HR Today Nr. 4/2020: New Work

Innovation durch Irritation

Wie kann Silodenken durchbrochen werden und wie veranlasst man Mitarbeitende dazu, sich vermehrt auszutauschen und neue Ideen einzubringen? Das Universitätsspital Zürich wagte mit der Culture Hack Community ein Experiment.

Ursprünglich ein Begriff aus der Welt der Computersicherheit, in der «Hacker» Computersys­teme knackten, wird der Mechanismus nun auch in anderen Lebensbereichen angewendet: als Life-Hack, der das Leben vereinfachen soll, als Growth-Hack für das Wachstum eines Unternehmens oder als Culture-Hack, um eine bestehende Kultur zu verändern. Ein sogenannter «Hack» ist ein Kunstgriff, um ein Ziel auf ungewöhnliche Weise zu erreichen. Dieser wird rasch durchgeführt und erreicht das gewünschte Ziel, ohne das System komplett zu erneuern.

Überraschung und Irritation

Seit Anfang 2019 ist am Universitätsspital Zürich eine Gruppe von Hackerinnen und Hackern im Einsatz, welche die Arbeitskultur positiv verändern wollen – zuerst im HR, dann im weiteren Unternehmen. Getreu der Eigenschaften eines Hacks, setzen sie dafür verspielte und originelle Massnahmen ein, die oft unerwartet eintreten und bei den Betroffenen für Irritation sorgen. So wurden im HR-Gebäude über Nacht Poster mit einem Foto der vermummten Hacker aufgehängt, um die kommenden Hack-Aktionen anzukündigen. Bald darauf hatten sie sich in die Bildschirmschoner der HR-Mitarbeitenden eingehackt und forderten diese mit wechselnden Ansagen dazu auf, sich gegenseitig Feedback zu geben.

 

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Die Culture Hack Community vor ihrem ersten Undercover-Einsatz. V. l. o. u.: Steve Furrer, Melanie Rieben, Alexander Berger, Sarah Auerbach, Channa Mizrachi, Franziska Liese, Peter Trottmann. (Foto: zVg)

 

Parallel dazu fanden die Mitarbeitenden persönliche, handgeschriebene Feedbacks auf ihren Bürotischen und wurden ihrerseits mit einem Stapel leerer Feedback-Karten dazu aufgefordert, selbst Feedback zu geben. Zur Freude der Hackerinnen und Hacker füllten die Mitarbeitenden diese fleissig aus und verteilten sie auch ausserhalb des HR. Bald darauf kamen aus verschiedenen Kliniken Anfragen nach diesen Karten und der Wunsch, diese in den eigenen Teams einzuführen. Die Aktion hatte sich verselbständigt und sich organisch im Unternehmen verbreitet. Seit Anfang 2020 können die Karten daher nun innerhalb des USZ über ein Online-Formular bestellt werden. Eine zusätzliche Verteilaktion im Personalrestaurant und die aktive Mitarbeit von Multiplikatoren in den verschiedenen Kliniken sorgte für eine weitere Verbreitung der Feedback-Aktion.

Durch «Fuck-ups» zur Lernkultur

Parallel dazu führten die Hackerinnen und Hacker weitere Aktionen durch. So luden sie mit einer Videobotschaft die Mitarbeitenden des HR dazu ein, neue Kolleginnen und Kollegen an einem Lunch-Date kennenzulernen. Innerhalb weniger Stunden hatten sich zwei Drittel aller Mitarbeitenden angemeldet, um sich über die einzelnen Teams hinaus zu vernetzen und kennenzulernen. Das Feedback nach den Dates war durchwegs positiv. Daher weiteten die Initianten die Aktion auf 600 Mitarbeitende am neuen Bürostandort Stettbach aus, wo diese sich über eine App zu einem «Mystery Lunch» mit unbekannten Kolleginnen und Kollegen treffen können.

An einer internen HR-Veranstaltung initiierten die Hackerinnen und Hacker zudem eine «Fuck-up Night» und erzählten von Fehlern und kritischen Situationen, die sie in ihrer täglichen Arbeit oder im Einsatz der Culture Hack Community erlebt haben. HR-Direktor Rolf Curschellas gab sich ebenfalls die Blösse und erzählte von einer persönlichen Situation. Der Grundstein für eine offenere Fehler- beziehungsweise Lernkultur war gelegt und bestärkte die Hackerinnen und Hacker, weiterhin Neues auszuprobieren.

Der Hintergrund:

Mia Meyer, Leiterin HR-Beratung, und Hella Kotrubczik, Leiterin HR-Bildung und Entwicklung, am Universitätsspital Zürich haben die Culture Hack Community Anfang 2019 ins Leben gerufen, um eine agilere, innovativere und positivere Arbeitskultur im HRM zu fördern. Denn um eine Kultur nachhaltig zu verändern, braucht es insbesondere das Engagement der Mitarbeitenden. Daher schufen Meyer und Kotrubczik das Format der Community und gaben dem Team freie Hand in der Ausführung ihrer Aktionen. Dieser Vertrauensvorschuss hat sich gelohnt: Die Erwartungen wurden übertroffen und bereits nach sechs Monaten spürten die beiden eine deutliche positive Veränderung in der Zusammenarbeit im HR, insbesondere in der Feedback-Kultur. Seit Ende 2019 werden die ­Aktionen auf weitere Abteilungen des Spitals ausgeweitet, um eine Kulturveränderung in der gesamten Organisation anzustossen.

 

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