatte

Abzocker-Initiative

Am 3. März 2013 kommt die Abzocker-Initiative von Thomas Minder vor das Volk. 
Bis heute wird heftig debattiert. Für HR Today legt der SVP-Politiker und Mobilezone-Gründer Hans-Ulrich Lehmann dar, warum die Abzocker-Initiative nötig ist. Thomas Weibel, 
Nationalrat der Grünliberalen und Präsident der Schweizer Kader Organisation, hingegen schreibt gegen die Initiative an und steht für den Gegenvorschlag ein.

«Lasst diese teuren ‹Talente› 
doch gehen»

Über fünf Jahre ist die Abzocker-Initiative von Herrn Minder im Parlament verpolitisiert worden, oft mit sehr verlogenen Argumenten. Gewisse Kreise wollten aus dem Anliegen sogar eine Steuervorlage konstruieren (Bonussteuer), welche dann Gott sei Dank im Parlament keine Mehrheit fand. Leider hatte die Einigungslösung, welche Herr Blocher mit Herrn Minder ausgearbeitet hatte, den falschen Absender und wurde darum im Parlament auch versenkt.

Gegenvorschlag lässt zu viele Hintertüren offen

Endlich hat der Souverän nun das Wort, um für mehr Freiheit und Demokratie und mehr Schutz des Eigentums ein wuchtiges Ja in die Urne zu legen. Nur die Initiative schützt die Volkswirtschaft, das Privateigentum und die Aktionärinnen und Aktionäre nachhaltig. Der Gegenvorschlag hat das Anliegen viel zu stark verwässert und lässt viel zu viele Hintertüren offen, sodass die Abzockerei munter weitergehen würde (beispielsweise durch goldene Fallschirme, Antrittsprämien und so weiter). Darum ist es wichtig, dem Original und nicht der schlechten Kopie zuzustimmen.

Geld kennt keine Religion, es stinkt nicht, es kennt weder links noch rechts und hat schon gar keinen Anstand oder Moral – darum nehmen es alle. Da die sogenannte wirtschaftliche Elite auch keinen Anstand und keine Moral mehr kennt und getreu der Devise «man nehme, was man bekommt», handelt, braucht es einen «Pflock», der eingeschlagen werden muss, um dem raffgierigen Treiben ein Ende zu setzen. Wenn der eigene Vorteil von diesen «Eliten» im Vordergrund steht, auf Kosten der Eigentümer, so wird sich unsere Volkswirtschaft nachhaltig ruinieren. Nur die Initiative garantiert, dass das verloren gegangene Vertrauen und die Glaubwürdigkeit in die Führungsgremien unserer Publikumsgesellschaften wiederhergestellt werden kann. «Man nimmt nicht einfach, sondern man fragt.» So tönt es doch in jeder vernünftigen Kinderstube. Wieso soll das in den Chefetagen unserer kotierten Gesellschaften anders sein?

International ein Zeichen setzen

Economiesuisse liegt völlig falsch in der Argumentation, dass mit der Annahme der Abzocker-Initiative die besten Talente ins Ausland gehen würden. Lasst diese teuren «Talente» doch gehen, es stehen genug fähige Leute in der zweiten Reihe, die den Job zu einer anständigen Vergütung  gleich gut oder sogar noch besser machen würden. Mit der Annahme der Abzocker-Initiative würde die Schweiz international ein Zeichen setzen und unmissverständlich signalisieren, dass es mit der Selbstbedienung zu Ende ist.

Es ist ja schon eigenartig, dass diejenigen Kräfte im Parlament, die die Abstimmung um fünf Jahre verzögerten, die gleichen sind, die jetzt mit der raschen Umsetzbarkeit des Gegenvorschlages werben. Wenn ja der Gegenvorschlag angeblich den Abzockern so wirksam einen Riegel zu schieben vermag und die Initiative angeblich das Abzocken weiter erlauben soll, warum lancieren die Abzocker dann mit Economiesuisse eine Millionenkampagne, um die Annahme der Initiative zu verhindern? Ich hoffe, der Stimmbürger lässt sich nicht kaufen und durchschaut dieses miese Spiel. Darum lohnt es sich enorm, am 3. März ein Ja in die Urne zu legen und damit der Abzockerei ein definitives Ende zu bereiten.

  • Hans-Ulrich Lehmann, Unternehmer, Gründer der Mobilezone und SVP-Politiker.

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«Diverse unsinnige 
Zwangsvorschriften»

Für die überrissenen Löhne und Boni, welche in den Chefetagen mancher Schweizer Konzerne an der Tagesordnung sind und waren, gibt es keine Rechtfertigung. Folgerichtig wird am 3. März auch gar nicht mehr entschieden, ob man gegen Abzockerei vorgehen soll, sondern nur noch, wie. Zur Auswahl steht einerseits eine Initiative mit einem knackigen Titel, hinter der sich 24 starre Vorschriften für Aktionäre und Pensionskassen verbergen. Und andererseits der Gegenvorschlag, der den Aktionären Instrumente in die Hand gibt, die Abzockerei wirksam zu bekämpfen.

Minders Initiative hat Konstruktionsfehler

Thomas Minder ist zugutezuhalten, dass er die wichtige Diskussion angestossen hat. Leider hat seine Initiative mehrere Konstruktionsfehler. Sie gibt zwar vor, die Aktionärsrechte zu verbessern, beinhaltet in Tat und Wahrheit aber diverse unsinnige Zwangsvorschriften und Strafandrohungen. Eindeutig zu weit gehen beispielsweise die Bestimmungen für Pensionskassen. Sie wären gezwungen, an den Generalversammlungen aller Unternehmen, von denen sie Aktien halten, aktiv teilzunehmen. Führt man sich vor Augen, dass selbst kleine Vorsorgeeinrichtungen bis zu 100 verschiedene Titel im Portfolio halten, wird die Absurdität dieser Vorschrift rasch klar. Die Folge wäre eine teure, unnütze Bürokratie, finanziert mit unseren Rentengeldern.

Auch aus personalpolitischer Sicht können die Unternehmen mit der Initiative nur verlieren. Die Saläre der Geschäftsleitung sind gemäss Minder zwingend von den Aktionären abzusegnen. GL-Mitglieder kündigen aber selten termingerecht auf eine GV. Sollen die Neuen etwas mehr verdienen als ihre Vorgänger, müsste also zwingend eine solche einberufen werden. Wer derart umständlich operieren muss, hat auf dem internationalen Kadermarkt einen schweren Stand.

Negative Folgen auch für KMU

Wenn sich die Schweiz mit dieser Initiative das strengste Aktienrecht der Welt verpasst, hat das aber noch weitreichendere Folgen. Machen wir uns als Standort für börsenkotierte Unternehmen unattraktiv, stehen Steuereinnahmen und Arbeitsplätze auf dem Spiel. Und es trifft keineswegs nur UBS-Banker, Novartis-Manager oder Ingenieure der ABB. Nur zu gerne geht vergessen, dass unsere KMU-Wirtschaft auf Zulieferaufträge dieser Unternehmen angewiesen ist. Der Blumenladen um die Ecke wäre genauso betroffen wie das Grafikbüro zwei Strassen weiter oder der Hersteller von Halbfabrikaten im Nachbardorf. Es trifft uns alle, wenn die Schweiz der Wirtschaft Knüppel zwischen die Beine wirft.

Zum Glück kann die Abzockerei effizienter bekämpft werden, ohne Flurschaden anzurichten. Der Gegenvorschlag des Parlaments enthält alle wichtigen Forderungen Minders, gibt den Aktionären aber mehr Gestaltungsfreiheit. Ob Jungfraubahnen oder Nestlé – als Eigentümer können sie die jeweilige Situation ihrer börsenkotierten Firma bei der Umsetzung berücksichtigen. Und der Gegenvorschlag wirkt nicht nur gezielter, er kann auch viel schneller in Kraft treten als die Initiative, für welche die gesetzlichen Bestimmungen erst noch ausgearbeitet werden müssten. Ich stimme mit Überzeugung Nein, um der besseren Lösung zum Durchbruch zu verhelfen.

  • Thomas Weibel, 
Nationalrat Grünliberale, Dozent ZHAW 
und Präsident 
der Schweizer Kader Organisation (SKO).
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Nationalrat Grünliberale, Dozent ZHAW 
und Präsident 
der Schweizer Kader -Organisation (SKO).

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