Keine Angst vor KI: Was für Unternehmen wirklich wichtig ist
Wie geht man das Thema künstliche Intelligenz am besten an? Was kommt noch auf uns zu? Viele im HR sind noch überfordert, wenn es um den KI-Einsatz in ihrer Organisation geht – auch weil die zahlreichen in dieser Debatte genutzten Buzzwords sie von den wesentlichen Fragen ablenken. Eine Einordnung.
Keine Angst vor KI: Ein Perspektivenwechsel hilft dabei zu erkennen, was am Thema KI wirklich wichtig ist. (Bild: iStock)
«Haben Sie heute schon Data Mining in der RPA-Anwendung betrieben, um die Basis für ein Machine Learning in Ihrer Organisation zu legen? Und schon über die richtigen Prompts für das Einbinden generativer KI nachgedacht? Und das Neural Network aktiviert?»
Der Hype rund ums Thema künstliche Intelligenz hat uns eine Fülle neuer Buzzwords beschert, und diese haben in der KI-Debatte zu einem Zustand maximaler Verwirrung geführt. Deshalb fühlen sich nicht wenige Personen, die in den Unternehmen die Verantwortung für deren Entwicklung und Erfolg tragen, überfordert und stöhnen innerlich: «Hilfe! Ich bin doch kein Data Scientist!»
Auf die meisten Buzzwords kann man verzichten
Diese Verunsicherung ist unbegründet, denn auch wer die Definition von Machine Learning und neuronalen Netzwerken nicht morgens früh einwandfrei aufsagen kann, kann KI-Anwendungen nutzen und für deren gezielten Einsatz in seiner Organisation sorgen. Denn beim Auto wissen die meisten von uns auch nicht genau, was in ihm passiert, wenn man den Motor anlässt – und trotzdem entscheiden sie sich für die Nutzung eines Autos. Und wer seinen Computer anschaltet, weiss in der Regel auch nicht, was dann genau in dessen Mainboard passiert. Und dies zu wissen, ist für die Anwenderinnen und Anwender dieser Technologien auch nicht nötig. Denn ansonsten würde eine simple Autofahrt zum «Highspeed Acceleration Transport Object based on Machine Power» mutieren. Und wir würden nicht am Computer, sondern an einer «Mainboard driven Data Processing Engine 3.0» arbeiten. Sogar ein Toaster lässt sich mit Buzzwords so beschreiben, dass aus ihm scheinbar ein Hightech-Wunder wird: «Accelerated Food Transformation Engine based on artificial driven Heat».
Aus der KI keine Raketenwissenschaft machen!
Lassen Sie sich von all den Buzzwords, die irgendwelche Marketingabteilungen oder (selbsternannten) Experten in Zusammenhang mit der KI erfunden haben und gebrauchen, nicht verunsichern. Sie versperren im Zusammenhang mit dem Thema «KI-Anwendung in den Unternehmen» nämlich nur den Blick auf die wesentlichen Fragen:
- Welche möglichen Anwendungsfälle für künstliche Intelligenz gibt es in unserer Organisation?
Es ist die gleiche Frage, die sich Menschen schon nach der Erfindung des Automobils gestellt haben: Wofür lässt sich diese neue «Problemlösung» (eventuell mit einer gewissen Modifikation noch) nutzen? Oder welche (potenziellen) Anwendungsfälle gibt es für den Computer im Westentaschenformat namens Smartphone?
- Wie berechnen wir den Mehrwert der Anwendungsfälle?
Auch dies ist nicht nur im betrieblichen Kontext eine alltägliche Frage. Wie viel Zeit und Geld spare ich, wenn ich das Auto nehme? Lohnt sich eine Investition in einen Cloudspeicher? Das Institut Gartner empfiehlt, Investitionen in künstliche Intelligenz genauso zu betrachten, wie die in eine Maschine.
- Wie können wir Projekte schnell und pragmatisch umsetzen?
Buzzwords führen oft dazu, dass (potenzielle) Anwender zu gross, zu kompliziert und zu teuer denken. Wurden erst einmal fünfzehn Data Scientists eingestellt, umfangreiche Investitionen in die Wunderwaffe KI und das mögliche eigene KI-Programm getätigt, wird auch das Projekt entsprechend monströs. Dabei wird oft vergessen: Das Ziel ist es, von A nach B zu kommen. Und die Alternativen hierbei sind – bildhaft gesprochen auch im betrieblichen Kontext – zu gehen, Fahrrad fahren, ein Auto kaufen oder selbst eins entwickeln und bauen. Es liegt auf der Hand: Letzteres ist die mit Abstand teuerste und komplexeste Vorgehensweise. Das gilt auch für die KI-Nutzung.
Einen Perspektivenwechsel vollziehen
Wichtig ist, dass die Entscheider und Entscheiderinnen in den Unternehmen bei der KI-Debatte einen Perspektivwechsel vollziehen: weg von einer primär technologischen hin zu einer strategischen Sichtweise. Eher sekundär ist es im Betriebsalltag nämlich, welche Technologie zum Einsatz kommen. Manchmal genügt eine Excel-Integration zur Problemlösung, ein anderes Mal können Herausforderungen mit dem Copilot von Microsoft gelöst werden und in wieder anderen Fällen braucht es komplexere Anwendungen. Was unter strategischen Gesichtspunkten und unter dem Kosten-Nutzen-Aspekt die jeweils beste Lösung ist, genau das gilt es in jedem Unternehmen zu ermitteln.
Konkret heisst dies: Es gilt eine Roadmap zu entwerfen, die darauf abzielt, zunächst systematisch die möglichen KI-Anwendungsfälle in der Organisation zu identifizieren, Danach gilt es unter strategischen Gesichtspunkten, basierend auf einer Kosten-Nutzen-Analyse deren Mehrwert für die Organisation zu quantifizieren, um hierauf aufbauend dann messbare Entwicklungsziele zu formulieren. Danach gilt es eine To-do-Liste zu erstellen, die zum Beispiel neben dem Bilden und Qualifizieren der erforderlichen Teams auch das Entwickeln und Erproben von Prototypen im Betriebsalltag umfasst.
Nähert man sich dem Thema «Nutzung der KI in unserer Organisation» auf dieser Weise, verliert dieses seinen Schrecken. Es gelingt Ihnen zudem, erfolgreich neue Verfahren und Technologien beziehungsweise Problemlösungen in Ihrem Unternehmen zu implementieren, die dieses fit für die Zukunft machen.