Sommerserie 2021 «Vereinbarkeit neu gedacht»: Beitrag 5 – Loslassen & Kontrolle abgeben

Loslassen und Kontrolle abgeben

Du machst einen Quantensprung bei der Vereinbarkeit, wenn du in Job und Familie die Kontrolle abgibst und loslässt. Dies bringt dir mehr Leichtigkeit und Gelassenheit.

Grundsätzlich ist der Wunsch nach Kontrolle der eigenen Lebensumstände ein Basisbedürfnis unserer Psyche. Jeder will seine Geschichte selbst schreiben und vertraut in der Regel sich selbst am meisten. Doch genau hier musst du ansetzen, wenn du im Privaten wie auch im Job wachsen und es vor allem leichter haben möchtest. Du darfst die anderen an deiner Geschichte mitschreiben lassen. So ist das Leben. Wenn du ihnen nicht vertraust,

  • überlädst du dich und bist permanent gestresst und angespannt. Auf Dauer kann unzufrieden machen und schlimmstenfalls zu Krankheiten und Depression führen.
  • stehst du deinem eigenen Wachstum im Weg, da du versuchst alles selbst zu erledigen oder zumindest überall involviert zu sein.

Aus meiner Erfahrung tun sich vor allem die Frauen schwer mit loslassen, die äusserst reflektiert sind. Denn wer häufig über Situationen und deren mögliche Entwicklung nachdenkt, stösst zwangsweise auch auf Szenarien, die man gerne vermeiden möchte. Dann ist die Schlussfolgerung naheliegend, dass mehr Kontrolle entsprechend die Chance minimiert, dass es dir hinterher schlechter geht als zuvor.

Wie einfach uns das Loslassen fällt hängt auch mit unseren bisherigen Erfahrungen zusammen. Wenn du das Gefühl hast, dass du nur sicher bist, wenn du alles unter Kontrolle hast, dann wirst du immer wieder versuchen alles unter Kontrolle zu halten, egal was es für dich bedeutet. Es wird zum angelernten Verhalten und Kontrolle ist dabei die Antwort auf Angst. Ziel ist es zu vertrauen und die Erfahrung zu machen, dass du das alte Muster «ent-lernen» kannst.

Was kannst du als Mutter tun, um mehr loszulassen und Kontrolle abzugeben

Die gute Nachricht ist: Jeder kann lernen loszulassen. In einigen Bereichen unseres Lebens tun wir es automatisch und unbewusst. Wir lassen es einfach passieren, beispielsweise wenn wir einschlafen. Du schliesst die Augen und überlässt es deinem Biorhythmus, wann es Zeit ist einzuschlafen. Mit diesen fünf Schritten, kannst du auch in allen anderen Lebensbereichen anfangen mehr loszulassen:

  1. Erkenne in einem ersten Schritt wo du kontrollierst. Also Situationen, in denen es dir bereits bewusst ist, dass du sie zu kontrollieren versuchst und tendenziell belastend oder stressig für dich sind. Klassiker, die mir bei meiner Arbeit immer wieder begegnen sind Situationen wie: Was die Kinder anziehen oder wie der Ablauf ist, bis die Kinder im Bett sind, respektive Gestaltung einer Präsentation oder genaue Vorgaben wie etwas gemacht werden muss im Job.
  2. Als nächstes geht es darum zu verstehen woher das Bedürfnis «Kontrolle» kommt. Denn wie bereits erwähnt ist Kontrolle die Antwort auf Angst. Wovor hast du Angst? Kontrollierst du beispielsweise mit welchen Kleidern die Kinder das Haus verlassen, aus Angst, dass sie sich erkälten könnten und dann nicht fremdbetreut werden können und du denn nicht deiner Arbeit nachgehen kannst?
  3. In einem dritten Schritt geht es darum zu verstehen, welchen Vorteil es dir bringt zu kontrollieren, aber auch wo der Kontrollzwang zum Nachteil wird. Du stellst dich beispielsweise über andere, was nicht hilfreich ist, wenn du eigentlich möchtest, dass sie dir mehr Arbeit abnehmen oder du bist bei allem involviert, was sehr schnell zu überlasten kann.
  4. Sofern die Nachteile überwiegen, geht es darum zu entscheiden, wo du zukünftig Kontrolle abgeben möchtest und du dir vorzustellen kannst, wie dein Leben wäre, wenn du tatsächlich loslässt. Wie viel leichter, gelassener und entspannter es wäre und vielleicht auch wieviel mehr Zeit du plötzlich hättest.
  5. Zu guter Letzt der wohl schwierigste Teil: die Umsetzung. Es geht darum das Loslassen zu üben und die Erfahrung zu machen, dass in der Regel nichts Dramatisches passiert, wenn du es tust.

Was kann HR, bzw. können Führungsverantwortliche tun?

Loslassen zu können ist für alle wichtig, die im Job wachsen wollen. Denn wenn wir alles selbst machen wollen führt dies in der Regel zu Überforderung oder Überlastung. Mit der Konsequenz, dass wir weit weniger erreichen. Bill Joiners¹ beschreibt hierzu drei Leadership-Stile, die diesen Unterschied sehr schön aufzeigen:

  • «Expert Leaders» haben die Haltung, dass sie der Experte sind und im Zweifel alles besser wissen, weswegen sie vieles selbst machen.
  • «Achievers» haben die Haltung, dass jedes Teammitglied etwas auf seine/ihre Art beitragen kann, solange es im Sinne des «Achievers» ist und es hilft sein/ihr Ziel zu erreichen.
  • «Catalyst Leaders» agieren als Coach, indem sie andere befähigen, die anstehenden Themen selbst zu lösen und damit auch die Kontrolle ein Stückweit aus den Händen geben.

Allein das Bewusstsein, dass es diese unterschiedlichen Führungsstile gibt und man je nach Situation und eigenem Wohlbefinden zwischen ihnen wechseln kann, hilft dabei einerseits das Team zu befähigen und wachsen zu lassen und andererseits auch einen selbst zu entlasten.

Quelle:

  • ¹ Artikel: Leadership Agility: From Expert to Catalyst, 2017

Anm. d. Red.: Der nächste Beitrag erschein am 26. Juli 2021.

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Nach über 10 Jahren in der Unternehmensberatung ist Elisabeth Thiessen heute Coach und Trainerin für Persönlichkeitsentwicklung. In ihrem Podcast «Power On», sowie Kursen und Coaching-Programmen begleitet sie Eltern dabei Job und Familie besser zu vereinbaren.

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