Druck im Job- und Familienalltag meistern und Erwartungen mindern
Loslassen in Situationen, die wir kontrollieren wollen, kann eine Wohltat sein (siehe Beitrag 5). Dies sollten wir auch bei unseren Erwartungen versuchen.
Sommerserie 2021 «Vereinbarkeit neu gedacht». (Bild: iStock/HR Today)
Erwartungen sind Dinge, die man erwartet und bei denen man darauf wartet, dass sie passieren. Du bist also in einer passiven Situation: Du wartest darauf, dass dein Kollege die versprochenen Unterlagen zur vereinbarten Zeit schickt oder dass dein Partner dich am Geburtstag überrascht. Ohne es zu merken machst du dich und dein Wohlbefinden von deinen Erwartungen abhängig. Wenn sie nicht erfüllt werden, bist du enttäuscht.
Erwartungen gibt es beidseitig: Du hast vermutlich gewisse Erwartungen an deinen Partner oder an deine Kollegen, deinen Chef, deine Kinder, usw. und gleichzeitig haben andere Erwartungen an dich – beispielsweise erwartet der Partner, dass du einkaufen gehst, die Kinder, dass sie mit dem Auto zur Schule gebracht werden, deine Eltern, dass du sie einmal die Woche anrufst, deine Kunden, dass du immer erreichbar bist. Ganz gleich ob es deine eigenen oder die Erwartungen anderer sind, sie können dazu führen, dass wir uns unter Druck gesetzt fühlen. Das wiederrum hat dann zur Konsequenz, dass wir unsere eigenen Bedürfnisse verleugnen. Dass dies mittelfristig nicht sinnvoll ist haben wir bereits im 3. Beitrag («1. Priorität im eigenen Leben sein») besprochen.
Enttäuschung und Einschränkung
Erwartungen werden schlicht nicht immer erfüllt. Insbesondere Erwartungen, die du an andere hast und entsprechend nicht kontrollieren kannst ob sie tatsächlich erfüllt werden. Mit dieser Enttäuschung einher gehen noch andere negativen Gefühle, die dich emotional herunterziehen und dich viel Kraft kosten: Wut, Frust, Traurigkeit, Hilflosigkeit – um nur einige zu nennen.
Erwartungen schränken uns auch oft ein. Wenn wir versuchen anderen gerecht zu werden, dies aber nicht unseren Wünschen entspricht. Beispiel: Du würdest gerne als Mutter eine Führungs- oder Geschäftsleitungsposition annehmen, aber spürst die (gesellschaftliche) Erwartung, dass du als Mutter nicht eine Vollzeitstelle annehmen kannst. Solange du an dieser Erwartung festhältst wirst du dich immer schlecht fühlen, weil du entweder der Erwartung nicht gerecht wirst oder nicht das tust was du liebst.
Das kannst du als Mutter tun, um Erwartungen loszulassen und Druck aus dem Job- und Familienalltag zu nehmen
1. Werde dir klar, welche Erwartungen du an dich und andere hast.
2. Finde heraus was du beeinflussen kannst und konzentriere dich darauf.
Stephen Covey’s beschreibt es mit dem «Circle of Influence» und zeigt, wie wirkungsvoll es ist dem Problem keine epische Breite zu geben und nach pragmatischen Lösungen innerhalb der eigenen Einflusssphäre zu streben. Um dir die Unterteilung zu erleichtern, hier ein paar Dinge, auf die wir (fast) keinen Einfluss haben:
- was andere über uns denken
- die Laune und Stimmung anderer
- Handlungen anderer Menschen (z.B. Kinder, Partner, Kollegen)
- die Wirtschaftliche oder politische Entwicklung
- die Entwicklung einer Pandemie
Indes hast du Einfluss auf/darauf:
- deine innere Welt und deine Gedanken und Gefühle
- deine Entscheidungen und Handlungen
- mit wem du dich umgibst
- welche Medien du konsumierst
- wie du deine Zeit verbringst
- wie viel Verantwortung du für dich selbst übernimmst
Wenn du dich darauf konzentrierst, was du selbst beeinflussen kannst, hast du 1. die Möglichkeit auch wirklich etwas zu verändern und 2. du fühlst dich nicht mehr hilflos und bist nicht mehr in einer festgefahrenen passiven Situation.
3. Jetzt geht es ums Loslassen und Akzeptieren.
Denn es wird immer Dinge im Leben geben, auf die du schlicht keinen Einfluss hast. Stephen Covey spricht hier vom «Circle of Concern»:
- Wenn deine Kinder z.B. wegen einer Pandemie nicht mehr in die Schule können, bzw. nicht mehr betreut sind,
- wenn es regnet und du einen Ausflug machen wolltest
- wenn dein Kollege nicht die Daten liefert, die du brauchst, um an deinem Projekt weiterzuarbeiten.
Henry Ford hat es mit sieben Worten auf den Punkt gebracht: «Love it, leave it, or change it.» Also, lerne die Situation wie sie ist zu lieben, verändere etwas oder verlasse die Situation.
Was kann HR, bzw. können Führungsverantwortliche tun?
Bei Erwartungen gibt es noch eine Besonderheit, die unter anderem auch im Business-Kontext eine wichtige Rolle spielen kann. Erwartungen können auch unausgesprochen sehr präsent sein. Das führt zu Annahmen und letztlich immensem Druck. Beispielsweise erwartet eine Teilzeit arbeitende Mutter, dass Kollegen sich an vereinbarte Zeiten halten, um Unterlagen zur Verfügung zu stellen, die sie für ihre Arbeit benötigt. Denn aus ihrer Sicht, ist ihre Zeit limitiert und sie möchte möglichst effektiv ihre Arbeiten erledigen können, damit sie sich dann rechtzeitig um ihre familiären Verpflichtungen kümmern kann. Hat eine Kollegin jedoch selbst keine Kinder und auch keine Erfahrung mit Teilzeit, ist dies nur schwer nachvollziehbar. Vermutlich wundert sie sich einfach nur, warum die Mutter ständig so gestresst und genervt ist. Die Lösung: Erwartungen klar kommunizieren und damit das Bewusstsein schaffen für die Bedürfnisse anderer.
Anm. d. Red.: Der nächste Beitrag erschein am 28. Juli 2021.