Arbeit und Recht

Ferienlohn und andere Ansprüche – Berechnungsformeln im Arbeitsrecht

Wie berechnet man den Ferienlohn, wie den Stundenlohn bei der Auszahlung von Überstunden oder Überzeit? Im Human-Resources-Bereich sieht man sich häufig vor konkrete Rechenaufgaben gestellt, und weder Gesetz noch Rechtsprechung erklären die Berechnungsweise. Entsprechend häufig werden Fehler gemacht – mit manchmal kostspieligen Folgen.

Wie viele Arbeitstage hat ein Monat? – Bei der Berechnung vieler arbeitsrechtlicher Ansprüche ist auf die durchschnittliche Anzahl von Arbeitstagen pro Monat abzustellen. Kalendermonate weisen, je nach konkretem Monat und Kalenderjahr, eine unterschiedliche Anzahl Werk- und Kalendertage aus. Die 
Praxis behilft sich deshalb mit einer vereinfachenden Berechnungsweise: Bei einer Fünf-Tage-Arbeitswoche (Vollzeitpensum) ergeben sich 52 x 5 Arbeitstage, demnach 260 Arbeitstage pro Jahr (21,67 pro Monat).

Ein Jahr zählt aber 1 Tag mehr als 52 Wochen à 7 Kalendertage (364 Tage), nämlich 365 Tage; man kann zu den 260 Arbeitstagen also noch 1 Tag addieren. Ein Jahr hat nach dieser Berechnungsweise 261 Arbeitstage (21,75 pro Monat). Schaltjahre (366 Jahrestage) sowie die Feiertage bleiben bei dieser Berechnungsweise bewusst unberücksichtigt. Bei Teilzeitverhältnissen ist diese Berechnungsweise entsprechend anzupassen. Für beispielsweise ein 40%-Pensum mit 2 Arbeitstagen pro Woche ergibt die Formel 8,75 Arbeitstage pro Monat: {[(52 x 2) + 1] : 12} oder ausgeschrieben:

{[(52 Wochen x Anzahl Arbeitstage pro Woche) + 1 Tag] : 12 Monate}.

Wie die Lesenden nach Studium des ganzen Artikels erkennen werden: Bei der Ferienlohnberechnung rechnet die Praxis häufig mit 260 jährlichen Arbeitstagen (21,67 pro Monat), bei der Berechnung des Stundenlohns dagegen mit 261 (21,75 pro Monat). Dies ist ein Widerspruch, den die Praxis so stehen lässt. Fraglich zudem, ob er überhaupt allen Spezialisten aufgefallen ist.

Wie berechnet sich Ferienlohn? Ein häufiger Fehler bei der Berechnung von Ferienlohn ist das Unterlassen der Unterscheidung, ob Ferienlohn während oder nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu leisten ist. Nach Abschluss eines Arbeitsverhältnisses werden nicht bezogene Ferientage in Geld abgegolten – eine Standardsituation. Ferienlohn bei laufendem Arbeitsverhältnis ist beispielsweise zu berechnen, wenn bei unregelmässiger Teilzeitarbeit die Ferien durch Zahlungen abgegolten und nicht mehr in natura bezogen werden. Zur Berechnung des Ferienlohns kursieren unterschiedlichste Berechnungsweisen. Die hier präsentierte Formel deckt sich im Resultat mit der bundesgerichtlichen Rechtsprechung:

1. 
Lohn für nicht bezogene Ferientage nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses wird  wie folgt berechnet:

    
[Anzahl geschuldeter Ferientage : (Anzahl durchschnittliche Arbeitstage pro Jahr – Anzahl geschuldeter Ferientage)] = Ferienlohn in Prozenten des Jahreslohns.

    
Bei 4 Ferienwochen würde der Ferienlohn demnach 8,33% des Jahreslohns betragen [20 Ferientage : (260 Arbeitstage pro Jahr – 20 Ferientage)].

2. 
Die Formel für Ferienlohn bei laufendem Arbeitsverhältnis lautet dagegen:

    
(Anzahl geschuldeter Ferientage: Anzahl durchschnittliche Arbeitstage pro Jahr) = Ferienlohn in Prozenten des Jahreslohns.

    
Bei 4 Ferienwochen würde der Ferienlohn demnach 7,69% des Jahreslohns betragen (20 Ferientage : 260 Arbeitstage pro Jahr).

Wie berechnet sich Stundenlohn? Bei der Entschädigung von Überstunden oder Überzeitarbeit ist häufig – ausgehend von Durchschnitts- oder Fixsalären – der Stundenansatz zu berechnen. Bei einem Vollzeitpensum und Fünf-Tage-Woche rechnet die Praxis hier in der Regel:

[(Monatssalär: 21,75 durchschnittliche Arbeitstage pro Monat) : Anzahl vertragliche Arbeitsstunden pro Tag].

Bei einem monatlichen Fixsalär von CHF 4000.– und einer Tagesarbeitszeit von 8,4 Stunden beträgt der Stundenlohn demnach CHF 21.90 [(4000.– / 21,75) : 8,4]. – Vergessen Sie nicht: Ist die Überstundenentschädigung vertraglich ausgeschlossen und werden Überzeitansprüche geltend gemacht, ist gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung die Entschädigung der ersten 60 Überzeitstunden ebenfalls wegbedungen (Art. 13 des Arbeits-gesetzes)!

Berechnung der Kündigungsfrist: Entgegen erster Erwartung bereitet die Berechnung der Kündigungsfrist nicht selten Kopfzerbrechen. Im Jahr 2005 stolperte sogar das Bundesgericht und berechnete eine Kündigungsfrist falsch; der Fehlentscheid warf grosse Wellen und verunsicherte die Fachwelt.

Hier nun die richtige Berechnungsweise: Die Kündigungsfrist wird nicht ab Zugang
der Kündigung, sondern von hinten, vom nächstzulässigen Kündigungstermin her gerechnet. Andere vertragliche Abrede vorbehalten, fällt der Kündigungstermin dabei jeweils auf das Ende eines Kalendermonats 
(Art. 335c OR).

Ein Beispiel: Die Kündigungsfrist beträgt drei Monate; die Postübergabe der Kündigung findet am 24. Februar statt; der Zugang der Kündigung ist tags darauf, am 25. Februar. Die Kündigungsfrist läuft demnach vom 
1. März bis 31. Mai. Diese Berechnungsweise hat wichtige Konsequenzen: Ein Unfall des gekündigten Arbeitnehmers, der sich beispielsweise am 30. Mai ereignen würde, fällt noch in die Sperrfrist (Art. 336c OR) und löst somit die Verlängerung des Arbeitsverhältnisses und der Lohnfortzahlungspflicht aus, während der gleiche Unfall bei Berechnung der Kündigungsfrist vom 25. Februar her nicht mehr in die Kündigungsfrist fallen würde, weil die dreimonatige Kündigungsfrist am 30. Mai bereits abgelaufen wäre.

Und wer jetzt trotzdem noch Fragen 
hat – der Autor kann es verstehen ...

Lesen Sie in der nächsten Ausgabe die Berechnungsformeln für Sperr- und Lohnfortzahlungsfristen, Kündigungsfristen in der Probezeit und Berechnung des Zugangsdatums bei Postzustellung.

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Dr. Heinz Heller 
praktiziert als Fachanwalt SAV Arbeitsrecht. Er berät überwiegend Arbeitgeber und Manager.

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