Hitziges Podium: Schöne Worte – wo sind die Taten?
Über 50-Jährige weisen in der Schweiz laut Statistik eine relativ tiefe Arbeitslosenquote auf. Entgegen dieser Fakten berichten Betroffene von Altersdiskriminierung auf dem Arbeitsmarkt. Wortgefechte lieferten sich an der vollbesetzten HWZ-Arena zum Thema «Job/Karriere 50plus» in Zürich dann vornehmlich die Zuhörer mit den anwesenden Podiumsteilnehmern.
Bruno Sauter, Generaldirektor des Amtes für Wirtschaft und Arbeit des kantons Zürich. (Bild: HWZ)
An der HWZ-Arena vom 10. November 2016 sorgte das Thema «Job/Karriere 50plus» für rote Köpfe. Moderator Stefan Barmettler musste vom Start weg das Publikum im Zaum halten. Während auf dem Podium zivilisiert diskutiert wurde, kam es aus den Reihen des Publikums zu emotionalen Zwischenrufen. Nachdem ein Störenfried ermahnt wurde und dieser den Raum verlassen hatte, wurde anständiger, aber nicht weniger hitzig weiterdiskutiert.
Im Fokus der verbalen Angriffe stand Podiumsteilnehmer Bruno Sauter. Der Chef des Amtes für Wirtschaft und Arbeit des Kantons Zürich konnte einleitend für seinen Kanton eine sehr gute Bilanz aufzeigen. Sauter betonte, dass die Chancen auf dem Arbeitsmarkt massgeblich vom Ausbildungsniveau abhängig sind. Geringqualifizierte Personen würden eine höhere Arbeitslosenquote und eine tiefere Erwerbsquote aufweisen.
Heidi Joos, Geschäftsführerin des Vereines 50plus, zeigte sich wenig erfreut über die Studienaussagen von Bruno Sauter und stellte die Datenbasis in Frage.
Regula Zellweger, Geschäftsführerin RZ-Laufbahn, rief dazu auf, dass sich ältere Arbeitnehmer intensiver mit der Rolle von HR auseinandersetzen sollten. Die Anforderungen hätten sich gewandelt. Viele ältere Arbeitnehmer würden sich falsch bewerben. Massen-Bewerbungen versenden in Zeiten automatischer Altersfilter sei wenig zielführend. Zudem wären regelmässige Standortbestimmungen hilfreich, um fehlende Kompetenzen zu entdecken und auszugleichen.
Heidi Joos bekräftigte: Automatische Altersfilter stellten ein reales Problem dar. Etliche Recruiter würden diese gezielt einsetzen, um ältere Mitarbeiter ausgrenzen. Aus dem Publikum kamen Einzelmeldungen, die diesen Umstand bestätigten.
Valentin Vogt, Präsident des Schweizerischen Arbeitgeberverbandes, konnte diese Praktik aus seinem Umfeld nicht bestätigen. Er betonte, dass die Schweiz eine sehr hohe Alterserwerbsquote aufweise. Viele Menschen würden sogar gerne weit über das Pensionsalter hinaus weiterarbeiten. Als Beispiel führte er das Unternehmen Burckhardt Compression an, in dem Vogt VR-Präsident ist. Man biete den älteren Arbeitnehmenden Pensionsverträge an, um auch weiterhin auf freiwilliger Basis vom Knowhow der Arbeitnehmer zu profitieren. Vogt räumte allerdings ein, dass hinsichtlich der Demographie bzw. geburtenstarken Jahrgängen «einfach viel mehr Menschen auf dem Arbeitsmarkt» seien. Die Arbeitslosenquote sei mit 2.6 Prozent nach wie vor niedrig – aber die absolute Menge der betroffenen Menschen sei natürlich höher. Hier seien vorrausschauende Lösungen aller Parteien gefragt.
Nicht unterschätzen dürfe man laut Vogt auch den Stellenmarkt, der nicht öffentlich ausgeschrieben ist. Persönliche Kontakte und Netzwerke tragen massgeblich zu Besetzungen innerhalb von Unternehmen bei.
Heidi Joos kritisierte die «mangelnde Vermittlungstätigkeiten» der RAVs und stellte deren Organisationsstruktur in Frage. Zudem bezeichnete Joos die Arbeitsmarktlichen Massnahmen als «ineffizient». Diese Punkte wies Bruno Sauter entschieden zurück. Die Vermittlungstätigkeit im Kanton Zürich sei überdurchschnittlich. Zudem sei das Thema der Arbeitsmarktlichen Massnahmen nicht so trivial, wie Joos es darstelle. Die Kompetenzen müssten bei einzelnen Menschen gestärkt werden. Joos konterte, dass das Niveau der angebotenen Weiterbildungen nicht markttauglich sei – das Geld dafür sei falsch investiert. Sauter verwies darauf, dass ein Grossteil der Weiterbildungen Sprachkurse seien. Dies sei wichtig: Viele der Bewerber seinen nicht fit für den Arbeitsmarkt, da ihnen «einfach die Sprachkompetenz» fehle. Ohne deutsche Sprachkenntnisse mache es «in der Deutschschweiz keinen Sinn, andere Weiterbildungen anzubieten». Der andere Teil der Weiterbildungen würde für Standortbestimmungen eingesetzt – deren Erfolg Bruno Sauter auch in Zahlen nachweisen könne: 30 Prozent der Personen, die eine solche Standortbestimmung machten, würden danach eine Stelle finden. Sauter appellierte an die Arbeitgeber, vorausschauend zu planen und bei sich abzeichnenden Veränderungen die Mitarbeiter frühzeitig weiter zu entwickeln, so dass es gar nicht erst zu Einlassungen kommen müsse.