HR-Slang – oder die Königsdisziplin des Anglizismus

Employer Branding, Candidate Experience, Active Sourcing: HR-Slang ist die Königsdisziplin im Anglizismus-Kosmos. In keinem anderen Berufsfeld wird so extrem mit englischen Fachbegriffen um sich geschmissen wie im HR. Und viele der Ausdrücke gibt es auf Deutsch gar nicht.

Als ich an meinem ersten Arbeitstag im neuen Job zum ersten Mal in einem Meeting sass, traf mich die Anglizismus-Keule heftig. Begriffe wie «Gamification», «Active Sourcing», «Future Work», «Candidate Experience» und «Cloud Recruiting» flogen durch den Raum – in zwei Sätzen, innert 20 Sekunden. Ich hatte als HR- und Digital-Newbie (noch so ein Wort!) kaum eine Chance.

Willkommen im Anglizismus-Kosmos!

Die Personalwelt ist tatsächlich ganz weit vorne mit dabei, wenn es um Anglizismen geht. Bereits der Name der Abteilung nimmt jegliche Zweifel an der häufigen Benutzung des englischen Wortes: HR – Human Resources. Personalabteilung ist ja auch «totally old school».

Und überhaupt: Wer sagt denn heute bitte noch Hauswart? Das ist doch der Facility-Manager. Oder was ist mit den folgenden Berufsbezeichnungen, erraten Sie deren Bedeutung?

Domestic Engineer

Dafür gibt’s keine Ausbildung, zumindest keine offizielle. Ein Domestic Engineer ist eine Hausfrau oder ein Hausmann.

Treasurer

Kein Pirat oder Schatzsuchender. Ein Treasurer sollte dafür sorgen, dass in einer Firma immer genug Geld da ist. Na gut.

Technical Horticultural Maintenance Officer

Klingt wahnsinnig kompliziert, ist aber eigentlich kreativ: Ein Gärtner. (Also bitte!)

Listbroker

Nein, das hat nichts mit einem Börsenmakler zu tun. Dieser Mann oder diese Frau sammelt Adressen. (Fragen Sie lieber nicht!)

English, please

Englische Wörter gehören zum europäischen Sprachgebrauch, wie der Kaffee am Morgen. Besonders in der deutschen Sprache sind englische Begriffe nicht mehr wegzudenken.  Globalisierung und Digitalisierung führen dazu, dass sich der Sprachgebrauch schnell entwickelt – Englisch ist mittlerweile die führende Wirtschaftssprache. Immer mehr Unternehmen sind international aufgestellt und erwarten gute bis sehr gute Englischkenntnisse von ihren Mitarbeitern. So auch im Personalbereich: Ohne Englisch geht da gar nichts.

Wolkenbeschaffer?

Nehmen wir die bereits genannten Beispiele «Employer Branding» und «Active Sourcing»: Einen deutschen Ausdruck gibt’s hierfür nicht wirklich. Man kann die Begriffe lediglich übersetzen mit «Arbeitgebermarkenbildung» und «Aktive Beschaffung». Bei «Cloud Recruiting» wird’s noch schwieriger: Wolken-Beschaffung?

Versuchen Sie mal das Wort «Influencer» – Anglizismus des Jahres 2017 – auf Deutsch zu «übersetzen». Ein Beeinflusser? Das ist «eine Person, die in sozialen Netzwerken viele Kontakte oder Abonnenten hat, sich regelmässig mit informierenden Beiträgen an diese wendet und ihren Einfluss dafür nutzt, um (gegen Entgelt) Werbung für bestimmte Produkte und Dienstleistungen zu machen» (von dwds.de). Klingt kompliziert.

Oder: «Brainstorm»

Eins zu eins übersetzt heisst «Brainstorm» Gehirnsturm – passender: «Geistesblitz». Ursprünglich ist Brainstorming aber eine Abkürzung für «using the brain to storm a problem» also «das Gehirn dazu verwenden ein Problem zu stürmen». Wir benutzen den Ausdruck regelmässig im Zusammenhang damit, dass eine Gruppe von Leuten zusammensitzt, um ein Problem zu lösen und gemeinsam darüber fachsimpelt. Da klingt das englische Wort schon viel einfacher.

Anglizismen sind also nicht mehr aus unserem Sprachgebrauch wegzudenken. Denn ganz ehrlich: Wer will Arbeitgebermarkenbildung sagen, wenn er Employer Branding meint. Anglizismus soll nicht verschwinden. Aber vielleicht könnte man gewisse Ausdrücke überdenken und statt «Call» einfach «Anruf» sagen. Geht doch auch.

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Vanessa Schaub zeichnet bei jacando für den Content verantwortlich und schreibt überall im Internet zu den Themen HR und Digitalisierung.

jacando ist ein Basler Cloud-Software-Anbieter, der digitale Lösungen in den Bereichen Recruiting, Zeiterfassung und Personal und Talentmanagement bietet.

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