Nationaler Zukunftstag

«Immer mehr Betriebe laden Kinder ein»

Heute Donnerstag begleiten wieder viele Jungen und Mädchen ihre Eltern an den Arbeitsplatz. Der nationale Zukunftstag soll Schulkinder möglichst früh für eine offene Berufswahl sensibilisieren. Ein Interview mit Projektleiterin Isabelle Santamaria.

Frau Santamaria, wie viele Kinder und Jugendliche machen am diesjährigen Zukunftstag mit?

Isabelle Santamaria: Viele Kinder begleiten eine Bezugsperson zur Arbeit. Da bei diesem Grundprogramm eine Anmeldung nicht obligatorisch ist, haben wir keine genauen Zahlen. Wir stellen jedoch fest, dass immer mehr Betriebe, die die Kinder der Mitarbeitenden einladen, sich auf unserer Website eintragen lassen – nämlich 1855 Unternehmen.

Wie sieht es bei den Spezialprojekten für Jungen und Mädchen aus?

Hier haben wir genaue Zahlen, da die Schülerinnen und Schüler sich direkt über unsere Website einschreiben. An den Spezialprojekten «Mädchen-Technik-los!», «Mädchen-Informatik-los!», «Mädchen-bauen-los!» sowie dem neuen Projekt «Ein Tag als Schreinerin» nehmen gesamthaft 2034 Mädchen teil. Auch das Buben-Projekt «Ein Tag als Profipfleger» verzeichnet mit aktuell 271 Anmeldungen steigende Teilnehmerzahlen. In rund 110 Alters- und Pflegeheimen sowie Kitas betreuen Buben im Rahmen des Projektes «Ein Tag als Profibetreuer» Bewohnerinnen und Bewohner oder verbringen den Tag mit Kindern. 208 Jungs nehmen zudem an der Blitzausbildung zum Lehrer teil. Für das neu lancierte Projekt «Ein Tag als Sozialpädagoge/ein Tag als Sozialarbeiter» haben sich 147 Schüler eingeschrieben. Insgesamt führen 420 Betriebe, Fach- und Hochschulen ein Spezialprojekt für externe Schülerinnen und Schüler durch.

Warum bieten Sie diese Spezialprojekte an?

Betriebe und Organisationen führen am Zukunftstag spezielle Programme durch, für die sich auch Kinder anmelden können, deren Eltern nicht im Betrieb arbeiten. Ziel der Spezialprojekte ist, Mädchen und Jungen auf Beruf aufmerksam zu machen, in denen Frauen bzw. Männer heute noch untervertreten sind. Das Projektangebot wird jedes Jahr vergrössert.

Machen dieses Jahr mehr oder weniger Kinder respektive Unternehmen mit als früher?

Ob mehr Kinder am Zukunftstag mitmachen, kann ich nicht mit Sicherheit sagen, bei den Betrieben haben wir jedoch eine Zunahme, die wir anhand von Zahlen belegen können. Wir denken, dass dies mit dem Mangel an Nachwuchs zusammen hängt. Viele Unternehmungen, insbesondere in den MINT-Berufen und in den handwerklichen Berufsfeldern unternehmen viel, um künftige Lernende für ihren Betrieb zu gewinnen.

Was ist das Ziel des nationalen Zukunftstag?

Ziel des Zukunftstags ist es, Schulkinder möglichst früh für eine offene Berufswahl zu sensibilisieren.

Was bringt den Kindern der Zukunftstag?

Die Arbeitswelt charakterisiert sich nach wie vor durch ausgesprochene Frauen- und Männerdomänen. Heranwachsende beschränken sich bei der Berufswahl auf wenige geschlechtstypische Berufe. Sie lassen viele Berufe ausser Acht, weil sie sie dem anderen Geschlecht zuordnen. Dieses Verhalten zementiert überholtes Rollendenken und verhindert, dass junge Menschen ihre Talente entfalten. Mädchen und Jungen sind am Zukunftstag eingeladen, die Seiten zu wechseln und so neue Arbeitsfelder und Lebensbereiche zu erkunden. Sie werden ermutigt, ein breites Spektrum beruflicher und persönlicher Perspektiven zu entdecken. Zudem lernen sie gesellschaftliche Klischees zu hinterfragen.

Was nützt der Tag den Unternehmen?

Indem Betriebe am Zukunftstag den Kindern Einblick in unbekannte Berufe geben, gewinnen sie das Interesse der Mädchen und Jungen für ihren Betrieb und ihr Berufsfeld und stellen so die Nachwuchsförderung sicher. Der Zukunftstag ist zudem ein beliebtes Thema in den Medien. Indem die Unternehmungen ihre Teilnahme am Zukunftstag öffentlich kommunizieren, zeigen sie ihr gesellschaftliches Engagement einem breiten Publikum. Vor der ersten Durchführung des Spezialprojektes«Mädchen-bauen-los!» stiessen wir bei den Verantwortlichen der Bauschulen auf eine gewisse Skeptik. Am Zukunftstag berichteten dann viele Zeitungen über das Projekt, auch die Feedbacks der Schülerinnen waren sehr positiv. Heute führen viele Bauschulen und auch einige Baufirmen dieses Projekt erfolgreich durch.

Hat der Zukunftstag einen Einfluss auf die Berufswahl der Schülerinnen und Schüler?

Wir erhalten immer wieder Rückmeldungen von Schülerinnen und Schülern, die aufgrund des Zukunftstags einen untypischen Beruf ergriffen haben. Genaue Zahlen haben wir jedoch nicht. Der Zukunftstag allein kann kaum ein gesellschaftliches Umdenken bewirken. Schülerinnen und Schüler, die an einem Spezialprojekt teilnehmen und uns zurückmelden, dass sie sich für dieses Berufsfeld interessieren, möchten wir in Zukunft regelmässig über Berufsschnuppertage und Berufsinformationsveranstaltungen informieren.

www.nationalerzukunftstag.ch

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