Leandra Moser: «Kandidaten fühlen sich plötzlich noch gezwungen, ihre Hobbys zu beschönigen, damit kein falscher Eindruck entsteht.»
In fast allen Lebensläufen, die ich im Rahmen der Rekrutierungen durchlese, steht am Schluss etwas über Hobbys oder Interessen. Hand aufs Herz: Ich überfliege diese meist, denn wirklich entscheidend sind sie bei der Beurteilung einer Bewerbung für mich nicht. Sie werden erst bei der Vorbereitung auf ein Gespräch interessant, da sie mir dann Einstiegs- und Anhaltspunkte bieten, um das Gespräch zu eröffnen. Aber eins nach dem anderen.
1. Hobbys im CV sagen oft nicht viel aus. Warum?
Ich verstehe den Punkt von Etienne Besson sehr gut, dass viele einfach etwas hinschreiben, ohne wirklich etwas auszusagen. Da würde ich mir wünschen, dass das Hobby «Lesen» oder «Musik» etwas ausführlicher beschrieben wird. Welche Bücher? Weshalb? Was fasziniert mich daran? Wieso gibt mir das den Ausgleich? Und so kann etwas Nichtssagendes plötzlich wahnsinnig spannend werden.
Der Interpretationsspielraum ist natürlich gross und ein Mensch kann durch eine simple Erwähnung von einem Hobby innert Sekunden abgestempelt werden. Aber hier vertraue ich auf die Recruiter, dass sie mit solchen Informationen umgehen können.
2. Es ist gegen das Datenschutzgesetz
Ich bin ebenfalls keine Arbeitsrechtsspezialistin, aber ich meine mich zu erinnern, dass wenn ein Bewerber von sich aus Dinge erwähnt, die für den Job nicht relevant sind, wir auch danach fragen dürfen. Wenn im CV nichts über Hobbys und Interessen steht, dann frage ich meistens nicht.
3. Hobbys werden gegen Bewerber verwendet
Bei diesem Thema und Argument werde ich – zugegeben – etwas ungemütlich. Wenn Rückschlüsse auf eine Persönlichkeit dermassen frei interpretiert werden, ohne dass man die Person jemals zuvor gesehen oder gesprochen hat, dann ist das nicht in Ordnung. Es ist, wie ich anfangs erwähnt habe, eine gute Gelegenheit, mehr über einen Menschen zu erfahren, und sollte nicht dazu benutzt werden, jemanden abzustempeln. Wenn wir Recruiter die Menschen dazu zwingen, sich für den Lebenslauf «ideale» Hobbys zu suchen, haben wir dann nicht etwas Grundsätzliches in unserem Job nicht verstanden?
Betrachten wir den Menschen doch wieder als Ganzes und beschränken ihn nicht auf einen Job, den er acht Stunden am Tag ausübt. Jeder Mensch gestaltet seine Freizeit unterschiedlich und jeder hat seinen eigenen Weg, den Ausgleich zu Stress und Druck zu finden. Ich würde mir nicht anmassen, dies zu werten. Denn am Schluss wollen wir doch Menschen einstellen und wir alle wollen als solche behandelt und wahrgenommen werden.