HR Today Nr. 8/2022: Debatte - Fokus Friday

Keine Meetings mehr am Freitag?

Meetings in der Agenda, so weit das Auge reicht. In vielen Firmen werden sie richtiggehend zelebriert, ja überborden in der Arbeitswoche sogar – ob virtuell oder analog. Wie sinnvoll wäre in diesem Kontext ein sitzungsfreier Freitag? Eine Debatte.

Patrick Mollet, Unternehmer und Investor: «Was ist mit Teilzeit-Mitarbeitenden, die am Freitag nicht arbeiten?»

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Ich liebe den Freitag im Büro: Am Nachmittag haben wir unser wöchentliches Co-Creation-Meeting im Marketingteam, das nicht selten fliessend in einen Apéro übergeht. Es ist auch die Gelegenheit für einen Rückblick, bei dem wir die Weichen für die nächste Woche stellen. Die Idee eines meetingfreien Freitags ist bestechend. Wer würde sich nicht wünschen, zum Wochenabschluss völlig ungestört und super produktiv an wichtigen Projekten zu arbeiten? Die ganze Woche sitzen wir von früh bis spät in Meetings und kommen zu nichts. Ich blockiere mir deshalb regelmässig halbe und ganze Tage, an denen ich den Fokus auf ein einziges Thema lege.

Dem meetingfreien Freitag von SAP kann ich dagegen nicht viel abgewinnen. Diese Massnahme wurde von oben verordnet, ohne zu wissen, ob sie im Konzern überall Sinn macht und für die Mitarbeitenden passt. Vielleicht hätte ich ja lieber einen meetingfreien Montag oder generell Meetings erst ab 10 Uhr? Was ist mit Teilzeitmitarbeitenden, die am Freitag nicht arbeiten? Dürfen die einen anderen meetingfreien Tag einziehen? Viel besser wäre, eine entsprechende Kultur, in der die Teams selbständig darüber diskutieren und entscheiden, wie sie zusammenarbeiten wollen. Beispielsweise, für welche Themen sie Meetings abhalten und wie sie Zeitfenster für fokussiertes Arbeiten schaffen. SAP ist nicht konsequent, denn gleichzeitig bietet das Unternehmen seinen Führungskräften eine Steilvorlage, indem es «geschäftskritische» Meetings auch an Freitagen erlaubt.

Für eine Führungskraft ist jedes ihrer Meetings geschäftskritisch. Das hat auch mit ihrem Selbstverständnis zu tun. Weiss eine Führungskraft, dass ihr Team am Freitag keine Meetings und damit «Zeit» hat, ist ihre Verlockung gross, am Freitag doch noch ein Meeting einzuberufen. So wird der Freitag einfach zum Überlaufbecken für alles, was von Montag bis Donnerstag keinen Platz hatte.

Monika Bütikofer, Senior HR-Manager, Webhelp Schweiz AG: «Ob Freitag oder Montag: Sitzungen, die ewig dauern, braucht es nicht.»

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Der Freitag ist uns irgendwie heilig. Es gibt viele Dinge, die an einem Freitag im Arbeitsleben nicht gelebt werden wollen – ob Sitzungen oder Kündigungen. Also sicherlich Unangenehmes. Doch nicht alle Sitzungen sind so. Manche wirken durch ihren informellen Charakter sogar entschleunigend und sind unterhaltsam. Beispielsweise, weil man sich mit Kolleginnen und Kollegen, mit denen man nicht so oft in Kontakt ist, austauschen kann. Vielleicht bringen Sitzungen aber auch Abwechslung in den strengen Alltagstrott. Klar kommt es auf die Agenda an. Sind nur mühsame Themen gelistet, kann es durchaus unangenehm oder langweilig werden – und das vor dem Wochenende.

Genauso könnte man im Umkehrschluss sagen, keine Sitzungen am Montag. Denn beginnt der erste Arbeitstag mit einem Negativ-Touch, ist die Woche bereits gelaufen und die Laune auf dem Tiefstand. Ob Freitag, Montag oder an einem anderen Wochentag: Sitzungen, die ewig dauern, weil lediglich lamentiert wird und sich die Teilnehmenden nicht vorbereitet haben, braucht es nicht. Sitzungen sollten zudem immer von einer Firmenkultur geprägt werden und die vorgeschriebene Dauer nicht überschreiten. Ausserdem: Sitzungen einer Sitzung wegen abzuhalten, war gestern. Heute müssen schnelle und pragmatische Entscheidungen getroffen und die Arbeitszeit effizient gestaltet werden: time is money.

Vielleicht stellt sich aber auch die Frage: Möchte ich am Freitag früher Feierabend machen, habe ich andere Pläne? Oder ist es mein Ritual, am Freitag fröhliche und erfreuliche Pendenzen abzuarbeiten und mir damit ein Hochgefühl zu verleihen? Oder kommt es auf den Freitag selbst an – also darauf, welcher Freitag es ist? Karfreitag, Brücken-Freitag, Freitag vor Weihnachten oder ein Freitag der Dreizehnte – wer weiss. Man kann viele Gründe anführen, wieso gerade an einem Freitag keine Sitzung stattfinden soll. Wie so oft, sind die Gründe, weshalb etwas nicht gemacht werden soll, schneller gefunden als eine gute Lösung.

Leena Kriegers, Legal bei HR Campus: «Es macht durchaus Sinn, einen ‹Fokus Friday› einzuführen.»

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Schon vor der Corona-Pandemie beherrschten Sitzungen, Konferenzen sowie Workshops den Alltag. Dafür griff man auf virtuelle Techniken zurück. Die Pandemie hat diese virtuellen Sitzungsmarathons noch verstärkt. Die Gründe: Es ist einfach, sich mit technischen Mitteln kurzzuschliessen. Durch die ständigen Sitzungen geht jedoch ein Teil der Produktivität verloren. Zudem kommt es zu gesundheitlichen Folgen, beispielsweise zu Erschöpfung oder reduzierter Konzentrationsfähigkeit, bekannt unter dem Begriff «Zoom-Fatigue». Ein Austausch zwischen Mitarbeitenden und Vorgesetzten ist gut. Es kann und sollte allerdings nicht so sein, dass der ganze Tag aus Austausch besteht und die Arbeit nicht erledigt werden kann.

Vielmehr sollte hinterfragt werden, ob wirklich jede (Online-)Sitzung nötig ist. Um den Sitzungsmarathon zu entschleunigen, macht es deshalb durchaus Sinn, einen «Fokus Friday» einzuführen. Dieser soll aber nicht verunmöglichen, wichtige und dringende Sitzungen an diesen sitzungsfreien Tagen durchzuführen. Wichtig ist ein gewisses Augenmass. Aufgrund des Weisungsrechts des Arbeitgebenden spricht nichts gegen einen «Fokus Friday».

Der Arbeitgebende hat das Recht, Arbeitsanweisungen zu erteilen, also auch jene aus organisatorischen Gründen, wenn er es als sinnvoll erachtet, an einem bestimmten Tag keine Sitzungen abzuhalten. Wie sich eine solche Regelung auf Teilzeitangestellte auswirkt, ist nicht geklärt. Arbeitet jemand freitags nicht, kann er diesen Tag auch nicht als «Fokus Day» beanspruchen. Das könnte eventuell Diskussionen auslösen, weil nicht alle Mitarbeitenden davon profitieren. Persönlich sehe ich darin aber kein Problem und auch keinen durchsetzbaren Anspruch eines Teilzeitmitarbeitenden.

 

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