Das neue Familienzulagengesetz: Unternehmen müssen reagieren
Ab kommendem Jahr gelten in der ganzen Schweiz einheitliche Regelungen für die Familienzulagen. Erfahrungen zeigen, dass viele Unternehmen noch in der Warteposition verharren. Sie fragen sich, ob bei ihnen Handlungsbedarf besteht. Die Antwort ist ein klares Ja, denn die Vorbereitung auf die neue Gesetzeslage kostet Zeit.
Am 26. November 2006 war es soweit: Das Schweizer Volk nahm, mit 68 Prozent der abgegebenen Stimmen, nach 14 Jahren Hin und Her das neue Familienzulagengesetz für einheitliche Mindestbeiträge bei Kinder- und Ausbildungszulagen an. Am 31. Oktober 2007 erliess der Bundesrat die Vollzugsverordnung und beschloss, das Gesetz und die Verordnung zum 1. Januar 2009 in Kraft zu setzen. Bis dahin müssen auch die Kantone ihre Fami lienzulagenordnungen angepasst haben. Die Umsetzung ist nicht überall gleich weit und es kann sogar sein, dass aufgrund verpasster Fristen in einigen Kantonen eine Notverordnung in Kraft gesetzt werden muss.
Die Mindesthöhe der Zulage beträgt für jedes Kind 200 Franken, vom Geburtsmonat bis zu jenem Monat, in dem das Kind das 16. Lebensjahr vollendet. Für jedes Kind in Ausbildung beträgt die Zulage 250 Franken – bis zum Abschluss der Ausbildung, längstens jedoch bis 25 Jahre. Die Zulage fällt weg, wenn das jährliche Gesamteinkommen des Kindes in Ausbildung höher ist als zurzeit CHF 26520.--. Die Kantone können höhere Zulagen beschliessen. Der Anspruch auf eine volle Zulage erfolgt bereits mit einem Jahreseinkommen von zurzeit CHF 6630.-- beziehungsweise CHF 552.50 im Monat.
Vorsicht vor Fehlauszahlungen
Das neue Gesetz harmonisiert die unterschiedlichen kantonalen Familienzulagenordnungen. Die verwendeten Begriffe – Arbeitgeber, Arbeitnehmer, Selbstständigerwerbende, Nichterwerbstätige – werden einheitlich umschrieben. Die Anspruchsvoraussetzungen (wer, wann und wie lange) und die Anspruchskonkurrenz werden gesamtschweizerisch geregelt. Damit erhofft man sich, dass Zuständigkeitskonflikte auf interkantonaler Ebene verschwinden. Unter Umständen kann eine Differenzzulage zum Tragen kommen. Die Rangordnung beim Bezug sieht wie folgt aus:
- die erwerbstätige Person
- die Person, die das elterliche Sorgerecht hat
- wer überwiegend mit dem Kind zusammen lebt
- wer im Wohnkanton des Kindes arbeitet
- wer das höhere AHV-pflichtige Einkommen erzielt
Alle Arbeitgebenden sowie Selbstständigerwerbende müssen sich einer Familienausgleichskasse (AFK) anschliessen. Die bisherigen Befreiungen fallen weg. Damit müssen sich die Arbeitgebenden in jedem Kanton, in dem sie ihren Geschäftssitz haben oder Zweigniederlassungen betreiben und Arbeitnehmende beschäftigen, einer dort tätigen FAK anschliessen. Das gilt auch, wenn sie kein Personal mit Kindern beschäftigen.
Zweigstellen sind – abweichend von der AHV – der Familienzulagenordnung desjenigen Kantons unterstellt, in dem sie sich befinden, und nicht desjenigen des Hauptsitzes. Die Kantone können aber davon abweichende Vereinbarungen treffen. Aufgrund dieser Regelung kann es sein, dass neu die Möglichkeit des verbandseigenen Anschlusses in einem Kanton möglich ist. Erfolgt ein Kassenwechsel oder muss sich der Arbeitgeber neu einer FAK anschliessen, erfolgt die Neuanmeldung aller Bezugsberechtigten (Kinderzulagen) per Datum des Kassenwechsels zum 1.1.2009.
Das Gesetz enthält auch einschränkende Voraussetzungen auf Familienzulagen für Kinder mit Wohnsitz im Ausland. Der Anspruch in entsprechenden Verhältnissen sollte unbedingt vor Jahreswechsel überprüft werden, um zu vermeiden, dass fälschlicherweise ausbezahlte Kinderzulagen später wieder zurückerstattet werden müssen.
Neben der Überprüfung, ob das Unternehmen bei der richtigen FAK angeschlossen ist, sollte die Personalabteilung genügend Zeit für eine allfällige Neuanmeldung sämtlicher Kinderzulagen vor dem 1.1.2009 reservieren. Arbeitgebende sollten sich auch umfassend über Familienzulagengesetz und kantonale Bestimmungen orientieren, um Fehlauszahlungen zu vermeiden. Das gilt auch für den Anspruch auf Familienzulagen nach Erlöschen des Lohnanspruchs in bestimmten Situationen wie Krankheit, Mutterschaft oder Tod. Für mögliche Strafbestimmungen kommt die AHV-Gesetzgebung (Art. 87 – 91) zur Anwendung.
Mitarbeiter zur Auskunft heranziehen
Des Weiteren ist zu überprüfen, wie weit die aktuellen Anspruchsberechtigten auch nach dem 1.1.2009 noch Anspruch haben. Unternehmen sollten hier ihre Mitarbeitenden zur Informationsbeschaffung heranziehen. Das bringt Antworten auf eine Reihe von Fragen: Wie kann eine Personalabteilung wissen, ob ein Kind mit Ausbildungszulage noch nebenbei arbeitet und ein Einkommen über der Grenze bezieht oder viel Vermögensertrag hat und somit keinen Anspruch mehr auf Ausbildungszulagen hat? Wie kann sie wissen, ob eine weitere Person aufgrund einer kleinen Erwerbstätigkeit den Anspruch auf die volle Zulage hat und der aktuelle Anspruchsberechtigte die Zulage nicht mehr beziehen darf? Weiss ein Arbeitgeber, welcher arbeitende Elternteil das höhere AHV-pflichtige Einkommen erzielt? Wer besitzt das Sorgerecht für das Kind? Richtet noch ein anderes Unternehmen eine Kinderzulage für das gleiche Kind aus?
Idealerweise sollten Arbeitgeber ihre Mitarbeitenden noch vor dem Jahreswechsel schriftlich auf die Veränderungen bei den Kinderzulagen hinweisen und sie auffordern, entsprechende Fragen zur aktuellen Bestandsaufnahme zu beantworten, um Doppelzahlungen ab Januar 2009 zu vermeiden. Sie sollten ihre Mitarbeitenden auch bitten, Veränderungen sofort laufend zu melden. Da ein zentrales Register geplant ist und daraus ersichtliche, doppelt ausbezahlte Kinderzulagen zurückverlangt werden können, sollte der Arbeitgeber alles unternehmen, damit die Auszahlungen korrekt sind. Gespräche mit diversen betroffenen Stellen (wie etwa den Familienausgleichskassen selber) haben gezeigt, dass diese auf die Auskünfte des Bezügers der Familienzulage angewiesen sind, weil sie gewisse Bestimmungen wie Sorgerecht, höheres Einkommen, Höchsteinkommen für die Ausbildungszulage nicht abschliessend überprüfen können.